BayHStA Staatsrat 382 11 Seiten.

Datum der Genehmigung durch den Kurfürsten: 14. Mai 1802.

Anwesend: Montgelas, Morawitzky, Hertling; [MA:] Krenner sen., Zentner, Bayard, [MF:] Krenner jun., Hartmann, Steiner, Schenk, [MJ:] Löwenthal, Stengel, [MGeistl:] Branca.

1. Montgelas teilt die Entschließungen des Kurfürsten auf die Anträge des Staatsrats vom 5. Mai 1802 mit.

Finanzverhandlungen mit der Landschaftsverordnung

Verhandlungen mit der bayerischen Landschaftsverordnung wegen eines Staatsanlehens und einer auf das »Schulden Abledigungswerk« zu überwälzenden Schuld von 2 Mio. Gulden.

2. Herr geheimer Finanz-Referendär von Krenner äuserte in einem über die {2v} diesjährige Postulatshandlung mit der baierischen Landschafts-Verordnung gemachten mündlichen Vortrag, wie es nöthig seye, zu Aufklärung des von der Landschafts-Verordnung auf das an sie den 4. März dieses Jahrs erlassene Postulats-Reskript erstatteten Bericht200 (dessen Beantwortung die heutige Deliberation zum Gegenstand habe) dem Staatsrathe die ausführlich gefertigte Erörterung der Eigenschaft des auf das gemeinsame Schulden-Abledigungswerk zu überlegenden Anlehens-Kapital von zwei Millionen Gulden vorzulegen, und dem Haupt-Vortrage vorgehen zu lassen.

In dessen Folge Herr von Krenner diese schriftliche Erörterung mit seinen Unter-Abtheilungen

1.) Über die Nothwendigkeit, ein Staatsanlehen eröfnet zu haben, und 2.) die Eigenschaft der auf das Schulden Abledigungswerk zu legenden Schuld von zwei Millionen ablas, und dann zu Ablesung des landschaftlichen Berichts vom 22. März d. J. und der hierauf zu ertheilenden Antwort Punkt für Punkt schritt.

Nach hierüber gehaltener Umfrage wurde der abgelesene Reskripts-Entwurf {3r} an die Landschafts-Verordnung und die ebenfalls abgelesene Erörterung nach seinem ganzen Inhalt genehmiget201, nur solle am Schluße des Reskripts statt jener Stelle, der auch gegen Unseren Staatsrath entfallen ist, gesetzet werden: welche ihr gegen Unsern Staatsrath gewaget habt 202.

Staatsbudget des Herzogtums Berg

Vortrag Schenks über den defizitären Staatshaushalt des Herzogtums Berg im Jahr 1802. Der Beitrag des Herzogtums zu den Militärausgaben wird festgelegt. Die Pensionen der »niederländischen Pensionisten« sollen einstweilen vom Hofkriegszahlamt getragen werden.

3. Herr geheimer Finanz-Referendär von Schenk legte dem Staatsrathe das Budget vor, welches über die Einnahmen und Ausgaben des Herzogthums Berg für das laufende Jahr, so genau als es nach den hier vorhandenen Acten möglich war, hergestellt worden, und zeigte dadurch, daß die Ausgaben der Pfennigmeister und Landrentmeistereikassen sich auf 398.448 Reichsthaler 20 Stüber und die Einnahmen derselben auf 379.554 Reichsthaler belaufen, sohin letztere von ersterer abgezogen, ein Deficit von 18.894 Reichsthalern 20 Stüber bleibe, welches aus mehreren angeführten Bemerkungen nicht einmal als vollständig angesehen werden könne, sondern bei der wirklichen Rechnungs-Ablage zu Ende dieses Jahres noch höher {3v} sich belaufen werde.

In seinem Vortrage, welchen Herr geheimer Referendär von Schenk mit diesem Budget in Verbindung setzte, wiederholte derselbe den im Namen des auswärtigen Ministerial Dapartements schon gemachten und noch unerledigten Antrag, den Beitrag des Herzogthums Berg zu den Militärbedürfnissen, aus den angeführten Gründen und vorgelegten Billig- und Nothwendigkeit auf die den 19. Juny vorigen Jahrs schon angenommene, nachher den 25. Septembr. desselben Jahres aber wieder vermehrte Summe von monatlichen 15.000 fl. zu bestimmen, und äuserte auf die inzwischen an das auswärtige Ministerial Departement gekommene höchste Cabinets-Ordre vom 15. vorigen Monats wegen den niederländischen Pensionisten, daß das erwehnte Departement noch nicht wisse, ob eine solche Verminderung der niederländischen Militär Ausgaben seitdem verfüget worden, daß diese Pensionen, die jährlich die Summe von 9.984 fl. ausmachen, von dem Averso der monatlichen 15.000 fl., welches bis itzt noch immer überschritten worden, bestimmt werden könnten.

Wenn dieses nicht geschehe, so müsse das auswärtige Ministerial Departe{4r}ment bei der Lage der bergischen Kassen, und bei dem üblen Eindrucke, welches eine Vermehrung der Militär Ausgaben auf alle mit den Ständen zu berathende Verbesserungen in der Landesadministration machen würde, den Antrag stellen:

Daß diese Pensionen, so lange noch bei dem hiesigen Hofkriegszahlamt fortbezahlt werden, bis entweder in anderen Zweigen der Ausgaben des niederländischen Militärs eine verhältnißmäsige gleiche Ersparnis bewirkt seye, oder bis sich die Kräfte der niederländischen Steuerkasse in dem Grade erholt haben, daß sie eine solche Neben-Aufbürdung ertragen können.

Das Bodget des Herzogthums Berg, und die damit in Verbindung gesetzte Anträge, welche von dem Staatsrathe nach gehaltener Umfrage genehmiget wurden, sollen Seiner Churfürstlichen Durchlaucht zur höchsten Entscheidung gehorsamst vorgeleget werden.

Kurfürstliche Entschließung dazu (14. Mai 1802): Genehmigung des Staatshaushalts des Herzogtums Berg mit der Maßgabe, äußerste Sparsamkeit walten zu lassen. Gleichzeitig soll mit der Neuorganisation des Staatsapparates begonnen und vor allem ein Pensionsreglement ausgearbeitet werden. Ferner sind die Verhandlungsgegenstände für den »ehestens einzuberufenden« Landtag festzulegen.

{6v} Das mir durch No 3 vorgelegte Bodget des Herzogthums Berg für das laufende Jahr genehmige ich, und erwarte, daß das hiebey sich zeigende Deficit von 18.894 Reichsthalern 20 Stüber durch die äüßerste Ersparnüß in den Current Ausgaaben in so lange wird gedeket werden, bis das Franckfurther Anlehen auf dem ordentlichen Weege des Postulats bey dem bergischen Landtage übernohmen und getilget seyn wird.

Auf die, mit diesem Bodget in Verbindung gesezte zwey Anträge werde ich meine Entschließungen dem Staatsrathe ehestens bekant machen, und verordne inzwischen, daß die Organnisation des Herzogthums Berg nun ohne Verzug eingeleitet und zur definitiven Entscheidung vorbereitet, sohin zu diesem Zwecke dann gründlicher Bearbeitung dieses Geschäftes der außerordentliche Commißär Freiherr von Hompesch alsogleich anhero berufen und ihme freygestellet werde, einen jener {7r} Räthe, die sein vorzügliches Vertrauen genießen, mitzubringen und ihn hiebey zu gebrauchen; bey dieser vorbereitet werdenden Organnisation solle die Bestimmung und der Bestand der Pensionen der Quiescenten, so wie ein Pensions Reglement überhaupt bearbeitet, auch in Berathung gezogen werden, welche Gegenstände und Vorschläge dem ehestens einzuberufenden Landtage im Herzogthume Berg vorzulegen wären.

Steuerwesen

Auf Antrag Krenners wird eine Kommission aus Mitgliedern der Generallandesdirektion eingerichtet, welche die »Steuer-Peraequation« auf der Grundlage eines Berichts der Landschaftsverordnung vorbereiten soll.

4. Herr geheimer Finanz-Referendär von Krenner eröfnete dem Staatsrathe, daß die Landschafts-Verordnung den ihr den 4. Novembr. v. J. wegen der Manipulation {4v} bei der Steuerbelegung ertheilten Auftrag vollzogen und eine detaillirte Darstellung über die praktische Anwendung der Steuerbelegungs-Norma mittels Berichts vom 9. März dieses Jahres eingesendet habe, sohin es nunmehr nöthig seye zu bestimmen, ob diese Darstellung der General Landesdirektion oder nur einem aus ihrer Mitte zu ernennenden Comité mitgetheilt und über die Ausführung der vorzunehmenden Steuer-Peraequation nach gewissen ihr zu eröfnenden Grundsätzen, wie es in Neuburg geschiehet, in berichtlichen Gutachten vernommen werden, oder ob demselben überlassen bleiben solle, mit Anwendung der sowol im Auslande, als in den churfürstlichen Staaten wegen der Peraequation erschienenen Schriften (die auf churfürstliche Kösten anzuschaffen wären) den vorliegenden Gegenstand nach seiner eigenen Ansicht beurtheilen, und ihr zur Ausführung vorzuarbeiten, sohin das Resultat hievon in einem zu fassenden Gutachten der höchsten Stelle vorzulegen.

Herr von Krenner äuserte, daß er für die letzte Art stimme, und hiezu ein Comité in Vorschlag bringe, welches aus folgenden Gliedern bestehen solle:

{5r} dem General Landesdirektions-Präsidenten Freiherrn von Weichs, dann den General Landesdirektionsräthen Philipp Grafen von Arco, von Neumayer und Freiherrn von Stengel.

Über diese Anfrage des Herrn geheimen Finanz-Referendärs von Krenner wurde in dem Staatsrathe Umfrage gehalten, und dessen Anträge wegen Ernennung eines Comité aus den vorgeschlagenen Gliedern und der Vernehmungsart genehmiget.

Die dem Haus Thurn und Taxis 1790 verliehene Edelmannsfreiheit bleibt bestehen.

5. Herr geheimer Rath von Krenner legte dem Staatsrathe die Verhältnisse vor, welche nach einem eingekommenen Bericht der General Landesdirektion und diesem beigefügten Vortrage bei der dem Grafen von Thurn und Taxis im Jahre 1790 verliehenen Edelmannsfreiheit eintretten, und äuserte im Namen des Ministerial Departement der auswärtigen Angelegenheiten, wie er aus den vorliegenden Gründen einverstanden mit dem Gutachten der General Landesdirektion dahin antragen müsse, daß die erwehnt, Graf Taxische Edelmannsfreiheit nicht eingezogen werden solle.

Der Staatsrath stimmte die{5v}sem Antrage ebenfalls bei, da die Ertheilung dieser Edelmannsfreiheit auf einem mit dem Grafen von Taxis eingegangenen Vertrag beruhe, wodurch eine obgewaltete Streitigkeit gehoben worden, und der folglich selbst nach dem Anspacher Hausvertrag203 Eingang finden könnte.

Versetzung des Geheimen Sekretärs Leger in den Ruhestand mit 500 fl. Pension bzw. mit der Pension, die sich aus seinen Dienstjahren ergibt.

6. Herr geheimer Rath von Zentner erstattete auf einen Bericht des rheinpfälzischen General Landeskommissariats wegen dem Gehalt des geheimen Sekretärs Leger mündlichen Vortrag, und äuserte nach Anführung aller vorwaltenden Umstände, wie er darauf antrage, dem tit. Leger, der die ihm übertragene Stelle auf dem linken Rheinufer ohne sein Verschulden nicht habe antretten können, folglich nicht in die Klasse der überrheinischen Diener gesetzt werden könnte, in so lange sein Gehalt von 550 fl. zu verreichen, bis derselbe einen anderen Staatsdienst, worum er oft und vielmal gebetten habe, erhalten werde.

Nach gehaltener Umfrage wurde in dem Staatsrathe beschloßen, den tit. Leger unter {6r} die Quiescenten der geheimen Kanzlei mit 500 fl. Pension zu setzen, wenn er nicht die erfoderlichen Dienstjahre für sich hat, um auf seine ganze Pension Anspruch machen zu können.

Fortsetzung eines Akten-Repertoriums über die Verhandlungen des Staatsrats. Gratifikation für den mit den Staatsratsprotokollen befaßten Sekretär Bube.

7. Des churfürstlichen Herrn geheimen Staats- und Konferenz-Ministers sine pleno titulo Freiherrn von Montgelas Excellenz legten dem Staatsrathe das über die in demselben vom 22. Apr. bis 30. Decembr. vorigen Jahres vorgetragene Gegenstände verfaßte Repertorium mit der Äußerung vor, daß solches Seiner churfürstlichen Durchlaucht zur höchsten Einsicht übergeben und mit dessen Fortsetzung von 6 zu 6 Monaten fortgefahren werden würde.

Bei diesem Veranlaße überliesen auch des Herrn Ministers Excellenz, welche Gratification auf die deswegen eingekommene Bittschrift des Sekretär Bube, der die Staatsraths-Protokolle seit den 22. Apr. vorigen Jahres abgeschrieben und die nöthigen Extracte daraus gefertiget habe, von dem Staatsrath bewilliget werden wolle?

Die Vorlage des gefertigten Repertorii und die Fortsetzung desselben von 6 zu 6 Monaten wurde von dem Staatsrathe {6v} genehmiget, und dem Secretaire Bube eine Gratification von 12 Louis d’or bewilliget.

Vorlage der Beschlüsse beim Kurfürsten und Genehmigung mit Änderungen zu TOP 3.

Anmerkungen

200
Zum Postulatsreskript vgl. oben Nr. 17 (Staatsrat vom 23. Februar 1802), TOP 5; Reaktion der Landschaftsverordnung vom 22. März 1802: BayHStA Altbayerische Landschaft Lit. 568, fol. 87r-93r.
201
BayHStA Altbayerische Landschaft Lit. 568, fol. 115r-118r (Reskript vom 14. März 1803), fol. 119r-129v (»Erörterung«).
202
Die Landschaftsverordnung hatte im Bericht vom 22. März die Befürchtung geäußert, daß nach der Reform des Mautwesens und der Aufhebung des Bierzwangs die Zehnten, Scharwerke und Laudemien wohl ein »gleiches Schicksaal« zu gewärtigen haben würden: »Denn die Grundsätze eines grossen Theils Höchstdero Staats-Rathes sind zu bekannt, als daß an deren Aechtheit und Gerechtigkeit billig könnte vertrauet werden« (BayHStA Altbayerische Landschaft Lit. 568, fol. 91r). Der Kurfürst brachte dagegen in seinem Reskript vor, die Landschaftsverordnung habe anscheinend vergessen, »daß eine jede Verfügung von Uns selbst nach einem umständlichen Vortrag und einer reifen Ueberlegung genehmiget wird« (ebd., fol. 117v).
203
Der Ansbacher (Rohrbacher) Hausvertrag vom 12. Oktober 1796 (MGS [N. F.] Bd. 1, Nr. II.85, S. 141 – 150) enthielt in Art. 30 f (S. 148) die – auch die »Erben und Nachkommen« bindende – Verpflichtung der vertragschließenden Herzöge Max von Zweibrücken und Wilhelm von Birkenfeld, »die Edelmannsfreyheit an Niemand, wer er auch immer sey, zu verleihen«.