BayHStA Staatsrat 381, Nr. 18 18 Seiten. Unterschriften der Minister Montgelas, Morawitzky, Hertling. Datum der Genehmigung durch den Kfst. (mit kurzem Nachtrag Kobells): 14. August 1801.

Anwesend: Montgelas, Morawitzky, Hertling; [MA:] Krenner sen., Zentner, Bayard, [MF:] Krenner jun., Hartmann, Steiner, Schenk, [MJ:] Löwenthal, Stengel, Stichaner, [MGeistl:] Branca.

1. Montgelas legt dem Staatsrat die kurfürstlichen Resolutionen zu den Staatsratsentscheidungen vom 29. Juli und 6. August 1801 zur Kenntnisnahme vor.

2. Vortrag Krenner jun.: Dem Ziegel- und Kalkbrenner Georg Gasl aus Hebperg (Krs. Eichstätt) seien aus der Hauptkasse 250 fl. 39 kr. für die Lieferung von Baumaterial in die Festung Ingolstadt zu erstatten.

3. Vortrag Krenner jun.: Dem Polizei-Offizianten Drechsl wird für seine Dienste bei der Kommission, die für die Einhebung des Kriegskosten-Vorschusses zuständig war, eine Gratifikationszahlung von 27 fl. zugesprochen.

4. Vortrag Krenner jun.: Die Kriegskosten-Umlage auf die Brauhäuser könne in der Hofmark Weng (Krs. Landshut) mangels Masse nicht eingehoben werden.

5. Vortrag Krenner jun.: Weiterleitung verschiedener Anträge auf Gratifikationen bzw. Schadensersatz zur Begutachtung durch die Kriegsdeputation.

6. Schwierigkeiten bei der Integration der neu angeordneten obersten Militärbehörde in den Geschäftsgang der Zentralverwaltung

Zentner erstattet Vortrag wegen der unklaren Stellung der per Kabinetts-Ordre neu aufgestellten Justiz- und Ökonomieräte für das Militärwesen im Geschäftsgang der Zentralbehörden. Der Staatsrat legt fest, daß für eine Übergangszeit alle Vorgänge, die bisher durch das Ober-Kriegskollegium behandelt wurden, mit dem Vermerk »Militaria« direkt an den Kurfürsten zu richten seien. Gleichzeitig sei dem Kurfürsten die dringliche Notwendigkeit einer vollständigen Neuorganisation des Militärwesens anzuzeigen. Deshalb solle das Außenministerium beauftragt werden, unter Beiziehung von Friedrich Hansen, Kanzlei-Vizedirektor und Vizedirektor des Justizdepartements im bisherigen Ober-Kriegskollegium, und Heinrich Kraus, Direktor des Ökonomie-Departements ebenda, ein »Regulativ« für den künftigen Militär-Ökonomie- und Justiz-Rat zu erarbeiten.

{3r} 6. Herr Geheimer Rath von Zentner machte die Anfrage, wie die von Seiner Churfürstlichen Durchlaucht an die 4 Ministerial Departements wegen Organisation des Militär Geschäftsganges gekommene Cabinets-Ordre ausgeschrieben werden solle?, da hierin nicht enthalten, in welchem Verhältnis die angeordnete Ökonomie- und Justiz-Räthe mit den übrigen Landes-Collegien stehen und wie der Geschäftsgang zwischen diesen zwei Stellen rücksichtlich der öfters eintrettenden Communication bestimmt werden wolle. Nach hierüber gehaltener Umfrage {3v} wurde beschlossen,

die Cabinets-Ordre nach ihrem Inhalte auszuschreiben und die Collegien anzuweisen, alle jene Gegenstände, welche sonst an das Ober Kriegskollegium gerichtet worden, an Seine Churfürstliche Durchlaucht zur Entsieglung mit der Aufschrift Militaria gehorsamst zu übersenden.

Zugleich solle aber Seiner Churfürstlichen Durchlaucht unter Beziehung auf die Höchstihnen wegen dem Militär Geschäftsgange schon vorgelegte Erinnerungen nochmal die gehorsamste Vorstellung gemacht werden, 1) wie nothwendig zu Erhaltung der Einheit in der Geschäftsführung es seye, wegen den täglich eintrettenden Communicationen der Civil- und Militärstellen einen schnellen Geschäftsgang zu bestimmen, um nicht Seine Churfürstliche Durchlaucht mit ieder unbedeutenden Sache belästigen zu müssen und allen verzögernden Aufenthalt hierin zu entfernen, 2.) daß es ohnausweichlich seye, genau und bestimmt vest zu setzen, was unter dem Geschäftskreise des Militär Justiz- und Ökonomie-Rathes verstanden und welche Gegenstände dahin gezogen werden {4r} wollen. Daher 3) Seine Churfürstliche Durchlaucht um die Erlaubnis und Ermächtigung zu bitten seye, daß das Ministerial Departement der Auswärtigen Angelegenheiten wegen diesen durch die Cabinets-Ordre nicht erschöpften Anständen, die verfassungsmäsig gehoben werden müßten, sich mit den beiden Directoren Hansen und Kraus benehmen und gemeinschaftlich mit diesen ein Regulativ hierüber entwerfen, sohin solches Seiner Churfürstlichen Durchlaucht zur Prüf- und Genehmigung in der Staats-Conferenz vorlegen dörfe.

7. Vortrag Krenner sen.: Angesichts des Antrags auf Zustimmung des Kurfürsten zur Veräußerung des Ritterlehens Pettendorf (Krs. Schwandorf) solle dem Obersten Lehenshof der Auftrag erteilt werden, eine Übersicht über die seit 1799 erteilten landesfürstlichen Konsense zum Verkauf lehenbarer Güter und die tatsächliche Durchführung dieser Verkäufe anzulegen.

8. Vortrag Krenner sen.: Die Stelle des verstorbenen Anton Cerone als Archivregistrator bei der Landesdirektion Amberg solle mit dem bisherigen Kanzlisten Christoph Alois Hüttenkofer besetzt werden. Auf dessen Stelle solle der frühere Regierungsadvokat Konrad Gämerler nachrücken. Das Gesuch der Witwe Cerone um Vergabe einer Pension sei dem Finanzministerium zur Entscheidung weiterzuleiten.

9. Reorganisation der Geheimen Kanzlei

Auf Empfehlung von Krenner jun. wird das Sammelgesuch des Personals der Geheimen Kanzlei396 wegen Gehaltsaufbesserung genehmigt. Im Gegenzug sollen alle Kanzleisporteln abgeschafft, alle Nebentätigkeiten verboten und eine ständig verfügbare Bereitschaft des Kanzleidienstes organisiert werden. Je nach gezeigter Leistungsbereitschaft könne jedem Kanzlisten die Zulage wieder entzogen und einem anderen zugewandt werden. Die Expedierenden Sekretäre jedes Ministerial-Departements übernehmen die Verantwortung für die Einhaltung dieser neuen Regeln. Der Staatsrat erklärt die neue Besoldung für »statusmäßig« und überträgt sie auf den entsprechenden Personenkreis am Außenministerium.

{5r} 9. In einem Vortrage legte der Churfürstliche Geheime Finanz-Referendär tit. von Krenner die Gesuche des Geheimen Registratoren Berüff, der Geheimen Kanzlisten Bube, Elbinger, Wibmer, Hess, Kraus, Stahl und Klob, dann des Supernumerär Kanzlisten bei dem Ministerial Finanzdepartement Vollmar um Zulage dem Staatsrathe vor, begleitete die von einem jeden der Supplicanten vorgestellte Gründe mit Bemerkungen und machte den Antrag, dem Geheimen Registrator von Berüff eine Gehalts-Zulage von 200 fl., denen 6 Geheimen Kanzlisten, welche bis itzt nur 500 fl. Besoldung genießen, einem jeden ein hundert Gulden (indem der Geheime Kanzlist Elbinger nach dem Status bereits besondere 100 fl. aus der oberpfälzischen Kasse beziehet, welche dort abzuschreiben und auf das hiesige Hofzahlamt der Ordnung wegen anzuweisen wären) mit dem Vorbehalt zu bewilligen, daß alle Geheime Kanzlei-Sporteln aufhören und bei schwerster Straffe {5v} keine mehr gefodert werden, und die Geheime Kanzlisten der Departements bei dringenden Arbeiten keine Kanzleistunden mehr annehmen und sich dadurch der Arbeit entziehen wollen, vielmehr, auch wenn keine Arbeit vorhanden, wenigstens einer gegenwärtig bleiben solle. Der jedesmalig expedirende Geheime Sekretär eines jeden Departements solle hierauf wachen und hierüber Rechenschaft leisten, auch die Departements Chef befugt seyn, den Unfleißigen die Zulage zu suspendiren und den Fleißigeren zuzuwenden.

Dem Supernumerär Kanzlisten von Vollmar, der 400 fl. genießet, begutachtete der Referent bis zu seiner Einrückung in eine ordentliche Kanzlistenstelle 100 fl. Zulage unter dem nämlichen Vorbehalt wie bei den übrigen Departements Kanzlisten.

Die verschiedene Anträge des Referenten wurden von dem Staatsrathe genehmigt, dabei aber beschloßen, daß die dadurch bewilligte Zulagen statusmäsig werden und sich auch auf die Individuen des Auswärtigen Ministerial Departements erstrecken sollen.

Kurfürstliche Entschließung dazu 14. August 1801:

{10v} Bey Nr. 9 genehmige ich die angetragene Zulaagen, ermächtige aber dabey einen jeden Chef eines Ministerial Départements, bey wahrnehmender Saumseeligkeit eines der ihme untergebenen Kanzley Individuen einen verhältnüßmäßig glaubenden Abzug an der ganzen Besoldung zu machen und solchen dem Fleißigeren zuzuwenden.

10. Vortrag Zentner: Ernennung von Hubert Ertl zum Registrator bei der Landesdirektion der Oberpfalz.

11. Vortrag Zentner: Aufnahme von Verhandlungen über die Erteilung einer Konzession an die Kaufleute Fourier und Bergmann, auf der Strecke Düsseldorf-Elberfeld einen Postwagen verkehren zu lassen. Zentner empfiehlt, die Rechte des Hauses Thurn und Taxis, das auf dieser Strecke gemäß einer Vereinbarung von 1748 bereits eine (allerdings schlecht funktionierende) Postverbindung unterhalte, zu übergehen.

12. Vortrag Zentner: Auf Ansuchen des kfstl. Leib- und Protomedikus Franz Joseph Besnard wird den Medizinal-Räten gestattet, die Uniform der Räte der GLD zu tragen.

13. Vortrag Zentner: Dem französischen Emigranten Charles Belleville397, der im Liquidations-Büro der Kriegsdeputation ausgezeichnete Dienste leistete, wird die Bitte um Festanstellung gewährt. Der Staatsrat beschließt, Belleville als Sprach- und Schreibmeister des Französischen an der Universität in Landshut mit 600 fl. Jahresgehalt anzustellen. Er solle »auch auf Begehren der Academicer im Schwimmen Unterricht […] geben«.

14. Vortrag Schenk: Unklarheiten um die Besoldungszulage, die der Kurfürst dem jülich-bergischen Hofkammer-Rat Johann Matthias Trist wegen seiner Verwendung als Kriegskommissar zugesagt hatte.

Kfstl. Entschließung dazu 14. August 1801: Abweisung des Gesuchs Trists um Gewährung einer Zulage.

15. Vortrag Branca: Vorlage des in der Staatskonferenz vom 12. Juni 1801 angeforderten Berichts398 über die Lehensanwartschaften von Clemens Graf von Nys.

16. Neuregelung des Zunftwesens in der Pfalz

Auf einen Vortrag Stengels hin, der einen einzelnen Streitfall der Tüncherzunft zu Mannheim mit einem Bediensteten der landesherrlichen Münze um die Ausübung des Gewerberechts zum Inhalt hatte, wird dem pfälzischen Landeskommissariat aufgetragen, das gesamte Zunftwesen in der Rheinpfalz zu untersuchen und über die Möglichkeit einer Aufhebung der Zünfte Bericht zu erstatten. Bis auf weiteres sollten die bestehenden Personalgerechtigkeiten (aufgrund derer landesherrliche Bauhandwerker, die etwa bei der Münze oder beim Bauhof angestellt sind, das Recht haben, ihr Gewerbe »auf ihre Hand zu treiben«) weiter ausgeübt, aber nicht vermehrt werden dürfen399.

{9r} 16. Aus Veranlaß der von der Mannheimer Tüncherzunft gegen die Arbeiten des Münzknechts und Tünchergesellen Michael Mayer angebrachten Beschwerde, worüber das Rheinpfälzische Landeskommissariat in Bericht sich gegen die Zunft geäusert und die Anfrage gestellet hat, ob Seine Churfürstliche Durchlaucht genehmigten, daß dergleichen vormals ertheilten Freiheiten gegen die allgemeine, keineswegs titulo onoroso erworbene Privilegien geschützet und künftige Fälle darnach entschieden werden sollen?, erstattete der Churfürstliche Geheime Justiz-Referendär Freiherr von Stengel schriftlichen Vortrag, worin folgende Anträge enthalten:

1) [daß] die Begünstigungen einzelner Staats-Einwohner zu Übung ihrer Gewerbskenntniße eigentlich keine Privilegien (das heißt: Ausnahmen von der Regel bürgerlicher Freiheit), sondern daß solche vielmehr Anwendung dieser Regel seyn würden, 2) daß jedoch, wo einmal Ordnung und Geschicklichkeit in den Gewerben {9v} durch die Zunftverfassung dem Staate gesichert seyn sollen, die Begünstigungen einzelner Unzünftigen gegen die Zunftverfassung, mit der Absicht auf den Staatszweck widersprechend, sohin als unrechtlich anzusehen sind, 3) daß also die sogenannten Personalfreiheiten (wodurch die herrschaftlichen Knechte in der Münze, in dem Bauhofe und dergleichen berechtigt waren, ihr Gewerb auf ihre Hand zu treiben) für unstatthaft zu erklären, die noch bestehenden aufzuheben und dergleichen künftig nicht zu ertheilen seyen. 4) Da durch die Zunftverfassung die bürgerliche Freiheit der Unzünftigen beschränkt ist, so kann dieselbe im rechtlichen Betrachte weiter nicht ausgedehnt werden, als der dabei beabsichtete Staatszweck erfodert, 5) und wenn also nur in Hinsicht auf den Staatszweck rechtlich ist, die Zunftverfassung mit Beschränkung der bürgerlichen Freiheit der Unzünftigen zu schützen, so ist die diesem Zwecke widersprechende Eigenschaft geschlossener Zünfte unstatthaft und aufzuheben.

Die Zunft-Ordnungen der Rheinpfalz sind von Seiner itzt regierenden Churfürstlichen Durchlaucht noch nicht bestättiget, sie können also noch einer Revision nach diesen Grundsätzen unterworfen werden, und dazu würde nun das General Landeskommissariat bei dieser Gelegenheit anzuweisen seyn.

Der Staatsrath beschloß nach {10r} gehaltener Umfrage hierauf, daß die schon bestehende Hofschutz-Verwandte in Ausübung ihrer erhaltenen Arbeits-Freiheit auch in Zukunft ohngestört belassen, allein rücksichtlich ihrer Arbeiten der Nahrungsschatzung unterworfen und keine neue gemacht noch an neu angestellt werdende Diener eine ähnliche Freiheit ertheilet werden solle. Zugleich seye auch dem rheinpfälzischen Landeskommissariat aufzutragen, das ganze Zunftwesen der Rheinpfalz genau zu untersuchen und über die Frage ihr ausführliches Gutachten abzugeben, ob es räthlich seye, in der Rheinpfalz die Zünfte ganz aufzuheben, wie solches thunlich, und wenn es für nicht ausführbar gehalten werde, welche Verbesserungen hier zu treffen seyn mögten.

17. Vortrag Stichaner: Legt seine Bedenken gegen die vom Staatsrat bereits beschlossene Regelung wegen Anerkennung von durch den Kaiser, andere Reichsstände oder fremde Mächte verliehenen Titel, Ehrenzeichen und Standeserhöhungen dar.

Vorlage der Beschlüsse beim Kurfürsten zur Genehmigung.

Anmerkungen

396
Es handelte sich um folgende im MF, MGeistl und MJ sowie im Expeditionsamt tätige Sekretäre und Kanzlisten: den Registrator Johann Baptist von Berüff sowie die Kanzlisten Franz Bube, Joseph Elbinger, Sebastian Wibmer, Johann Nepomuk Hess, Joseph Kraus, Ferdinand Stahl, Andreas Klopp, Peter Joseph von Vollmar.
397
Belleville hielt sich seit Oktober 1799 in Bayern auf; vgl. Wühr, Emigranten, Nr. 336, S. 280.
398
Vgl. Protokoll der Staatskonferenz vom 12. Juli 1801, TOP 2).
399
Diese Debatte im Staatsrat wird bei Schimke, Regierungsakten, S. 610 Anm. 120, als Beleg für die Beobachtung erwähnt, daß schon seit dem Regierungsantritt Max Josephs über die Aufhebung der Zünfte bzw. die Freigabe der Gewerbe diskutiert worden sei.