BayHStA Staatsrat 2, Nr. 11 11 Seiten.

Anwesend: Kfst. Max Joseph, Hzg. Wilhelm; Hompesch, Montgelas, Morawitzky, Hertling.

1. Postulatsverhandlungen mit der Ständeverordnung

[MF] Reskript an die Landschafts-Verordnung wegen des Postulats: Die Bewilligung von vier Landsteuer-Beträgen und zwei Standanlagen sowie die Ausschreibung des Steuermandats werden zur Kenntnis genommen, die zur Finanzierung des Reichskontingents gemachten Vorschläge aber zurückgewiesen, da sie für die Staatskasse unerschwinglich seien.

1. Zu Beanthworthung der von der Landschaffts Verordnung unterm 26. Februar {2v} wegen dem diesjährigen Postulat übergebenen Vorstellung288 wurde ein Rescripts Aufsatz an dieselbe vorgeleget, wodurch die angebottene vier Landsteuern und zwey Stand Anlaagen nebst dem diesfalls eingesendeten Steuer Mandat angenohmen, ihr dabey aber bemerket wird, daß die von derselben wegen dem Unterhalt des Reichs Contingents gemachte Anträge nicht annehmbar seyen, indeme die der Staats-Casse dadurch zugehende Lasten ohnerschwinglich seyen. Man erwarte deswegen eine der gestellten Forderung mehr entsprechende Erklärung. Durch einen anderen vorgelegten Aufsatz wurde der General-Landes Direction die Ausschreibung der vier Landsteuern durch Bekantmachung des genehmigten Steuermandats anbefohlen.

Beyde Rescripts-Entwürfe289 wurden genehmiget.

2. Sondergratifikation für die Mitglieder der Kriegsdeputation

Bewilligung einer Sondergratifikation für den Präsidenten und die Räte der Kriegs-Deputation angesichts ihrer hohen Arbeitsbelastung.

2. In einem vorgelegten Antrage wurden die Verdienste sämtlicher Mitglieder der Kriegs Deputation, welche sie sich seit ihrer Ernennung zu diesem mühsamen Posten um den Staat erworben, und die außerordentliche Thätigkeit, womit dieselbe die ihnen aufgetragene, häufige Geschäfften schon mehrere Jahre ohne die mindeste Belohnung neben ihren Berufs-Arbeiten besorget290, auseinander gesezet und angetragen, dem dabey angestellten Praesidenten und 8 ordinären Mitglieder zu ihrer Aufmunterung ersterem eine Gratification von 200 Ducaten, und lezteren einem jeden 100 Ducaten unter der Bedingnüß zu bewilligen, daß der Praesident mit den Erben seines Vorfahrers, des von Pettenkofen291, und die neu eingetrettene zwey Mitglieder mit den ausgetrettenen pro ratis temporis theilen sollen.

Genehmiget.

3. Modalitäten der Befreiung der Klosters Seligenthal in Landshut (Quartier der Prinzessin Conti de Bourbon292) von Einquartierungen und Ablöse durch Geldzahlungen der Staatskasse.

4. Abschluß eines Subsidienvertrags mit England

[MA] Montgelas berichtet über die Verhandlungen wegen eines Subsidienvertrags mit England mit dem Gesandten Wikham293. Vorlage und Erläuterung des Texts hinsichtlich einzelner Abweichungen vom Entwurf der bayerischen Seite; Genehmigung des Texts Artikel für Artikel mit einzelnen Modifikationen (u.a. Laufzeit ein Jahr statt zwei Jahre; Sammelplatz für das erste Treffen Donauwörth 1. April 1800; Erhöhung der Vergütung pro Reiter; Ablehnung zusätzlicher Gestellungspflichten). Sollte Wikham ein Eingehen darauf ablehnen, seien die Verhandlungen zu unterbrechen.

4. Der churfürstliche Geheime Staats und Conferenz Minister Freiherr von Montgellas erstattete wegen dem mit der Krone Engelland unterhandelt werdenden Subsidien Tractat weiteren Vortrag und äüßerte, wie er die in der lezten Staats-Conferenz wegen diesem Gegenstande genohmene Entschließung dem englischen Gesandten Wickham nebst Abschrifften seiner Vollmachten noch den nemlichen Tage mitgetheilet habe, worauf er von demselben ebenfalls Abschrifften der seinigen und einen anderen, von ihme entworffenen Aufsatz des zu schließenden Tractats und der geheimen Articel erhalten hätte. Bey diesen englischen Vollmachten habe er, Freiherr von Montgellas, Anstand gefunden, indeme darin das Wort frater, welches von der Krone Engelland dem Churfürsten von Pfalzbaiern in den Schreiben immer gegeben worden, ausgelaßen seye. Er habe solches dem Gesandten Wikham durch eine Note bemerket und zur Antwort erhalten, es müße wahrscheinlich ein Fehler des Concipienten seyen, indeme er überzeuget seye, daß es nicht absichtlich geschehen. Er ersuche, ihme eine vidimirte Abschrift der Credentialen eines der lezten englischen Ministers zuzustellen, um den Unterlaß in London vorlegen zu können. Dieses seye auch sogleich durch die untergeordnete dießeitige Stelle geschehen, anbey aber das Ansinnen gestellet worden, die dem Gesandten Wikham deswegen gegebene Note seinem Hofe zu übersenden. Benanter Freiherr von Montgellas legte hierauf den von dem englischen Minister gefasten Entwurf des Subsidien Tractats und der geheimen Articel vor und zeigte, in wie weit und in welchen Stellen er von dem durch das auswärtige Ministerialdepartement aufgesezten abweiche, worauf von Seiner Churfürstlichen Durchleucht auf jeden der enthaltenen Punckten folgende Entschließungen genohmen wurden.

Der 1. Articel kann angenohmen werden, doch wollen Höchstdieselbe in das vorgeschlagene Engagement auf 2 Jahre nicht eingehen, sondern bey einem Jahre stehen bleiben. Bey dem 2. ist auf Donauwörth als dem Sammelplaze {3v} der Troupen und auch bey den vorigen Terminen, dem 1. April für die erste Colone und dem 21. für die zweyte zu bestehen. Der 3. Articel kann angenohmen werden. Der 4. Articel kann angehen mit dem Beysatze: bien entendu, que la dite Convention doit faire partie du principal traité et y être inserée notament. Der 5. Articel kann angenohmen werden. Wegen dem 6. Articel bleibt es bey dem vorigen, von dem englischen Gesandten selbst vorgeschlagenen Project. Der 7. Articel kann angenohmen werden. Der 8. Articel kann bleiben in Rücksicht auf die Rédaction, die 24 Banco Thaler werden für den Infanteristen angenohmen, der Cavalerist aber kann unter 90 Banco Thaler mit dem Pferde nicht gestellet werden, wornach sich gegen den Gesandten zu äüßern ist. Der 9. wird angenohmen. Bey dem 10. solle darauf bestanden werden, daß dieser Articel dem Tractat nach dem Entwurfe des Ministerial Departements der auswärtigen Geschäfften einverleibet werde. Die erste Periode des 11. Articels kann angenohmen werden, auf der Garantie aber so wie auf dem Schadens Ersatz muß ohnbedingt bestanden werden. Der 12. und 13. Articel werden angenohmen. Der 1., 2., 3., 4. und 5. Punckt der Geheimen Articel werden, da sie nach dem von dem churfürstlichen Minister der auswärtigen Geschäfften gegebenen Entwurf eingerichtet, angenohmen. Der 6. Articel solle nicht angenohmen, sondern erkläret werden, daß das Corps complet bleiben und alle 3 Monathe recroutirt werden würde, aber auf eine {4r} größere Anzahl könne man sich nicht verbinden.

Auf die von dem churfürstlichen Geheimen Staats und Conferenz Minister Freiherrn von Montgellas weiter gemachte Anfragen, 1) wie er sich zu verhalten habe, wenn der englische Gesandte Wikham den Entwurf des Subsidientractats, so wie er heute vorgeschlagen und genehmiget worden, nicht annehmen und von Abbrechung der Unterhandlungen sprechen würde, dann 2) ob, wenn dieser Tractat nicht zustande käme, die Generalverordnung wegen der Recrouten Aushebung dennoch ausgefertiget werden solle,

haben Seine Churfürstliche Durchleucht beschloßen, daß auf den ersten Falle sich nicht weiter eingelaßen, sondern Höchstdenenselben sogleich näherer Vortrag diesfalls erstattet, die Verordnung wegen der Recrouten Aushebung aber auf jeden Falle erlaßen werden solle.

5. Organisation außerordentlicher Aushebungen zur Landesdefension in Kriegszeiten

Genehmigung der Generalverordnung über die Wiedereinführung der Rekrutenaushebung aufgrund der in der vorigen Staatskonferenz beschlossenen Organisation der Landesdefension294.

5. Die nach den in der lezten Geheimen Staats Conferenz vom 1. [März 1800] wegen Aufhebung der Recrouten Anlaage und Wieder Einführung der Recrouten Aushebung angenohmenen Grundsätze gefaste Generalverordnung wurde abgeleßen und die übrige Rescripts Entwürfe vorgetragen.

Bey der General-Verordnung § 6 wurde zuzusetzen befohlen, »daß derjenige, der für einen anderen gegen Bezahlung in das Militär tritt, dadurch von Leistung der ihn seiner Zeit treffenden Militär Diensten nicht befreyet werden solle.« § 7 wurde die Größe auf 5 Schuhe 3 Zoll des bey den allhiesigen Regimenter eingeführten Maaßes bestimt und § 12 nach den Worten: außer im erheischenden Nothfalle anzufügen verordnet: des Kriegsdienstes. Die übrigen § der Verordnung und dazu gehörige Rescripts Aufsätze wurden von Seiner Churfürstlichen Durchleucht genehmiget295 und werden Höchstsie die Militär Personen zu dem Recrouten Zug benennen.

6. Ablehnung öffentlicher Aushänge durch Kommando- oder Verwaltungsbehörden der Reichsarmee ohne vorherige Genehmigung durch die Kriegsdeputation.

7. Ein Gesuch um Empfang der bayerischen Passiv-Lehen vom Hochstift Brixen solle vorerst nicht gestellt werden.

8. Erkundigungen zum Status der bayerischen Passiv-Lehen von Österreich in der Markgrafschaft Burgau (um Illertissen).

9. Jakob Prosch wird zum Expeditor in der Kanzlei des Ministerialdepartements des Auswärtigen ernannt, allerdings ohne die nachgesuchte Gehaltsaufbesserung und ohne Verleihung der erbetenen Titel als Wirklicher Rat und Geheimer Sekretär.

10. Zum wiederholten Mal wird die Auslieferung österreichischer Untertanen, die in ihrer Heimat zum Militär konskribiert wurden und sich in die Oberpfalz flüchteten, abgelehnt. Es wird freilich das Angebot zu einer Übereinkunft unterbreitet, nach der künftig wechselseitig alle bereits wirklich einrangiert gewesenen Flüchtlinge vom Militärdienst zwischen beiden Staaten auszuliefern seien.

11. Verschärfte Zensurmaßnahmen

[MGeistl] 11. Anweisung an die Zensur-Kommission, bis auf weiteres keinerlei Schriften, »welche die churfürstliche innere oder auswärtige Staats Verhältnüße« beträfen, zu genehmigen, und an die Polizei-Direktion München, die Exekution der Beschlüsse der Zensur-Kommission zu unterstützen.

11. In zwey vorgelegten Rescripts Aufsäzen an die bestehende Special-Censur Commission und die General-Landes-Direction wurde verordnet, daß die städtische Polizey Direction ersterer in allen Fällen, wo diese solche anrufen wird, mit den in Handen habenden Executions Mittel unterstüzen und ihren Verordnungen Krafft geben solle, wo anbey auch der Commission aufgetragen wird, bis auf weiteres gar keine Schrifften oder Brochüren, welche die churfürstliche innere oder auswärtige Staats Verhältnüße zum Vorwurf haben, ohne Special-Bewilligung zu erlauben.

Genehmiget.

12. Abendmahlsempfang der Protestanten bei Hof

Bewilligung zum Empfang des Abendmahls im »Beetsaale in der Residenz« für alle zum Hof gehörigen, sonst angestellten und bei Gesandtschaften akkreditierten Personen protestantischen Glaubens296.

12. Durch einen an den Hofprediger der regierenden Frauen Churfürstin Durchleucht Schmid gerichteten Rescripts Aufsaz wurde angetragen, zu bewilligen, daß alles zum Hofe gehöriges, dann sonstig angestelltes Civil und Militär Personale so wie auch die zu den verschiedenen Gesandschafften gehörige Protestanten, mit Ausnahme der fremden sich hier aufhaltenden, nicht angestellten Protestanten, das Abendmahl in dem Beetsaale in der Residenz empfangen dörffe, daß jedoch derselbe an diesem Tage nur für die Protestanten geöfnet und deswegen durch Eintritts Billetes oder sonsten die erforderliche Anstallten getroffen werden sollen.

Dieser Aufsatz erhielt die höchste Genehmigung.

13. Vorschläge des Geistlichen Rats zur Verbreitung der Schrift von Zacharias Becker, Noth- und Hilfsbüchlein für Bauersleute (Augsburg 1789).

14. Gewährung eines Almosens auf zwei Jahre für die Tochter des verstorbenen Neuburger Regierungsrats Leopold Schmitts.

15. Verleihung des Benefiziums beim Franziskanerinnenkloster Hl. Kreuz zu Landshut an den Priester Peel.

[MJ] 16. Bestimmung der Rangstellung von Räten, die von einer der Regierungen oder aus dem Quieszentenstand in den Hofrat berufen werden.

17. Verleihung der Stelle des beförderten Anton Hohenadel als Rat an der Regierung Landshut an Franz Xaver Freiherrn v. Schleich, bisher Hauptmautner und Salzbeamter zu Landshut.

18. Verleihung der Stelle des beförderten Lorenz Büller als Rat an der Regierung Straubing an Anton Friedrich v. Hofstetten, Rat an der Regierung Burghausen, und von dessen Stelle an den Straubinger Supernumerär-Rat Alois Neger297.

19. Abweichend von einem Dreier-Vorschlag der General-Landesdirektion wird Johann Georg Danzer, Advokat bei der Regierung Landshut, zum Landrichter in Pfaffenhofen bestimmt.

20. Neubesetzung von zwei weiteren Landrichter-Stellen mit Johann Georg Karpfinger in Wolfratshausen und Joseph Alois Ströber auf dessen bisheriger Stelle in Kranzberg. Außerdem wird Joseph v. Grauvogel zum Pflegskommissar in Wiesensteig ernannt.

21. Abweisung des Gesuchs des Präsidenten der Regierung Burghausen, Maximilian Graf v. Berchem, als nächster Verwandter eine Testamentsexekution für die Familie der Grafen v. Tauffkirchen zu Ende führen zu dürfen.

22. Weisung an den Kanzler des Hofrats, Karl Albrecht v. Vacchiery, außer den Vormundschaften für die Familien Grafen v. Perusa und dall’Armi alle Exekutions- und Vormundschaftsgeschäfte niederzulegen.

23. Die Streitsache des Schaffners Spraul und des Hofmusikers Franz Eck solle beruhen.

24. Aufenthaltsbewilligung für den französischen Geistlichen Louis Havet298.

Anmerkungen

288
BayHStA Altbayer. Landschaft Lit. 797, fol. 86f.
289
Konzipiert von Utzschneider; BayHStA Altbayer. Landschaft Lit. 797, fol. 89.
290
Die Kriegs-Deputation war im August 1796 nach der Flucht Kurfürst Karl Theodors aus München als Parallelinstanz zur Oberen Landesregierung eingesetzt worden und bestand noch bis Ende 1801 fort (Bezzel, Geschichte, Bd. 5, S. 411f.).
291
Franz Joseph v. Pettenkofen (vgl. Gigl, Zentralbehörden, S. 128, 483 mit Anm. 29).
292
Wühr, Emigranten, Nr. 1085, S. 335.
293
Vgl. Protokoll der Staatskonferenz vom 1. März 1800, TOP 5).
294
Vgl. Protokoll der Staatskonferenz vom 1. März 1800, TOP 6).
295
Publiziert (»Den Land-Kapitulantenzug in den obern Churlanden betreffend«) unter dem Datum des 7. März 1800 (Schimke, Regierungsakten, Nr. 138, S. 705-708; Mayr, Sammlung, Bd. 2, Nr. VII.7, S. 278-280); dazu Bezzel, Geschichte, Bd. 5, S. 116f.
296
Vgl. Protokoll der Staatskonferenz vom 24. Januar 1800, TOP 10) .
297
HStK 1800, S. 143f., 148, 154.
298
Wühr, Emigranten, Nr. 2257, S. 412.