BayHStA Staatsrat 1, Nr. 30 10 Seiten.

Anwesend: Kfst. Max Joseph; Hompesch, Montgelas, Morawitzky, Hertling.

1. Bilanz der Gespräche zwischen Ministerium und Ständevertretung

[MF] Diskussion einer Ausarbeitung des Geheimen Referendärs Utzschneider über die Vereinbarungen mehrerer Konferenzen der Minister mit den landschaftlichen Deputierten wegen des (ordentlichen und außerordentlichen) Postulats für das laufende Jahr. Empfohlen wird nunmehr, die Ausgabe von Papiergeld im Wert von 4 Mio. Gulden nicht zu realisieren. Zunächst solle der entsprechende Antrag der Landschaft in der nächsten Konferenz am 30. Oktober abgewartet und dann in einer eigenen Staatskonferenz mit Zuziehung des Ministerial-Finanzdepartements nochmals gründlich beraten und dem Kurfürsten zur Entscheidung vorgelegt werden151.

1. Wurde ein von dem Geheimen Referendaire Utzschneider gefertigter Auszug der abgehaltenen verschiedenen Protocollen über die mit den landschafftlichen Deputirten in den mehreren Ministerial-Conferenzen getroffene einsweilige Vereinbahrungen wegen dem Ordinario und Extraordinario für das laufende Jahr, {2v} dann wegen Verfertigung der Casse Scheinen für 4 Millionen vorgetragen, worin die Genehmigung dieser Vereinbahrungen der höchsten Entscheidung Seiner Churfürstlichen Durchleucht untergeben, dabey aber eine Verwahrung gegen die Verfertigung derley Casse Scheine eingeleget wird.

Der in der morgigen Ministerial-Conferenz von der landschafftlichen Deputation vorgeleget werdende Plan wegen den Casse Scheinen ist abzuwarthen und solcher zum weiteren Vortrag an Seine Churfürstliche Durchleucht zu erforderen, wo sodann in einer Geheimen Staats-Conferenz mit Zuziehung des Ministerial Finanz Departements derselbe geprüfet und die endliche Entschließung hierauf genohmen werden solle.

2. Die Abrechnung der Lieferungen an die österreichische Armee für den Monat August sei umgehend vorzunehmen und die österreichischen Heeresstellen zur sofortigen Bereitstellung der entsprechenden Gelder aufzufordern.

3. Abrechnung der Auslagen von Graf v. Goltstein für seinen Aufenthalt in Wien 1798152.

4. Klärung des Umfangs des dem neuen Oberst-Stallmeister, Carl Ludwig Freiherrn von Kesling, zustehenden Naturalienbezugs an Holz und Licht.

5. Die Ansuchen von Generalmajor Christian Freiherr von Zweibrücken wegen Organisation und Kommando des Landsturms werden zurückgestellt.

6. Vorbereitung des Staatskalenders für das Jahr 1800: Nachdem eine Reihe von Anfragen des Kammerfouriers Franz Xaver Menrad v. Vorwaltern153 in einer »Ministerial Session« bearbeitet worden war, erfolgt nun die Genehmigung des Kurfürsten mit einigen Änderungen in Titelfragen.

7. Zurückweisung des zum wiederholten Mal gestellten Antrags der Gräfin von Bavière-Grosberg um Vermehrung ihrer Pension154.

[MA] 8. Der vormalige Agent in Augsburg, Johann Baptist Staudinger, bittet um weitere Verwendung in kurfürstlichen Diensten oder Erhöhung seiner Pension. Der Vorschlag, Staudinger eine Stelle im Justizbereich zuzuweisen, wird vom Kurfürsten zurückgewiesen, da alle Kollegien besetzt seien und bei Neueinstellungen »die Quiescenten nach ihren Fähigkeiten« Vorrang haben sollten.

9. Einmalige Hilfszahlung von 100 Louisdor für die von den Franzosen zerstörte Stadt und Festung Philippsburg auf Anzeige des Reichstagsgesandten Graf v. und zu Lerchenfeld hin, welche Hilfsgelder andere Reichsfürsten bewilligt hätten.

10. Abweisung des Antrags des Geheimen Hausarchivars Carl von Eckartshausen um Gewährung einer Getreidezulage.

11. Unterstützung für den Geistlichen Hunger aus Passau durch ein Schreiben an den dortigen Bischof mit der Bitte, den gegen Hunger verhängten Landesverweis aufzuheben.

[MGeistl] 12. Ernennung des Mitgliedes des Geistlichen Rats Johann Michael Steiner 155 zum Kommissar des Instituts der Englischen Fräulein und dem damit verbundenen Haus für arme Mädchen, um den Unterricht dort zu verbessern und Mißstände abzustellen.

13. Auf Beschwerden von zwei reformierten Gemeinden in Berg (Hilden-Homberg, Lennep) über die erzwungene Mitfeier katholischer Patrozinienfeste hin unterstreicht ein Reskript an den Geheimen Rat in Düsseldorf die »Handhabung der Gewißens Freyheit nach den bestehenden Religions Recessen«.

14. Kurfürstliche Präsentationen auf die erledigten Pfarrstellen Obertunding und Steinbach.

15. Strittige Besetzung einer Stelle am Hofrat

[MJ] Strittige Besetzung einer Ratsstelle beim Hofrat (Sondervotum des Hofrats-Vizepräsidenten Carl Maria Graf v. Arco gegen den Supernumerär-Rat Maximilian Graf v. Preysing, dem sich das Justiz-Ministerialdepartement anschließt). Die Stelle geht an einen der von Arco vorgeschlagenen Kandidaten, Lorenz Büller von Straubing.

15. Das wegen Besetzung der erledigten Hofrathsstelle vernohmene Hofraths Directorium begutachtet hiezu den Supernumerär Hofrath Graffen von Preysing156 wegen seiner eifrigen Verwendung, fleißigen Frequentirung und maturen Beurtheilungskrafft. Der Hofraths Vice Praesident Graff von Arco wiederspricht in einem voto particulari diesen Eigenschafften des Graffen von Preysing und erkläret nach seinen Pflichten, demselben seine Stimme nicht geben zu können, sondern entweder den Regierungs Rathen Büller157 von Straubingen oder den Regierungs Rathen von Planck158 in den churfürstlichen Hofrathen zu versetzen. In dem hierüber abgegebenen Gutachten des Ministerial Justiz Departements wurde der Meynung des Graffen von Arco mit dem Zusatze beygetretten, die dadurch eröffnet werdende Rathsstelle bey einer der auswärtigen Regierungen einem sicheren, vorzüglich geschickten Beamten des Herrn von Rechberg nahmens Schieber zu übertragen.

Seine Churfürstliche Durchleucht ertheilen die erledigte Hofrathsstelle dem Regierungs Rathen Büller von Straubingen und die dadurch eröffnet werdende Regierungs Raths Stelle in Straubingen dem ehemaligen Hofrathen von Ploetz159.

16. Strittige Besetzung einer Stelle an der Regierung Burghausen

Strittige Besetzung einer Ratsstelle an der Regierung Burghausen (widersprüchliche Voten des Präsidenten und des Kanzlers, welch letzterem sich das Justiz-Ministerialdepartement anschließt). Die Stelle geht aber an einen der vom Präsidenten Maximilian Graf v. Berchem vorgeschlagenen Kandidaten, Franz Xaver Grafen v. Jonner.

{5v} 16. Der Churfürstliche Regierungs Praesident in Burghaußen160 schlägt für die dort eröffnete Rathsstelle die in den Quiescenten Stand versezte vormahlige Regierungs Räthe Graffen von Jonner161 oder Freiherr von Hofmühle den jüngeren162 vor, der dortige Regierungs Canzler163 aber den bisherigen Supernumerär-Rath Reindl164 wegen seinen vorzüglichen Fähigkeiten. In dem diesfalls vorgelegten Antrage wird die Meynung des Canzlers wegen den für tit. Reindl sprechenden Verdiensten unterstüzet und dabey die Nichtwiederbesezung der Supernumerär Rathsstelle angerathen.

Seine Churfürstliche Durchleucht bewilligen die erledigte Regierungs Rathsstelle dem Graffen von Jonner gegen Rückziehung seiner Pension, und solle auf den tit. Rheindl wegen seiner Geschicklichkeit bey erst- anderer Gelegenheit Rücksicht genohmen werden.

17. Besetzung der Stelle des Richters ob der Au in München mit dem bisherigen Rechnungskommissar Franz X. Schrödl165. Der Hofkammerrat Johann Joseph Kerschbaum wird zum Mitglied in der Brandschadens-Versicherungs-Kommission ernannt166.

18. Verschiebung der Besetzung des Wechselgerichts 2. Instanz; die Räte sollen aus der Reihe der »Quiescenten« genommen werden.

19. Erneuerung des Privilegs für Hoffourier Johann Nepomuk v. Reichel, den »Adeligen Damen Calender« verlegen zu dürfen.

20. Abweisung der Bitte des Christian Graf v. Benzel um eine Stelle bei der Regierung in Neuburg, da keine Wiederbesetzung vorgesehen sei.

21. Eine Aufenthaltsgenehmigung für Comte de Menardeau167 in München ist »wegen zu großer Anzahl der Emigrirten« nur für acht Tage auszustellen.

Anmerkungen

151
Vgl. Protokoll der Staatskonferenz vom 4. November 1799.
152
Joseph Graf v. Goltstein, Geheimer Rat und Vizepräsident der Hofkammer von Jülich-Berg, war Agent Karl Theodors in Wien gewesen und hatte dort dessen »zwielichtige[n] Finanztransaktionen« bei der Wiener Bank betrieben (Weis, Montgelas, Bd. 1, S. 379 Anm. 25; vgl. auch HStK 1799, S. 28).
153
Vgl. HStK 1800, S. 50.
154
Die Gräfin de Bavière-Grosberg, Witwe des bayerischen Kämmerers und französischen Feldmarschalls Léonard Comte de Bavière-Grosberg, bezog seit März 1799 eine Pension in Höhe von 1.500 fl.; vgl. Wühr, Emigranten, Nr. 292, 293, S. 278 sowie S. 45 mit Anm. 6, S. 31.
155
Vgl. HStK 1800, S. 103, 125.
156
Maximilian Graf v. Preysing, Supernumerär-Rat des Hofrats (HStK 1800, S. 98).
157
Lorenz Büller, Rat der Regierung zu Straubing (HStK 1800, S. 148).
158
Maximilan v. Planck, Rat der Regierung zu Straubing (HStK 1800, S. 148).
159
Franz Ignaz v. Plötz (HStK 1800, S. 222).
160
Vgl. HStK 1800, S. 76, 154: Maximilian Graf v. Berchem.
161
Franz Xaver Graf v. Jonner (HStK 1800, S. 39, 154).
162
Franz Xaver Freiherr v. Hofmihln (HStK 1800, S. 70, 275).
163
Vgl. HStK 1800, S. 154: Franz Xaver Hochenrieder.
164
Johann Ev. Reindl (HStK 1800, S. 124, 154).
165
Genannt im HStK 1800, S. 134, als »Gerichtsherr in der Au und Giesing«.
166
Vgl. HStK 1800, S. 108.
167
Vgl. Wühr, Emigranten, Nr. 3104, S. 465 (Menardeau hielt sich seit 1. Oktober 1799 in Augsburg auf).