BayHStA MInn 158181 11 Seiten. Unterschriften der Minister Montgelas, Morawitzky, Hertling. Datum der Genehmigung durch den Kurfürsten: 3. Juli 1801.

Anwesend: Montgelas, Morawitzky, Hertling; [MA:] Krenner sen., Zentner, Bayard, [MF:] Krenner jun., Hartmann, Steiner, Schenk [MJ:] Löwenthal, Stengel, Stichaner, [MGeistl:] Branca.

1. Montgelas teilt mit, daß der Kurfürst die Anträge des Staatsrats vom 23. und 25. Juni 18012 „ohne Ausnahme“ genehmigt hat.

TOP 2-9: Regulierung von Kriegskosten bzw. -schäden

{1v} 2. Vortrag Schenk: Freiherr von Mayer hatte während der französischen Besetzung Münchens doppelte „Quartierslast[en]“ zu tragen, zudem war das topographische Büro des französischen Heeres bis nach dessen Abzug bei ihm einquartiert. Daher ergeht der vom Staatsrat bewilligte Antrag, dem Freiherrn „als eine Vergütung für die getragene monatliche Einquartierung des Bureau topographique 500 fl. aus der Hauptkasse zu bewilligen“3.

3. Vortrag Krenner: Das Gesuch des „Obersalineninspektors Pauer zu Reichenhall um Quartierkösten-Vergütung“ ist vor der Verbescheidung von der Kriegsdeputation dahingehend zu prüfen, „wer die bei dem Supplicanten einquartirte französische Individuen gewesen, wie lange, mit welchem Gefolge solche im Quartier geblieben, und welche Kösten dadurch sich ergeben“. Der Staatsrat folgt dem Antrag.

4. Zentner stellt zu einem Bericht der Landesdirektion der Oberpfalz „wegen den zur Fourage Lieferung der churfürstlichen Trouppen gelei{2r}steten Vorschüßen“ fest, daß das Militärökonomie-Departement zuständig ist. Beim Kurfürsten sei deswegen folgender Antrag zu stellen: Das Militärökonomie-Departement sei „aus den von besagter Landesdirektion angeführten Gründen, und zur Beibehaltung der Ordnung in den Kassen Rechnungen“ anzuweisen, die Forderung von den übrigen Umlagen („Concurrenzen“) zu trennen und den entsprechenden Betrag durch die Militärkasse nicht in bar, sondern „in Papieren“ einzunehmen. Der Staatsrat folgt dem Antrag.

5. Vortrag Krenner: Die Kriegsdeputation hat berichtet, daß die „Bräuschaft zu Straubing einen gemachten freiwilligen Kriegsbeitrag von 400 fl.“ zurückfordert. Der Kriegsdeputation ist mitzuteilen, daß „die Überschüße der freiwilligen Kontributionsbeiträge“ nächstens rückvergütet werden sollen, weshalb die „Bräuschaft zu Straubing [...] noch auf eine kurze Zeit zur Geduld zu {2v} verweisen seye“. Der Staatsrat folgt dem Antrag.

6. Vortrag Stichaner: Aus Anlaß einer von dem Müller in Morgenrothmühle gemachten Eingabe, „worin er um Entlassung seiner im alhiesigen Zuchthause sich befindenden Ehefrau bittet“, teilt Stichaner mit, „daß alle übrige Züchtlinge, die so wie die Frau des Müllers durch französische Kriegesgerichte zu gleicher Straffe verurtheilt worden, um Milderung ihres Schicksals und Entlassung flehten, und die Menge dieser Personen einige Rücksicht verdiene“. Der Gesandte Cetto in Paris, „dem die privat Verhältniße dieser Leute ohnehin bekannt“ sind, soll angewiesen werden, „sich für deren Erleichterung in Paris zu verwenden“. Der Staatsrat genehmigt den Antrag und beauftragt Stichaner, dem Ministerialdepartement der auswärtigen Angelegenheiten einen entsprechenden Reskriptsentwurf vorzulegen.

7. Branca zeigt an, {3r} daß die Kriegsdeputation den Wert des bis zum 20. Juni 1801 eingeschmolzenen Kirchensilbers mit 19.171 fl. 7 kr. ansetzt. Der Betrag wurde der Requisitionskasse überwiesen.

8. Vortrag Branca: Die Kriegsdeputation beantragt, „der Judenschaft in Sulzbach, in deren Synagoge sich 129 Loth Silber befinden, durch das dortige Landrichteramt insinuiren zu lassen, einen von ihr selbst zu bestimmenden, mit dem Synagogsilber verhältnißmäsigen Beitrag zu den Staatsbedürfnißen zu machen“. Sofern der Kurfürst „das Synagogssilber als ein Staats-Eigenthum“ betrachtet, soll die „Judenschaft selbst die Anzeigung der entbehrlichen Silberstücken“ leisten, um danach das weitere zu verfügen. Branca unterstützt den letztgenannten Vorschlag der Kriegsdeputation, der vom Staatsrat angenommen wird.

9. Branca trägt auf der Grundlage eines Berichts der Schuldeputation des Geistlichen Rates an, „die Einquartierungs- und Verpflegungskösten, welche das hiesige Seminar wehrend der Anwesenheit der französischen {3v} Trouppen in seinem Seminarhauße alhier mit 428 fl. 54 kr. bestritten, ausheben, und durch die local Umlage vergüten, respec. an dem dasselbe allenfalls noch treffenden Beitrag abziehen zu lassen; die übrigen Schäden und Kösten des Seminarii aber zur allgemeinen Umlage zu verweisen“. Der Staatsrat folgt dem Antrag.

Bestellung eines Meßners bei St. Stephan (München)

Vortrag Brancas über die Neubesetzung der Meßnerstelle bei St. Stephan. Nach einer einleitenden Stellenbeschreibung und der Besprechung der Delikte des Meßners, die zum Verlust der Stelle geführt haben, diskutiert Branca auf der Grundlage von Gutachten des Kollegiatstifts zu U. L. Frau und des Geistlichen Rats u.a. die Frage, wer den Nachfolger ernennen darf. Der Staatsrat folgt den Ausführungen Brancas; die Bestellung steht dem Kollegiatstift zu.

10. In einem ausführlichen Vortrage, den der churfürstliche geheime Referendär Herr von Branca wegen Besetzung der Meßnerstelle auf dem grossen Kirchhofe vor dem Sendlingerthor4 ausgearbeitet, und heute ablas, durchging derselbe die Entstehung dieses Dienstes, seine zeitherige Erträgnis, die Verbrechen, welche der zeitherige Meßner im Verständnisse mit seinem Weibe und Knechte begangen, und was sich sonst rücksichtlich der Bestraffung dieser drei Individuen, dann wegen Wiederbesetzung dieser Stelle ergeben.

Nachdem Referent hierauf die Erklärungen, welche das hiesige Collegiatstift in dieser Sache abgegeben, und das Gutachten des geistlichen Raths angeführet hatte, äuserte er auf folgende aus den gemachten Vortrage sich ergebende Fragen:

1.) Ist der zwischen dem Collegiatstifte zu U. L. Frau, dem Dechant von St. Peter und dem Magistrate über die Bestellung des Meßnerdienstes unterm 1. Dec. 1786 geschlossene Vertrag gültig?

2.) War der Magistrat befugt auf ei{4r}ne Permutation bei dieser Stelle zu erkennen?

3.) Wem stehet im vorliegenden Falle die Dienstbestellung zu?

4.) Sind zwei, oder nur ein Meßner, und mit welchem Gehalte aufzustellen?

5.) Wie soll es mit der Controlle, und mit der Dienst-Ordnung gehalten werden?

6.) Was soll über den abgehenden Mesner Mayer verfüget werden?

seine mit Gründen begleitete Anträge dahin:

Ad 1mum Halte er den befragten Vertrag, aus den von der Majorität des geistlichen Raths angeführten Gründen, allerdings rechtsgültig.

Ad 2dum Daß der Magistrat nicht befugt gewesen, die Permutation des Mesnerdienstes zu erkennen, dem rechtmäsigen Verleiher desselben einen neuen Mesner aufzudringen, oder ihn in gegenwärtigem Falle selbst zu setzen.

Ad 3.) Ergäbe sich schon aus des Referenten Beantwortung der ersten Frage, daß dem Collegiatstift zu U. L. Frau die Verleihung zustehen müsse.

Ad 4tum trätte er der Meinung des geistlichen Raths dergestalt bei, daß nur ein Mesner mit dem begutachteten Gehalt, doch nur mit 700 fl. an Geld aufzustellen wäre.

Ad 5tum glaube er, daß sämtliche, von dem geistlichen Rath vorgeschlagene Verfügungen in Betreff der neuen Dienstpflicht des Mesners, der Controlle, der Gratification für den Beneficiaten, Überlassung des Heues an die Todengräber, und überhaupt die Anträge des Magistrats {4v} wegen Schließung des Kirchhofes, und desselben besserer Organisirung unter Leitung des geistlichen Raths, benehmlich mit der General Landesdirektion, zu genehmigen wären.

Ad 6tum sähe er gar keine Verbindlichkeit ein, vermög welcher das Collegiatstift, oder die St. Stephanskirche, oder der Landesfürst, dem abgehenden Mesner Mayer und seiner Famille, Unterhalt geben müsse, sondern er halte dafür, daß Seine Churfürstliche Durchlaucht von oberster Schutzherrlichkeit wegen, den Mayer durch den Geistlichen Rath respec. die Kirchen-Verwaltung, seine Entlassung von der Mesnerstelle lediglich ertheilen lassen möchten. Nach hierüber gehaltener Umfrage

wurden sämtliche diese Anträge des Referenten in dem Staatsrathe genehmiget.

Sanierung der Kirche in Thann

Branca erörtert Finanzierungsmöglichkeiten, um die baufällige Kirche in Thann zu sanieren. Der Staatsrat stimmt den Anträgen mit Abstrichen zu.

11. Nach Vorlegung dessen, was unter der vorigen Regierung zu Herstellung der einzigen im Markte Thann5 befindlichen sehr baufälligen Kirche geschehen, setzte der churfürstliche geheime Referendär Herr von Branca in einem abgelesenen Vortrage auseinander, in wieweit dadurch die zum Kirchenbau erfoderliche Summe beigebracht worden, und wie der inzwischen erfolgte Einsturz des Kirchenthurms neue Hilfe nothwendig gemacht habe.

Referent schritt hierauf zur Vorlage {5r} jener Hilfsquellen, so die Kirchen-Cumulativ-Verwaltung des Gotteshauses Thann zu Erreichung dieses Zweckes angegeben, und der gutachtlichen Aeußerungen des hierüber vernommenen geistlichen Raths dann der General Landesdirektion, und machte durch mehrere Gründe, die er anführte, geleitet, folgende Anträge:

1.) Die vom Geistlichen Rath angenomme Summe pr. 13.000 fl. zum Maasstabe vorzuschreiben; zur Ergänzung des sich demnach noch ergebenden Deficits von 5.212 fl. 15 kr. wären

2.) die noch vorhandenen Ausstände streng beizutreiben; 500 fl.

3.) der Bierpfennig anzuwenden 3750 [fl.]

4.) die Decimatoren, und insbesondere der vorige Pfarrer zu Zimmern Högg auf die vorgeschlagene Art zur Concurrenz zu ziehen

5.) die ständischen Kirchen zu einem Don gratuit zu vermögen, und endlich

6.) der ganze 10jährige Betrag des Bierpfennings von den ständischen Kirchen vorschußweise zu erholen, und nach vorläufiger Repartition wieder zu vergüten.

Übrigens könnte 7.) die Sammlung bei allen gerichtlichen Gotteshäusern noch in Subsidium auf die in dem Berichte des geistlichen Raths vom 10ten Februar 1800 vorgeschlagene Art bewilliget, aber auf selbe als ein sehr ungewißes Hilfsmittel kein bestimmter Antrag gemacht werden.

Des Referenten Anträge wurden nach gehaltener {5v} Umfrage mit der Abänderung genehmigt, daß von den zu diesem Kirchenbau vorgeschlagenen Mitteln, jenes des Bierpfennings nicht in Anwendung gebracht und damit die übrigen hinreichen, die Erbauung eines Thurms bei der Kirche untersagt werden solle.

Staatsfinanzen

Ausarbeitung Schenks über die Stellungnahme der Söhne des Finanzmannes Seeligmann zu den Bedingungen, unter welchen sie die Drei-Millionen-Gulden-Anleihe für das Kurfürstentum übernehmen wollen. Der Staatsrat beschließt, dem Kurfürsten die Ausarbeitung vorzulegen und ihn vor dem Vorschlag Seeligmanns zu warnen. Der Kurfürst schreibt eine besondere Vorgehensweise vor.

12. Churfürstlicher geheimer Finanz Referendär Herr von Schenk las eine von ihme verfaßte Registratur über jene Aeußerungen ab, welche die Söhne des Hofagenten Seeligmann auf die ihnen in Antwort eines Schreibens von ihrem Vater d. d. Wißbaden den 23ten vorigen Monats geschehene Erklärung, daß die bergopzoomer Gelder mit dem zu unterhandlenden Anlehen nicht vermischt werden könnten6, rücksichtlich der Bedingungen unter welchen auch sie das Anlehen von 3 Millionen übernehmen wollten, abgegeben.

Referent begleitete diese Registratur mit einigen Erläuterungen über die wegen diesem Anlehen schon getroffene Einleitung, und unterlegte der Entscheidung des Staatsraths, was derselbe hierauf verfügen wolle.

Nach gehaltener Umfrage wurde

in dem Staatsrathe beschlossen, diese Registratur und die wegen den {6r} schon getrofenen Einleitungen eintrettende Verhältniße Seiner Churfürstlichen Durchlaucht in der nächsten Staats-Conferenz gehorsamst vorzulegen7, wobei aber der Staatsrath sich vorbehielt, wenn Seine Churfürstliche Durchlaucht bei der Lage der Umständen dennoch geneigt sein solten, dem Seeligmann bei gleichen Bedingnißen den Vorzug zu geben, Höchstdenenselben die hiegegen eintrettende rechtliche Gründe und Rücksichten in einem schriftlichen Vortrag schuldigst auseinander zu setzen.

Kurfürstliche Entschließung dazu (13. Juli 1801):

{10v} Nach den lezten Bedingungen des Seeligmann, welche er mir mündlich dahin überbrachte, daß er das Anlehen der zwey Millionen cum obligo in 6 Monathen um ½ Percent an der Provißion wohlfeiler übernehmen wolle, als mit dem Westheimer bedungen worden, solle das eröffnet werdende Anlehen denen beyden Concurrenten dergestallten übertragen werden, daß der Contract hierüber mit beyden Seeligmann und Westheimer abgeschloßen und beede darin genennet werden, {11r} auf den Falle, daß Seeligmann sich weigern würde, auf diese Art den Contract eintzugehen; so solle solcher für den Westheimer ausgefertiget werden, in so ferne er die von dem Seeligmann angebottene Minderung der Provißion von ½ Percent ebenfalls annimt.

TOP 13-16: Staatsdienerbesoldung

Die Bezüge des Pflegers zu Weilheim werden verringert, die des Landrichters hingegen erhöht. Auch wird die Vielfalt der Bezüge vereinheitlicht.

{6r} 13. Der churfürstliche geheime Finanz-Referendär Herr von Krenner legte die Verhältniße vor, welche bei dem churfürstlichen Pflegamte Weilheim rücksichtlich des Hauptpflegers und des dienenden Landrichters obwalten, und zeigte dadurch, daß der ehemalige Hauptpfleger Graf von Salern8 sich eigenmächtig und ohne landesfürstlicher Ratification ein jährliches Absent von 600 fl. bedungen, und der Landrichter nach der Fassion de anno 1786 nur 1251 fl. 26 kr., oder nach der Amts-Nutzungsrechnung vom Jahre 1786 gar nur 808 fl. 55 kr. zu seinen und der Seinigen Unterhalt behalten habe.

Zu Abstellung dieser Ungleichheit machte Referent den Antrag: erwehnten Grafen von Salern für die Zukunft mehr {6v} nicht als eine Pflegs-Pension von 400 fl. bei dem Hofzahlamte anzuweisen, und dem Landrichter eine neue dem Umfang seines Amtes angemessene ständige Besoldung von jährlichen 1.200 fl. nebst 24 Schäffeln Haber und 36 Klafter Holz auszuwerfen, wogegen aber alle vorige Geld- und Natural-Besoldungen ex Aerario aufhören, dann die Geld- und Natural-Abgaben der Unterthanen, samt allen, wie immer Namen habende Taxen, Sporteln, Kirchenrechnungs- Steuer- und Aufschlag-Deputate (mit alleiniger Ausnahme der Reise-Diaeten) dem Aerario verrechnet werden solten.

Dieser Antrag wurde genehmiget.

14. Krenner trägt das Gesuch des „ehemaligen geheime[n] Rath und Bücher Censur Collegii Director [Franz Xaver] Freiherr von Schneider“9 um Pensionsvermehrung vor. Mit Zustimmung des Ministerialfinanzdepartements beantragt Krenner, ihm eine Pensionszulage von 400 fl. zu gewähren, „da er[,] ohne ihn einem Rechts- und Urtheilsspruch unterworfen zu haben, mit einer seinem vorigen Gehalte nicht verhältnismäßigen Pension entlassen worden, und da kein Veranlaß bekannt seye, aus welchem er dem Strafgerichte zum Ausspruch der Cassation und Verlust eines convenablen Unterhalts über{7r}geben werden könnte“. Nach gehaltener Umfrage verwirft der Staatsrat den Antrag Krenners und weist das Gesuch Schneiders zurück10.

15. Vortrag Schenk11: Die Bitte des vormaligen Rhein-Zoll-Kontrolleurs [Heinrich] Schweizer um Auszahlung seines Gehaltsguthabens wird als unbegründet zurückgewiesen. Aufgrund der großen Bedürftigkeit Schweizers beantragt Schenk aber, „daß ihm für die Zeit seines Rückstandes, wehrend welcher der Rheinzoll von den churfürstlichen Behörden wieder administriert wurde, zu den bereits hier empfangenen 550 fl. noch 650 fl. aus der gülich- und bergischen Landrentmeisterkasse ein für allemal nach Kasse Möglichkeit ausbezahlt“ werden sollen; weitere Pensionsgesuche sind abzuweisen. Der Staatsrat folgt dem Antrag.

Vortrag Stichaner: Obwohl sich das Ansuchen der Hofrats-Sekretäre, ihnen für Kommissionen im Bereich der Stadt und des Burgfriedens weiterhin Vergütungen zu gewähren, auf einen zustimmenden Kabinettsbefehl des Kurfürsten stützen kann, rät Stichaner, bei dem neu eingeführten Vergütungssystem zu bleiben. Der Staatsrat folgt dem Antrag des Referendärs. Der Kurfürst akzeptiert den Antrag, gewährt den Hofratssekretären jedoch eine besondere Gratifikation.

16. Auf eine Vorstellung, welche die Hofraths-Sekretarien um fernere Belassung der {7v} Deputaten bei den Commissionen in der Stadt und dem Burgfrieden übergeben12, und worauf Seine Churfürstliche Durchlaucht einen Cabinetsbefehl des Inhalts erlassen haben: wie Höchstsie glauben, daß den Hofraths-Sekretarien einiger Lohn für die Obsignations- Referrations- Inventurs und Licitations-Arbeiten mit aller Billigkeit zugestanden werden könne, äuserte der churfürstliche geheime Referendär Herr von Stichaner, nachdem er die Ursachen, welche diese Sportel-Aufhebung veranlaßet, angeführt hatte, sich dahin: daß da diese Bewilligung dem angenommenen Sisteme zu widerlaufe, der Grund, aus welchen bei Commissionen über Land Diaeten gestattet werden, in der Stadt und im Burgfrieden ganz hinweg falle, ein Sportelbezug immer den andern zur Folge habe, die Hofraths-Sekretarien sich über zu geringe Besoldung am wenigsten beschweren können, da ferner die Bewilligung für die Sekretarien auch die nämliche Bewilligung für die Räthe und Kanzelisten nach sich ziehen würde, da dem Beispiel des Hofraths bald auch die andern Collegien folgen würden, und da endlich selbst die Bestimmung, wo es die Vermögensumstände gestatten, wiederum vieler Willkür ausgesetzet seyn würde, so glaube das Ministerial Justiz-Departement, daß diese Umstände Seiner Churfürstlichen Durchlaucht vorzustellen, und auf die Beibehaltung der über den Sportel- und Deputaten-Bezug des Justiz-Personals angenommene Grundsätze anzutragen wäre.

Dieser Antrag, den der {8r} Staatsrath genehmigte, solle Seiner Churfürstlichen Durchlaucht zur Bestättigung gehorsamst vorgelegt, und dabei der höchsten Entscheidung untergeben werden, ob zu einiger Beruhigung der Bittsteller nicht der Beisatz gemacht werden wolle, daß Seine Churfürstliche Durchlaucht bei eintrettenden besßeren Kasseumständen auf die Gehalts-Verbesserung des bei den Justizstellen dienenden Personals bedacht seyn würden.

Kurfürstliche Entschließung dazu (3. Juli 1801): {11r} „Bey Nr. 16 genehmige ich den angetragenen Grundsaz wegen den Taxen, verordne aber, daß statt der vorgeschlagenen Zusicherung auf Besoldungs Vermehrung, denen Hofraths Secretarien, so mit vielen derley Arbeiten beschäfftiget sind, aus den Taxen, welche hievon etwa erhoben und ad Aerarium verrrechnet werden, eine verhältnüßmäßige von dem Hofraths Directorio zu begutachtende Gratification bewilliget werde.“

Verteilung der Gemeindewälder

Vortrag Stichaner: Die von den Kammern der Städte und Märkte verwalteten Gemeindewaldungen und öden Gründe sollen, eine Verordnung aus dem Jahr 1793 ergänzend, unter die Gemeindemitglieder verteilt werden dürfen. Der Staatsrat folgt dem Antrag.

17. Zur Hebung der bei Städten und Märkten schon öfter sich ergebenen Streiten und Anständen, ob die Gemeinde Waldungen und öden Gründe, so bisher von den Stadt- und Marktkammern verwaltet worden, unter die Gemeindsglieder vertheilet werden können13, trug der churfürstliche geheime Referendär Herr von Stichaner in einem erstatteten Vortrag an; den deswegen bei der Verordnung vom 3. Mai 1793 sich befindenden Beisatz, wovon er die Gründe welche solchen veranlaßt haben können anführte und zergliederte, dahin zu erläutern: daß auch Stadt- und Markt- Kammer-Waldungen, und öde Gründe, wenn die übrige gesetzliche Erfoderniße einträten, und mit Beobachtung der über die Art der Vertheilung verordneten Vorschriften unter die Gemeindeglieder abgetheilt werden dürften, soferne nur für den Zweck, {8v} wofür solche Waldungen, oder Gründe bisher bestimmt waren, auf andere Art genugsam gesorgt, für die Baunothdurft das Natural Bedürnis mandatmäsig reservirt, und die allenfalls darauf liegende Hipotheken gesichert würden.

Dieser Antrag wurde genehmiget, doch solle bei der Stelle: Stadt- und Markt-Kammerwaldungen beigesetzt werden: die bisher sogenannten.

Annahme im Ausland verliehener Würden

Stichaner trägt an, die vom Kaiser ausgesprochene Nobilitierung des kurpfälzischen Kommerzienrates Johann Leopold Bresselau durch das Regierungs- und Intelligenzblatt bekannt machen zu lassen. Der Staatsrat verwirft den Antrag und regt ein Gesetz an, das die Annahme ausländischer Würden und Titel untersagt.

18. Churfürstlicher geheimer Referendär Herr v. Stichaner erstattete über das Gesuch des Commercienraths [Johann Leopold] Breßelau um Ausschreibung des von dem k. k. Hofe mit der Benennung Breßelau von Bressersdorf14 [!] erhaltenen Reichsadels-Diploms, schriftlichen Vortrag, worin er die Zweifel anführte, so die hierüber vernommene General Landesdirektion gegen diese Ausschreibung in alhiesigen Landen aufgestellet, und nachdem er solchen begegnet, den Antrag machte: die Ausschreibung der Standeserhebung des Commercienraths Bresselau von Bressersdorf gegen Bezahlung der sonst gewöhnlichen Taxen zum Expeditionsamte durch das Regierungs- und Intelligenz-Blat verfügen zu lassen.

Auf gehaltene Umfrage wurde dieser Antrag nicht angenommen, sondern beschlossen: das Gesuch des tit. Bresselau beruhen zu lassen, zugleich aber Seiner Churfürstlichen Durchlaucht den unterthä{9r}nigsten Vorschlag zu machen, durch ein neues zu erlassendes Gesetz zu verordnen, daß kein Staats-Diener oder Landes-Unterthan, ohne zuvor erhaltene landesherrliche Bewilligung, eine fremde Würde, Titel oder Decoration nachsuchen oder benutzen solle15.

Holzabgaben im Herzogtum Berg

Schenk legt einen Reskriptsentwurf zur künftigen Ausgestaltung der Holzabgaben im Herzogtum Berg vor. Die Holzbezüge mehrerer Staatsdiener werden einstweilen schon modifiziert.

19. Wegen dem Zustande der bergischen Cameralforsten, der rücksichtlich ihrer Abwürdigung die genaueste Sparsamkeit in den Holzabgaben nothwendig machet, so, wie wegen künftiger Einrichtung dieser Holzabgaben, legte der churfürstliche geheime Finanz-Referendär Herr von Schenk einen Rescripts- Entwurf an das gülich- und bergische Oberst-Forst und Jagd-Amt vor, worin vorbehalten wird, die in den angeführten Rücksichten erfoderliche nähere Verfügungen wegen künftigen Organisations Statu der Holzabgaben zu treffen, inzwischen aber die von dem Hofkammer-Präsidenten Freiherrn von Bentinck16 seit 1792 als Gehalts-Zulage bezogene 12 Maaß Holz, die nicht bestallungsgemäß zu seinem Gehalte gehören, in Zukunft ad Aerarium einzuziehen, und die von dem geheimen Rath von Neorberg17 und Hofkammerrath v. Franzen18 nach ihrer Bestallung bezogenen respec. 18 und 23 Maaß Holz nicht mehr in natura abzuliefern, sondern nach einem dem Orte des Bezuges angemessenen Mittelpreis bis zu gedachter Organisation in Geld vergüten zu lassen.

{9v} Dieser Rescripts-Entwurf erhielt die Genehmigung.

Ablehnung einer Ernennung zum Hofrat

20. Vortrag Bayard: Cajetan Stürzer, Sekretär des Hausritterordens vom Hl. Georg, hat um „Ertheilung des Hofraths-Caracters“ angetragen. Da bei Stürzers Vorgängern ebenso verfahren wurde und das Ministerialjustizdepartement keine Bedenken hat, unterstützt das Ministerialdepartement der auswärtigen Angelegenheiten das Gesuch. „Nach hierüber gehaltener Umfrage“ beschließt der Staatsrat, beim Kurfürsten nur um „Verleihung des Raths-Caracters“ anzutragen, „da die Verleihung eines Hofraths-Caracters oder eines der übrigen Landes-Collegien dem von Seiner Churfürstlichen Durchlaucht angenommenen Sisteme zu wider laufe“.

Kurfürstliche Entschließung dazu (3. Juli 1801): {11r} „Bey Nr. 20 verordne ich, daß tit. Stürzer mit seinem Gesuche, welches gegen den von mir sanctionirten Grundsaz, den ich genau beobachtet wißen will, läüft, abgewießen werden solle.“

Unterscheidung von Staatsdienern anhand der Uniform

21. Vortrag Bayard: Anlaß ist eine Beschwerde des „Expeditor[s] und Registrator[s]“ des Ministerialdepartements der auswärtigen Angelegenheiten über die Kanzlisten des Departements, {10r} weil diese ihnen nicht zukommende „Unterscheidungszeichen“ an den Uniformen trügen. Bayard legt einen Verordnungsentwurf vor, „wodurch die genaue Beobachtung der erlassenen Vorschriften in Tragung der Uniformen anbefohlen, und die dagegen Handlende mit einer Geldstraffe zum Armenfond bedrohet, auch denen Ministerial Chefs und Präsidenten die genaue Einhaltung dieser Verfügung aufgetragen wird“. Der Staatsrat genehmigt den Entwurf in der Form, „daß die Stelle wegen einer Geldstraffe darin ausgelassen, und dagegen die Chefs der Departements und Präsidenten zu strenger Nachsicht auf Beobachtung dieser Verordnung bei ihren Untergebenen angewiesen werden sollen“.

Kurfürstliche Entschließung dazu (3. Juli 1801): {11r} „Bey Nr. 21 genehmige ich den Antrag des Staats Rathes und verordne, daß die Tragung der Säbel bey der Civil Uniforme bey schärfester Ahndung wiederhohlt untersaget, und demjenigen, der sich damit betretten laßen würde, die Tragung der Uniforme von seinem Chef auf einige Zeit, ohne weiters, verbotten werden solle.“

Feiertagsschule

Vortrag Branca: Da das Gebäude, in dem die Feiertagsschule untergebracht ist, baufällig ist, wird dem Hofrat Lindhammer die Räumung seiner Wohnung befohlen, damit die Schule dorthin verlegt werden kann.

22. Auf eine Vorstellung des [Franz] Xaver Kefer öffentlichen Lehrer der bürgerlichen Feiertagsschule wegen dem üblen Zustande des Schulhauses19, schilderte der churfürstliche geheime Referendär Herr von Branca die Baufälligkeit dieses für die Feiertagsschule gewidmeten Gebäudes, die den Lehrer, seiner Famille und allen Schülern fast in jedem Augenblicke den Untergang drohet, und schlug vor: zu Erhaltung eines für die Bürger und des gesamten Vaterlandes so wohlthätiges Institut an Seine Churfürstliche Durchlaucht den Antrag zu machen, dem Hofrath [Joseph] Lindhamer20 den Befehl {10v} zugehen zu lassen, nach den bereits erhaltenen Weisungen in der möglichst kürzesten Zeitfrist, die Zimmer nebst der Küche im ersten Stockwerk des ihme überlassenen Schönfärberhauses zu räumen, und seine darin befindliche botanische Requisiten und Medicamenten in ein anderes Gebäude zu verlegen.

Dieser Antrag wurde genehmigt, und solle solcher Seiner Churfürstlichen Durchlaucht vorgetragen und dabei die Dringenheit des Gegenstandes vorgestellet werden; in dem Antrage selbst sind aber auch die Vorschläge einzurücken, wo des tit. Landhammers Magazin sonst untergebracht werden könne.

Vorlage der „Entschliessungen“ beim Kurfürsten und Genehmigung.

Anmerkungen

1
Das Protokoll vom 1. Juli 1801 liegt nicht in der chronologischen Reihe des Jahres 1801 in BayHStA StR 381. Nach einem Vermerk auf dem Umschlag von Protokoll Nr. 96 war es, wohl noch zur Zeit Montgelas’, an den Registrator Lampel abgegeben worden: „Das Protocoll vom 1. July wurde dem Herrn Oberregistrator von Lampl abgegeben.“
2
Vgl. Nr. 93 (Staatsrat vom 23. Juni 1801) bzw. Nr. 94 (Staatsrat vom 25. Juni 1801).
3
Zum Fortgang: Protokolle Bd. 1, Nr. 103 (Staatsrat v. 6. August 1801), TOP 6).
4
Heute: Friedhofskirche St. Stephan, Thalkirchnerstraße 15 (München).
5
Markt Tann (Kreis Rottal-Inn, Regierungsbezirk Niederbayern).
6
Zur Vorgeschichte vgl. Nr. 91 (Staatsrat vom 17. Juni 1801), TOP 5); Nr. 92 (Staatskonferenz v. 19. Juni 1801), TOP 1). Vgl. Ullmann, Staatsschulden, Tl. 1, S. 98f.
7
Ausweislich des Protokolls Nr. 96 (Staatskonferenz v. 3. Juli 1801) wurde zu diesem Thema kein gesonderter Beschluß mehr gefaßt.
8
Joseph Ferdinand Graf von Salern, 1742 Kammerherr, 1773 wirklicher Geheimer Rat. Generalfeld- und Oberstlandzeugmeister, Generalfeldmarschall-Leutnant, Mitglied der kurbayerischen Akademie der Wissenschaften, 1790 Pfleger zu Weilheim. Salern starb 1805. Vgl. Gigl, Zentralbehörden, S. 77 Nr. 41; Dienerbuch s. v. ‚Salern, Joseph Ferdinand Graf von’.
9
Zu Schneider s. oben S. 94 Anm. 50.
10
Krenners Antrag, Schneider eine Pensionszulage von 400 fl. zu gewähren, resultierte aus Berechnungen und Überlegungen, die in der Sitzung des Ministerialfinanzdepartements vom 20. Juni 1801 vorgetragen worden waren. Schneider, so wurde argumentiert, bezöge seit 1799 eine Pension von 800 fl., die im Verhältnis zu seinen vorherigen Dienststellungen – u.a. als langjähriger Direktor „eines ordentlichen Collegii“ – zu gering sei. Auch gab das Finanzdepartement zu bedenken, „daß man mit Einziehung der Besoldungen ohne einem Recht- und Urtheils Spruche äusserst behutsam gehen solle“, darin einer Meinung mit dem „ganze[n] hohe[n] Staatsrath“. Vortrag v. 20. Juni 1801, BayHStA MInn 15818; in der Akte weiteres Material zur Personalsache Schneider (vgl. oben Nr. 12 [Staatskonferenz v. 25. Mai 1799], TOP 16).
11
Vgl. Nr. 9 (Staatskonferenz vom 9. Mai 1799), TOP 6).
12
Gemäß Mandat vom 25. Juni 1799 (MGS [N.F.] Bd. 1, Nr. II.25, S. 69-71) bezog jeder der sieben Hofratssekretäre neben einer bereits bewilligten Getreidezulage eine Besoldung von 800 fl. (S. 69, Art. 1). Daneben galt für das gesamte Personal des Hofrats, daß „alle andere Emolumente, oder Nebengenuß, von welcher Art solche seyn mögen [...] von nun an gänzlich hinwegfallen, und aufhören“ sollten (S. 71, Art. 11).
13
Die VO vom 3. Mai 1793 (MGS Bd. 5, Nr. V.97, S. 269f., hier zit. Art. 6, S. 270) regelte die „Vertheilung der Gemeindswaldungen“. Im Hinblick auf Städte und Märkte war zu prüfen, „ob der abzutheilende Wald ein Eigenthum der städtisch- oder märktischen Gemeinde, oder nur ein Stadt- und Marktkammerwald sey, als in welch leztern Fall die nie statt habende Vertheilung gleich auf der Stelle abzuschlagen kommt“.
14
Der kurpfälzische Kommerzienrat Johann Leopold Bresselau von Bressensdorf (!) war am 25. November 1800 in Wien in den Adelsstand erhoben worden (v. Frank, Standeserhebungen Bd. 1, S. 127).
15
Die vorliegend formulierte Vorschrift wurde in der VO v. 21. August 1801 (MGS [N. F. ] Bd. 2, Nr. II.82, S. 93) in Geltung gesetzt.
16
Maximilian Freiherr v. Bentinck wirkte seit 1791 als Präsident der Hofkammer der Herzogtümer Jülich und Berg (HStK 1800, S. 317).
17
Karl v. Neorberg, 1772-1774 publizistisch tätig, 1785 jülich-bergischer Hofrat, wirkte von 1779 bis 1802 als Generalpolizei-Kommissär in Düsseldorf (ebd., S. 22, 308; Sgard (Hg.), Dictionnaire, S. 743f. s. v. ‚Neorberg, Karl von’ [Jörg Kreutz]).
18
Gottfried Freiherr v. Franz, seit 1781 Hofkammerat (HStK 1800, S. 318).
19
Die von Franz Xaver Kefer (gest. 1802), vormaligem Lehrer an der Militärakademie, 1793 gegründete Feiertagsschule war seit 1795 in der Nähe des Angertors untergebracht. Vgl. Gebele, Schulwesen, S. 133-140; Chronik der Stadt München, Bd. 3, S. 426 u.ö.
20
Der Hofrat Joseph Lindhammer wirkte als Vorstand des Militärarznei-Magazins (HStK 1802, S. 69).