BayHStA Staatsrat 2, Nr. 7 4 Seiten.

Anwesend: Kfst. Max Joseph, Hzg. Wilhelm; Hompesch, Montgelas, Morawitzky, Hertling.

1. Verhältnis zur Ständeverordnung; Eröffnung der Verhandlungen über das Steuerpostulat für das Jahr 1800

[MF] Utzschneider verliest den Entwurf des kurfürstlichen Reskripts an die auf den 14. Februar einberufene Landschafts-Verordnung wegen Eröffnung der Postulats-Verhandlungen für 1800. Der Entwurf wird mit Präzisierungen zur für Bayern geplanten Landesdefensions-Truppe genehmigt. Die Minister Morawitzky und Hertling werden bevollmächtigt zur Eröffnung der landschaftlichen Versammlung.

1. Der churfürstliche Geheime Referendaire Utzschneider, welcher auf churfürstliche gnädigste Bewilligung der Geheimen Staats Conferenz von heute beywohnte, eröffnete {2v} dieselbe mit Verleßung eines nach den angenohmenen Grundsäzen gefasten Rescripts Entwurfs an die auf den 14. dieses Monats einberufene Landschaffts Verordnung wegen dem landesfürstlichen Postulat für das Jahr 1800.268

Die Punckten, welche dieser Aufsaz in sich faßet, sind die Ursachen, so die frühere Einberufung der Verordnung veranlaßet, die Beanthworthung der von ihr im Bericht vom 27. vorigen Monats aufgestellten Beschwehrden, Erfordnüße, um die für das Jahr 1800 eintrettende Staatsbedürfnüße zu bestreiten, die Erträgnüß und Ausgaaben des Cammerguths und der Staats Cassen der heroberen Staaten, die ordentlich- und außerordentliche Beyträge der Landschafft von der Steuer-Casse hiezu, die Militär-Verhältnüße der baierischen Troupen, die Mittel, um die erforderliche Gelder zu Deckung des Staats Deficits und Bezahlung der von der vorigen Regierung herrührenden Ruckständen beyzubringen, dann die Organisation einer Landes Defensions-Armée für Baierns Selbst-Ständigkeit.

Nach einem wegen dem lezten Punckt rücksichtlich auf die Gebrauchung dieser aufgestellt werdenden Landtroupen außerhalb der baierischen Gränzen gemachten Änderung269 wurde dieser Rescripts Entwurf gnädigst genehmiget und verordnet, daß die Geheime Staats und Conferenz Ministers Graff von Morawizky und Freiherr von Hertling die Eröffnung der Landschaffts Verordnung vornehmen sollen.

2. Reskript wegen der künftigen Einrichtung der Schwaigen Schleißheim, Wallertshofen und Milbertshofen.

3. Weiterleitung der Erklärungen v. Dittmers über seine Rechte am Handel mit Reichenhaller Salz an die neugegründete Salzhandels-Gesellschaft zur Kenntnisnahme.

4. Befreiung des Herzogs Wilhelm in Bayern als Reichsfürst und Agnat des Hauses von allen Maut- und Zollgebühren sowie Rückerstattung aller bereits erlegten entsprechenden Zahlungen.

5. Differenzen mit der Fürstpropstei Berchtesgaden

[MA] Vortrag des Geheimen Referendärs Johann Nepomuk v. Krenner empfiehlt neue Verhandlungen mit Joseph Conrad Freiherr v. Schroffenberg, Fürstpropst von Berchtesgaden 1780-1803, wegen Vollzugs des Salinenvertrags [vom 18. April 1795], da beim Reichshofrat keine für Bayern günstige Stimmung in dieser Sache herrsche270. Nach Differenzen zwischen dem (federführenden) Ministerialdepartement der auswärtigen Geschäfte und dem Ministerialdepartement der Finanzen über den Neuentwurf eines entsprechenden Vertrags entscheidet der Kurfürst, daß die Vorbereitungen für die Verhandlungen mit Berchtesgaden von beiden Departements gemeinsam auf der Basis des Entwurfs des Außenministeriums aufgenommen werden sollen.

5. Der churfürstliche Geheime Referendaire [Johann Nepomuk] von Krenner der ältere, der nach churfürstlicher höchster Bewilligung in der Geheimen Staats Conferenz erschien, erstattete wegen der unter der vorigen Regierung gemachten Acquisition der berchtolsgadischen Salinen mündlichen Vortrag und zeigte durch Darlegung der zeitherigen Ereichnüße und der vorliegenden Umständen, daß nach den bereits erfolgten Erkantnüßen und nach der Stimmung des Reichshofrathes im Weege Rechtens für Baiern nichts Vorteilhaftes zu erhalten seyn werde, folglich nichts anderes übrig seye, als durch einen neuen abzuschließenden Vertrag mit dem Probsten von Berchtolsgaden, wozu selbst die churfürstliche Agenten in {3v} Wien anrathen, alle Anstände und Beschwehrden zu entfernen.

Hiezu seyen von dem Departement der auswärtigen Geschäfften die erforderliche Einleitungen bereits gemacht und der Entwurf eines solchen Vertrags gefaßet worden, der dem Ministerial-Finanz-Departement zur Äüßerung zugesendet, von diesem aber aus vier dagegen aufgestellten Gründen nicht angenohmen worden. Erwehnter von Krenner wiederlegte diese gemachte 4 Einwendungen aus den Acten und überließ der höchsten Entscheidung, ob der Weeg neuer Unterhandlungen rücksichtlich dieses wichtigen Gegenstandes eingeschlagen oder was sonst gnädigst verfüget werden wolle.

Seine Churfürstliche Durchleucht haben hierauf beschloßen, daß zu Abschließung eines neuen Vertrags mit dem Herrn Probsten von Berchtolsgaden die nöthige Einleitungen nach Antrag getroffen und in Unterhandlungen sich eingelaßen werde, weswegen auch die Ministerial-Departements der auswärtigen Geschäfften und der Finanzen die Vorarbeiten hiezu gemeinschafftlich zu fertigen und zu diesem Zwecke zußammen zu tretten haben.

Anmerkungen

268
Konzept Utzschneiders für das Reskript des Kurfürsten an die Landschaftsverordnung wegen des Postulats für 1800, datiert auf 11. Februar 1800, in: BayHStA Altbayer. Landschaft Lit. 797, fol. 65-75 (mit Unterschrift Max Josephs und Legit-Vermerk Hompeschs sowie einem Vermerk Kobells über Vortrag u. Genehmigung in der Staatskonferenz vom 11. Februar [fol. 65]). Vgl. zu diesem Dokument und der ungewöhnlichen Deutlichkeit, in der es die Unzeitgemäßheit der ständischen Privilegien anspricht, Weis, Montgelas, Bd. 2, S. 100.
269
Vgl. BayHStA Altbayer. Landschaft Lit. 797, fol. 74’.
270
Der Vertrag von 1795 war, aufgrund der seit März 1796 anhängigen Proteste Salzburgs beim Reichshofrat, vom Fürstpropst wieder gekündigt worden, nachdem das Reichsgericht ihn am 3. Februar 1798 für ungültig erklärt hatte. Vgl. Schremmer, Wirtschaft Bayerns, S. 272; Keil, Fürstpropst, S. 363f.; Palme, Salzwesen, S. 539.