BayHStA Staatsrat 380, Nr. 3 5 beschriebene Seiten. Vermerke: auf dem Umschlagblatt oben Mitte »23. April 1799«.

Anwesend: Kf. Max Joseph; Minister Hompesch, Montgelas, Morawitzky; Referendäre Stengel (Staat), Krenner jun., Hartmann, Steiner, Schenck (Finanz), Gravenreuth, Krenner sen. (Auswärtiges), Löwenthal, Stengel, Stichaner (Justiz), Branca, Zentner (Geistliches). Protokoll: Kobell.

[1.] Einrichtung der General-Landesdirektion

Diskussion um die Errichtung der General-Landesdirektion als neuer oberster Landesstelle sowie deren Kompetenzen und Organisation. Abweisung des Protests des Landmarschalls des Herzogtums Neuburg, Freiherr von Hornstein, wegen beabsichtigter Aufhebung der Neuburger Dikasterien; Diskussion der von den Referendären Steiner und Stichaner erarbeiteten Organisationsvorlage (»Instruktion«) sowie Behandlung von Einwänden des Obersten Münz- und Bergamts. Nach marginalen Änderungsvorschlägen in der Umfrage bei den Referendären und zwei Präzisierungen zugunsten seines Departements, die Montgelas bei der Umfrage unter den Ministern durchsetzt (Reichs- und Kreisangelegenheiten; Berichte in Grenzsachen), wird der Organisationsplan der Generallandesdirektion vom Kurfürsten genehmigt39.

[1.] Der churfürstliche Minister Freiherr von Hompesch eröffnete den heute versammelten Staatsrath mit der Äüßerung, daß die churfürstliche Geheime Finanz und Justiz-Referendärs von Steiner und von Stichaner in Folge des erhaltenen höchsten Auftrags die Vorarbeiten zur neuen Staatseinrichtung gefertiget, und solche zur näheren Beurteilung vorlegen würden. Da aber inzwischen Freiherr von Hornstein als Landmarschall des Herzogthums Neuburg mit einer Vorstellung aufgetretten, worin gegen die nach seinem Angeben im Plane liegen fallende {2v} Aufhebung der Neuburgischen Dicasterien nachdrückliche Sprache geführet wird40, so erfoderte die Vorsicht, zuerst zu erwegen, ob die darin enthaltene Grundsäze Rücksicht verdienten und eine Abänderung an dem Organisations Plane nach sich ziehen könten, weswegen der churfürstliche Geheime Staatsreferendär Freiherr von Stengel über diese Vorstellung ein Gutachten gefertiget, und solches vortragen würde, damit Seine Churfürstliche Durchleucht nach ihren erleuchten Einsichten sodann diese Vorfrage entscheiden könten.

Hierauf verlaß benanter Freiherr von Stengel sothane Vorstellung und seinen Vortrag, sezte darin den Urgrund der aufgestellten Sätze sowie die ohngeeignete Anmaßung eines Land-Marschalls, ohne Authorisation der Landschafft aufzutretten, ausführlich auseinander, äüserte dabey seine Meynung, diese Vorstellung ohnbeanthworthet zu laßen, da sie in keiner Rücksicht an dem bereits genehmigten Plane eine Änderung mache, noch auch zu einer näheren umständlichen Deliberation geeignet seye, indeme gegen die verfüget werdende Aufhebung der Neuburgischen Hofcammer die dortige Stände mit Grund nichts einwenden könten und die Regierung alldort, nur mit einem beschränkteren Wirkungs-Creise, belaßen werde.

Nachdeme Seine Churfürstliche Durchleucht diesen Antrag gnädigst genehmiget, wurde zur Vornahm der von erwähnten beyden Referendarien gefertigten Instruction geschritten und solche dem von Stichaner zum Ableßen zugestellet, worin der Wirkungs-Creiß der sieben Deputationen bestimt, die Gränzen eines jeden festgesezet, die Art der Geschäffts-Einrichtung vorgezeiget und derselben ganze Behandlung vorgeschrieben sich befindet. Nach vollendeter Vorleßung dieser Instruction wurde ein Bericht des Oberst-Münz und- Bergmeisters Amt [vorgelegt], der eine ausführliche Beleuchtung der ganzen Bergwerks-Behandlung und die Bitte enthält, das Oberst Münz und Bergmeister Amt in seiner gegenwärtigen Eigenschafft zu belaßen, die Salinen Direction damit zu vereinigen und das {3r} Collegium mit mehreren Räthen zu vermehren. Da in der Organisation selbsten dieser geäüserte Wunsch des Oberst- Münz- und Bergmeistersamts, nur unter einer anderen Benennung erfüllet ist, so beruhet diese Sache.

Auf die hierauf von dem churfürstlichen Minister Freiherrn von Hompesch gestellte Umfrage an die versammelte Geheime Referendarien wurde dieser Instructions Entwurf einstimmig als vortreflich bearbeitet und ausgeführet angenohmen, von einigen jedoch folgende Bemerkungen gemacht:

»Würde es nöthig seyn, bey der Oeconomie-Comission im Kriegsweeßen beyzusetzen, daß sie sich in Gegenständen, die mit dem KriegsRathe oder der, an dessen Stelle gesezet werdenden Behörde ein Benehmen erforderen, in Communication mit derselben zu setzen. Daß die Examination der Ärzte, Wund-Ärzte und Hebammen [in der Oberen Pfalz] nicht hier, sondern durch die Polizey Deputation in Amberg besorget werde. Daß in Mauthsachen hinführo keine Appellation an das Revisorium mehr statthabe, und die lezte Instanz in Confiscationsfällen bey der Deputation, wo Sachen verhandlet werden, seyn solle. Daß in Justiz und Confiscationsfällen, wenn Paria entstehen, der Praesident oder Vice Praesident zur Deputation, wo solches sich ereichnet, gerufen werden und eine entscheidende Stimme haben solle. Daß die richterliche Aufträge von dem Revisorio per signata an die LandesDirection erlaßen werden sollen.«

Diese Erinnerungen sowohl als jene, welche der churfürstliche Geheime Staats und Conferenz Minister Freiherr von Monjellaz nacher machte, daß nemlich in der Instruction der ersten Députation beygesezet werden mögte nach Reichs und Creiß Sachen, insoferne sie derselben zur Bearbeitung übertragen werden, dann daß die Berichte der Députation wegen Gränz-Strittigkeitssachen an das Département der {3v} auswärtigen Geschäfften, dem die Oberaufsicht dieser Geschäffte anvertrauet wäre, zu übersenden [wären], wurden sämtlich bis auf den ersten, der noch zur Zeit beruhen könte, als paßend dem Entwurfe einzuverleiben beschloßen, und da Freiherr von Hompesch und Graff von Morawizky in der Hauptsache nun nichts mehr beyzusetzen fanden und lezter nur erinnerte, daß die auswärtige Regierungen auch noch bis auf weitere Verordnung die Kirchen-Deputations-Geschäffte fort zu besorgen hätten, so

genehmigten Seine Churfürstliche Durchleucht diesen nach angeführten Bemerkungen eingerichteten Instructions Entwurf für die General-Landes Direction vollkommen.

[2.] Fortsetzung des Hofrats-Prozesses gegen den flüchtigen v. Hillesheim. Restitution in seine früheren Ämter wird vorerst untersagt41.

Anmerkungen

39
Der Geschäftsverteilungsplan für die Generallandesdirektion (und die oberpfälzische Landesdirektion) trägt entsprechend das Datum des 23. April 1799; siehe Schimke, Regierungsakten, Nr. 62, S. 323-334 (Auszüge); Mayr, Sammlung, Bd. 1, Nr. II.15, S. 40-57.
40
Zur berechtigten Beschwerde darüber, daß die neue Generallandesdirektion auch die Verwaltung des Herzogtums Neuburg übernehmen sollte, ohne daß die Neuburger Landschaft deswegen konsultiert worden wäre, und zur Gestalt des Vorstehers der Landschaft, dem »Landmarschall« Bernard Freiherr von Hornstein, einem guten Bekannten von Montgelas, vgl. Weis, Montgelas, Bd. 2, S. 244-246.
41
Alois Friedrich Wilhelm von Hillesheim, als Zensurrat und Herausgeber des »Baierisch-Ökonomischen Hausvater[s]« 1779-1786 einer der wichtigsten Vertreter der »Volksaufklärung« im Kurfürstentum Bayern, war im Gefolge der Illuminatenkrise 1785 wegen angeblicher gotteslästerlicher Äußerungen zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Nach seiner Flucht 1796 wurde er von der neuen Administration begnadigt und erstritt die bemerkenswerte Summe von 24.000 fl. als Entschädigung. Vgl. Schaich, Staat, S. 36-38, 239f., 463; Schaich, Spanische Inquisition.