BayHStA Staatsrat 383 12 Seiten.

Datum der Genehmigung durch den Kurfürsten: 17. November 1803.

Anwesend: Montgelas, Morawitzky; [MA:] Krenner sen., Zentner, Arco, [MF:] Krenner jun., Hartmann, Steiner, Schenk, [MJ:] Löwenthal, Stengel, Stichaner, [MGeistl:] Branca.

Besetzung der oberpfälzischen Landgerichte mit ehemaligen Klosterrichtern.

{1r} 1. Herr Geheimer Rath Frhr. von Löwenthal erstattete wegen den Klosterbeamten der aufgehobenen oberpfälzischen Klöster schriftlichen Vortrag, und äüßerte, wie nach den von der oberpfälzischen Landes Direction und dem dortigen Hofgericht eingekommenen Abstimmungen über derselben Fähigkeit und sonstige Eigenschafften der Klosterrichter von Speinshard Tretter den Vorzug vor allen verdiene, und die nächste nach ihm der Klosterrichter von Michlfeld Flembach, und der Richter von Seligenporten Kirchbauer seyen, die übrige Dollacker von Reichenbach, Merzi von Schönthal, Mosmainger von Waltenbach, Süs von Gnadenberg und Gärtner von Ensdorf könten als meist teutsche Schreiber und unfähige Subjecten nicht zu Landrichter Stellen in Vorschlag ge{1v}bracht werden.

Nach Anführung der in den Abstimmungen der beyden oberpfälzischen Landesstellen für die tit. Tretter und Flembach enthaltenen vortheilhaften Zeugnüßen machte Herr Geheimer Rath Frhr. von Löwenthal im Nahmen des Geheimen Ministerial Justiz Departements den Antrag: dem ersteren tit. Tretter das oberpfälzische Landrichter Amt Kemnath, Waldeck und Pressat, dann dem zweyten von Flembach das oberpfälzische Landgericht Eschenbach mit den damit vereiniget werdenden Ämter Grafenwört, Kirchenthumbach, Auerbach und Thurndorf zu verleyhen; übrigens den von Kirchbauer auf ein oberpfälzisches Cameral Amt zu beförderen.

Nach gehaltener Umfrage faste der Staats Rath den Beschluß, das wegen seiner Laage und Gränz Differenzien wichtigere Landrichter Amt Eschenbach mit den Ämter Graffenwörth, Kirchenthumbach, Auerbach und Thurndorf dem geschickteren tit. Tretter, und dem von Fleembach das Landrichteramt Kemnath, Waldeck und Pressat zu übertragen.

Tortur und Todesstrafe sind bei Diebstahl nicht mehr anzuwenden

Anläßlich eines beim Hofgericht anhängigen Falles untersucht Stichaner Fragen der Strafzumessung bei wiederholten geringen Diebstählen. Wichtigste Forderung ist, bei derartigen Delikten Tortur und Todesstrafe schon vor dem Erlaß eines neuen Kriminalgesetzbuches nicht mehr zu vollziehen. Der Staatsrat folgt dem Antrag mit dem Ersuchen an den Kurfürsten, das Ministerialjustizdepartement anzuweisen, ein Dekret über die Abschaffung der Tortur auszufertigen. Der Kurfürst genehmigt den Antrag und fordert ein Gutachten darüber an, durch welches Rechtsmittel die Tortur ersetzt werden kann.

2. Herr Geheimer Justiz Referendaire von Stichaner machte den Staats Rath auf die Strenge der bestehenden Geseze über die Bestraffung der Diebstähle aufmerksam, und äüßerte in einem schriftlichen Vortrag, den er wegen Bestraffung reiterirter geringer Diebstähle ablaß, wie schon in dem Jahre 1791 den 24. May deswegen eine die Strenge der Geseze wegen reiterirten geringen Diebstählen mildernde churfürstliche Entschließung erlaßen worden773, und wie in diesem Jahre bey dem hiesigen Hofgerichte aus Veranlaß einer Criminal Untersuchung gegen Mathias Sieger Hüter zu Kaltenberg der Zweifel entstanden seye, wie diese Verordnung vom 24. May 1791 zu verstehen? Ohne in den angeführten speziellen Falle hineinzugehen, seye hierauf dem churfürstlichen Hofgericht im allgemeinen {2r} rescribiret worden, daß bis zur Herstellung eines neuen Criminal-Gesezbuches nach dem deutlichen Inhalte solcher Verordnung die Tortur und Todesstraffe bey reiterirten geringen Diebstählen nicht angewendet werden solle774.

So deutlich und bestimt diese Entschließung auch abgefaßet, so habe das churfürstliche Hofgericht dennoch einen ferneren 8 Bogen langen Bericht erstattet, um von Seiner Churfürstlichen Durchleucht eine noch bestimtere Entschließung über die Bestraffung der reiterirten geringeren Diebstählen noch vor Erlaßung des neuen peinlichen Gesezbuches, welches noch mehrere Jahre zu seiner Reife bedürfe, zu erhalten.

Die Zweifel, so das churfürstliche Hofgericht in seinem Bericht, der auszugsweiße vorgeleßen wurde, aufstelle und worüber daßelbe um bestimte Entschließung bitte, seyen folgende:

1. Ob bey reiterirten geringen Diebstählen die Tortur und Todesstraffe eintretten solle oder nicht?

2. Was unter mehreren geringen Diebstählen zu verstehen seye? Denn wenn zwey Diebstähle, die zußammen 20 oder mehrere Gulden ausmachen, wie ein großer Diebstahl775 geachtet werden müßen, so werde das leuterirende Gesez wenig Würkung haben, weil bey reiterirten Diebstählen es sich leicht füge, daß zwey Diebstähle diese Summe betragen.

3. Wie viele reiterirte kleine Diebstähle soll ein Verbrecher begehen können, bis er sich des Todes schuldig mache?

4. Wie solle es gehalten werden, wenn unter mehreren Diebstählen ein großer oder ein qualifizirter Diebstahl begrieffen wäre?

Zu Beantwortung dieser Zweifel machte der churfürstliche Geheime Justiz Referendaire von Stichaner {2v} im Nahmen des Ministerial Justiz Départements folgende Anträge:

Ad 1 wäre dem churfürstlichen Hofgerichte zu wiederhohlen, daß künftig bei reiterirten geringen Diebstählen die Tortur und Todesstraffe keine Anwendung haben solle;

Ad 2. Wenn das Gesez zur Absicht habe, daß ein solch öfterer Diebstahl strenger bestraffet werde, so seye nicht nöthig, die Natur des Verbrechens per fictionem Juris zu veränderen, sondern das Gesez könne diese strengere Bestraffung im Wiederhohlungsfalle verordnen, weswegen diese Stelle des Gesezes, daß zwey geringe Diebstähle einen großen ausmachen können, aufzuheben wäre;

Ad 3 wäre zu verordnen, daß ein solcher Gewohnheits Dieb auf längere Zeit eingesperret, zur schwehren Arbeit verurtheilet und sonst in Sicherheit gebracht werden solle, ohne daß ihme das Leben genohmen werde.

Ad 4. Tretten dreyerley Fälle ein, welche wohl zu unterscheiden, a: wenn sich bey einer Criminal Untersuchung mehrere Diebstähle bezeugen, worunter ein großer oder qualificirter Diebstahl sich befindet, so haben die Geseze über den großen und qualificirten Diebstahl ihre Anwendung; b: wenn ein Verbrecher mehrere kleinere Diebstähle begangen hätte und darüber schon bestraft worden wäre, nachher aber eines großen oder qualificirten Diebstahls sich schuldig machen würde, so haben die Geseze über den großen und qualificirten Diebstahl gleichermaßen ihre Anwendung; c: endlich kann aber ein Verbrecher {3r} wegen groß- und qualificirten Diebstählen schon bestraft seyn, er macht sich aber neuerdings eines kleinen wenig bedeutenden Diebstahls schuldig, sollen in diesem Falle auch die großen und qualificirten Diebstahle revivisciren? Zum Beispiel Math. Singer wurde wegen 3 qualificirten Vieh- und anderen Diebstählen zum Tode verurtheilt und begnadiget, er ließ sich sodann auf dem Diebstahl seidener Schnür Riemen welche 2 fl. werth waren, betretten, solle Singer wegen dieses Diebstahls von 2 fl. sterben?

Schon dieser spezielle Fall zeige die Ungereimtheit, in welche man mit dieser Lehre von der Reviviscenz der schon bestraften Diebstähle gerathe. – Der Vernunft seye es angemeßen, daß ein öfter wiederhohlter Diebstahl schärfer bestraffet werde, als wenn er das erstemahl begangen worden wäre, und deswegen wäre auch dem churfürstlichen Hofgerichte zu rescribiren: daß ein solcher geringer Diebstahl, der nach vorhergegangenen und schon bestraften großen und qualificirten Diebstählen begangen wird, schärfer bestrafft werden solle, als wenn er das erstemahl oder das einzige Mahl begangen worden, woraus aber nicht folge, daß dieser geringe Diebstahl so und noch schärfer angesehen werden müße, als wenn der Dieb neuerdings einen großen und qualifizirten Diebstahl begangen hätte.

Herr von Stichaner bemerkte, wie diese angetragenen Auflößung der von dem churfürstlichen Hofgerichte vorgelegten Zweifel seiner Erwartung nicht entsprechen, und vielleicht wiederum neuen Zweifel hervorbringen werde, diese würden aber nach diesen Grundsäzen ebenfalls leicht zu entscheiden seyn; was bis zu {3v} Erscheinung eines neuen peinlichen Gesezbuches, welches das Hofgericht noch ziemlich entfernt glaubt, außer der Herstellung nöthiger Anstallten noch räthlich seye, wäre die gänzliche Abstellung der Tortur über deren Zweckwidrigkeit die Vernunft und Erfahrung aller gebildeten Staaten längst entschieden.

Das Geheime Ministerial Justiz Departement habe diesen Schritt durch die Vernehmung des hiesigen Hofgerichts vorbereiten wollen, allein das Hofgericht finde gegen diese Maaßregel so vieles einzuwenden, daß auch dieser Zweck nicht zu erreichen seye.

Der Staats Rath genehmigte sämtliche Anträge des Ministerial Justiz Departements zu Verbescheidung der von dem churfürstlichen Hofgerichte vorgelegten Zweifel und beschloß zugleich bey diesem Veranlaße, Seine Churfürstliche Durchleucht gehorsamst zu bitten, die Abschaffung der gegenwärtig noch bestehenden Tortur dermahl schon zu decretiren, und dem Geheimen Ministerial Justiz Département die ohnverzügliche Ausführung dieser höchsten Entschließung um so mehr aufzutragen, als die Erscheinung des neuen Criminal Gesezbuches noch einige Jahre erforderen dörffte.

Kurfürstliche Entschließung dazu (17. November 1803):

{6r} Bey No 2 habe Ich den in Antrag gebrachten Grundsaz zu Aufhebung der {6v} noch bestehenden Tortur bestättiget776, erwarte aber von dem Ministerial Justiz Département über deßen Anwendung und des dafür in den Criminal Gesezen zu unterstellenden Surrogats ein ausführliches Gutachten777.

Erneuerung prozeßrechtlicher Bestimmungen

Anläßlich eines Konflikts zwischen dem Hofgericht Straubing und dem Revisorium wird die Bestimmung der Gerichtsordnung erneuert, wonach Rügen und Korrekturen der Entscheidungen untergeordneter Instanzen durch die Revisionsinstanz den Parteien nicht mitgeteilt werden.

3. Herr Geheimer Justiz Referendaire von Stichaner unterrichtete den Staats Rath durch Ableßung eines schriftlichen Vortrages von dem Veranlaßen, welcher in der von Förchtlischen Gandsache zwischen dem churfürstlichen Hofgerichte Straubingen und der obersten Justizstelle eine Differenz herbeigeführet, die zur Kentnüß der höchsten Stelle gekommen, und diese veranlaßet, der obersten Justizstelle unterm 25. v. M. aufzutragen, entweder zu Beybehaltung richterlicher Authoritaet der Gerichts Ordnung gemäß von Bekantmachung der dem Hofgerichte Strau{4r}bingen gegebenen Verweiße abzustehen, oder die Entschließung so zu faßen, daß sie ohne Compromittirung des richterlichen Ansehens in extenso ausgeschrieben werden könne, oder, wenn daßelbe glaube, auf seiner Verfügung beharren zu müßen, die Gründe dieser Abweichung von der gesezlichen Vorschrift berichtlich anzuzeigen, unterdeßen aber mit der ferneren Verfügung, so viel den Gegenstand der extensiven Ausschreibung betrift, zuruckzuhalten.

Statt dieser höchsten Entschließung Folge zu leisten, habe das churfürstliche Revisorium die extensive Ausschreibung der an das Hofgericht Straubingen erlaßenen Entschließung durch das hiesige Hofgericht verfüget, und in einem nachher erstatteten Bericht sein Benehmen in der ganzen Sache zu rechtfertigen, so wie das Unrecht des Hofgerichts Straubingen darzustellen gesuchet; Herr von Stichaner laß den Bericht des Revisorii ab, und äüßerte, wie das Ministerial Justiz Département glaube, daß in dieser schon sehr weit gekommenen Sache nichts zu verfügen übrig bleibe, als entweder die ganze Sache auf sich beruhen zu laßen, wobey das Ansehen der höchsten Stelle sehr herabgesezet werde, oder dem Revisorio in einem nachdrücklichen Rescript sein ungehorsames Verfahren zu ahnden und daßelbe in die Schrancken der Ordnung ruckzuweißen, zugleich auch durch eine allgemeine Ausschreibung an alle Justiz Behörden das in der Gerichts Ordnung Cap. 15 § 11 N. 9778 enthaltene Gesez erneueren und ihnen bey ihrer Veranthwortlichkeit auftragen zu laßen, daß dasjenige, was von dem Oberrichter an den Unterrichter geahndet oder verwießen wird, den Partheyen weder communiciret noch publiciret, sondern zu Erhaltung des richterlichen Ansehens geheim gehalten, und auch selbst auf den Befehl {4v} des Oberrichters ohne vorherige Berichts Erstattung dieser gesezlichen Bestimmung nicht zuwieder gehandlet werden solle.

Herr von Stichaner laß einen nach diesem lezten Antrage gefasten Rescripts Entwurf an das Revisorium ab, und bemerkte, wie dieser Schritt wahrscheinlich mehrere Weiterungen von Seite des Revisorii zur Folge haben würde, denen zu begegnen, man gefaßet seyn müße.

Mit Umgehung des abgeleßenen Rescripts Entwurfes an das Revisorium faste der Staats Rath nach gehaltener Umfrage in dieser Sache folgende Beschlüße:

1. solle das angetragene allgemeine Regulativ wegen Geheimhaltung der von dem Oberrichter an den Unterrichter gegeben werdenden Ahndungen und Verweiße erlaßen und die deswegen in der Gerichts-Ordnung Cap. 15 § 11 N. 9 enthaltene Vorschrift, doch ohne Erwehnung des Veranlaßes, erneuert, sohin der General Landes Direction die Ausschreibung hievon in dem Regierungsblatte mit dem Befehle aufgetragen werden, sich selbst auch in Administrativ Geschäfften darnach zu achten, und die Ahndungen und Verweiße, welche sie nothwendig findet, weder den Partheyen mit zutheilen, noch solche öffentlich bekannt zu machen779.

2. Solle dem Hofgericht in Straubingen nachdrücklich verwießen werden, daß daßelbe die Entschließung der obersten Justiz Stelle vom 9. Februar nur zum Theil an die Partheyen ausgeschrieben, ohne zu bemerken, daß diese Ausschreibung nur einen Auszug oder Theil der Entschließung enthalte, ferner auch, daß daßelbe die Verfügung der obersten Justizstelle rücksichtlich des Commissärs von Musinam nicht ausgeschrieben, welche denen Partheyen vollkommen hätten sollen bekannt gemacht und eröffnet werden.

3. Solle der obersten Justizstelle, doch in milderen Ausdrücken, als in dem abgeleße{5r}nen Rescripts Aufsaze enthalten, verwießen werden, daß dieselbe gegen das bestehende Gesez und den klaren Inhalt der Gerichts Ordnung auf Ausschreibung des dem Hofgerichte Straubingen ertheilten Verweißes bestanden und gegen den bestimten landesfürstlichen Befehl die extensive Ausschreibung durch das hiesige Hofgericht verfüget, sohin den anbefohlenen Instand nicht beobachtet habe, zugleich solle auch dieselbe auf die sonstige Übung, derley Verweiße an die Unterrichter in einem besonderen Absaz zu faßen, ruckgewießen werden, damit die Entschließungen in der Hauptsache ganz ausgeschrieben und bekant gemacht werden können.

Landesdirektion der Oberpfalz

Vortrag Zentners über die Organisation der Landesdirektion der Oberpfalz (Geschäftsbereiche, Zuständigkeiten, Personalfragen).

4. In schriftlichem Vortrage legte Herr Geheimer Rath von Zentner die Anstände vor, welche sich nach einem Berichte des Praesidenten der oberpfälzischen Lands Direction780 bey dem Vollzuge des neuen Organnisations Rescriptes781 ergeben, und machte zu Hebung derselben folgende Anträge: 1.) Schon ursprünglich seye es die Absicht nicht geweßen, die Polizey Section in mehrere Sectionen unterabzutheilen, sondern die ganze Deputation wurde nur in 2 Sectionen vertheilet; bey der staatswirthschafftlichen geschah die Vertheilung in 3 Sectionen.

Wenn die bureaumäßige Bearbeitung der Executions Gegenstände genau beobachtet werde, so könnte man zugeben, daß die staatswirtschafftliche Deputation für Deliberations Gegenstände nur in 2 Sectionen, nemlich a: in die staatswirthschafftliche im engeren Sinne, dann für alle technische Gegenstände, als Forst- Bau und Bergsachen, und b: für die Erheb. und Verwendung des Staatsvermögens abgetheilet werden; und in diesem Falle wäre der Frhr. von Maßenbach, der mehrmahl geäüßeret, im staatswirthschafftlichen Fache nicht hinreichende Kenntnüße zu besizen, zur Polizey Deputation zu versezen.

{5v} 2.) Wenn die Frage entstehe von bloßer Aufsicht über die Handwerker, über Execution der bestehenden Geseze in Ansehung ihrer vielen Mißbräüche, so scheine die Handwerks Polizey in diesem Sinne zur 2. Section der 1. Deputation geeignet zu seyn; wäre aber die Frage von Ertheilung neuer Concessionen, von innerer Verbeßerung des Zunftweßens, von der Gesezgebung über diesen Gegenstand, so gehöre derselbe mehr zur staatswirthschafftlichen, als zur gewöhnlichen Polizey. Das zweckmäßigste mögte seyn, alles was in die Handwerks Polizey und das Zunftweßen einschlage, und wo es nicht auf bloße Execution der bestehenden Geseze gegen Handwercks Mißbräuche und die Aufsicht der bloßen Ausübung derselben ankomme, gemeinschafftlich zwischen der 2. Section der 1. Dep. und der 1. Section der 2. Deput. behandlen zu laßen.

3.) Umgeld, so wie alle Auflaagen über Consumplibilien gehörten offenbahr zu den indireckten Auflaagen, folglich zur 1. Section der 2. Dep.; sollte aber die local Verfaßung hierin eine Änderung erforderen, so werde das Geheime Ministerial Finanz Departement hierüber die richtigste Entscheidung geben können.

4.) Über die Besezung der Berg Raths Stelle, wozu der Oberverweßer zu Bergen Michael Wagner, oder allenfalls ein Individuum aus den fränckischen Fürstenthümer, oder der Bergrath und Professor Medicus in Heydelberg782 vorgeschlagen worden, mögte vorzüglich Herr Geheimer Referendaire von Schwerin zu vernehmen seyn.

5.) Die Anstellung eines Secretärs, indem zu jeder Section doch immer 2 Secretärs gerechnet werden müßen, wäre zu genehmigen, ein fernerer Rechnungs Commissär und Registrator scheine aber nicht nothwendig.

Bey Besezung der Secretär Stelle hätten Seine Churfürstliche Durchleucht mittels 2 Cabinets {6r} Ordres befohlen, auf den bey dem Junckerischen Regiment angestellten Auditor Sieber den vorzüglichsten Bedacht zu nehmen; sonst hätten sich noch gemeldet die tit. von Baeumen von Griennagel, Geisler und Jos. Dostler, es mögte aber doch am räthlichsten seyn den Bericht der oberpfälzischen Landes Direction über alle Subjecte zu erforderen. Herr geheimer Rath von Zentner sezte mit diesem Vortrage die von der oberpfälzischen Landes Direction unterstüzte Bitte des Directors von Schenckl um Belaßung der für die Canzley Direction beziehenden 200 fl. in Verbindung, und überließ dem Staats Rathe die Entscheidung.

Sämtliche Anträge wurden von dem Staats Rathe genehmiget, nur solle der oberpfälzischen Landes Direction aufgetragen werden, zur Besezung der neuen Secretär Stelle ein brauchbares Subject von den quiescirten Gerichtschreiber oder sonstigen Canzley Quiescenten in Vorschlag zu bringen, und dieses rücksichtlich des Auditors Sieber Seiner Churfürstlichen Durchleucht gehorsamst vorgestellet werden.

Die Bitte des Directors Schenckl solle nach den bey der Besoldungs Vermehrung der Directorien angenohmenen Grundsäzen verbeschieden werden.

5. Fortsetzung des Vortrages über die »Regensburger Differenzien«783, der wegen »vorgerückter Mittagszeit« nicht beendet werden kann. Vorlage der Beschlüsse beim Kurfürsten und Genehmigung mit Ergänzung zu TOP 2.

Anmerkungen

773
Die kurfürstliche Entschließung betr. die »Bestrafung geringer Diebstähle« vom 24. Mai 1791 grenzte »geringere Diebstähle«, zu deren Bestrafung der Codex Juris Bavarici Criminalis von 1751 (Tl. 1, Kap. 2: »Von besonderen Malefizischen Verbrechen und Straffen, zuförderist von Diebstählen und Raubereyen«) »klares Ziel und Maaß« gab, von solchen ab, »wenn durch Vergwaltigung, und ausübende Grausamkeiten der Landmann und Unterthan um das Seinige gebracht, und somit die allgemeine Ruhe und Sicherheit gestöret wird«. Im vorliegenden Fall des Verdachts wiederholten geringen Diebstahls sollte von der Anwendung der Tortur abgesehen und der Täter mit einer »Poena arbitraria« belegt werden (MGS Bd. 5, Nr. I.39, S. 17 f.).
774
Zudem hatte der Hofrat am 16. September 1801 als Leitlinie zur Beurteilung der Frage, ob die Tortur in einem speziellen Fall anzuwenden sei, die Anweisung erhalten, »daß derselbe bei der Anwendung der Tortur mit aller Vorsicht verfahren, sie nur in besondern Fällen des sehr nahen Verdachtes und wo die Wahrheit nicht anders zu erholen wäre, anwenden, und überhaupt bey selber solche Maaß und Art gebrauchen soll, daß sie der Gesundheit und den menschlichen Körper keinen Schaden bringe« (MGS [N. F.] Bd. 2, Nr. I.46, S. 23; vgl. ebd. Nr. I.43, S. 22 f. [Erlaß vom 19. August 1801]).
775
CJBC I 2 § 3, S. 12: »Stihlt einer auf ein- oder zweymahl 20. Fl. oder mehr in Geld oder Werth, so heißt es ein grosser Diebstahl, und wird mit dem Strang bestrafft.« Dazu der Kommentar bei [Kreittmayr], Anmerckungen CJBC, S. 22.
776
Der vorliegende kurfürstliche Beschluß vom 17. November 1803 wurde »nur per Reskript den Gerichten mitgeteilt, nicht aber der Öffentlichkeit bekanntgegeben« (Demel, Staatsabsolutismus, S. 353). Eine paraphrasierende Veröffentlichung der Vorschrift erfolgte erst 1806 bei Mayr, General-Index, S. 64 s. v. ›Diebstähle‹, der sie als seit dem 17. November 1803 rechtsgültige Verordnung anführt. Auch das vom König am 7. Juli 1806 unterzeichnete Edikt betr. die »Abschaffung der peinlichen Frage und das von dem Inquirenten gegen läugnende Inquisiten zu beobachtende Verfahren« wurde zunächst nicht veröffentlicht, »sondern nur den sämmtlichen Ober- und Untergerichten zur Nachachtung mitgetheilt« (Feuerbach, Themis, S. 269). Die Publikation erfolgte 1808 in der regierungsnahen Zeitschrift »Der Genius von Bayern unter Maximilian IV.« (Ueber das Kriminal-Justizwesen im Königreiche Baiern, vom Herausgeber nach den vom Herrn geheimen Referendär Feuerbach ihm mitgetheilten Materialien, in: Aretin/Keyser [Hg.], Bd. 2, St. 1, Beilage, S. 30 – 48). Späterer Druck bei Röhrer, Zur Aufhebung; paraphrasierende Wiedergabe bei Pültz, Tortur, S. 80 – 83.
777
Der vorliegende TOP 2 wird im Kontext der Strafrechtsreform der Montgelaszeit behandelt bei Weis, Montgelas Bd. 2, S. 558 f. Zur Abschaffung der Folter vgl. Striedinger, Feuerbach, S. 230 – 234, der im 2. Weltkrieg verbrannte Akten des Bayerischen Hauptstaatsarchivs auswertet.
778
Das Protokoll paraphrasiert hier die Vorschrift des Codex Juris Bavarici Judiciarii, Kap. 15 § 11 Nr. 9, S. 111, nach der »auch wann […] an dem Unter-Richter etwas zu ahnden, oder zu verweisen ist, solches den Partheyen weder publicirt noch communicirt, sondern zu Beybehaltung Richterlicher Authorität in Geheim gehalten werden« sollte. Gemäß Kreittmayrs Kommentar waren Urteile einer untergeordneten Instanz zu rügen, wenn »aus des Richters Unerfahrenheit, Versaumnuß, Corruption, oder Boßheit, zu jemands Praejudiz, Nachtheil und Schaden geurtheilt, und gesprochen, das Recht versagt, oder verzochen« wurde. Die Regelstrafe für den Richter bestand, »wann das Factum nicht gar zu grell ist«, in einem »Verweis« ([Kreittmayr], Anmerckungen CJBJ, S. 218).
779
Vgl. RegBl. 1803, Sp. 988.
780
Präsident war 1802 Joseph Sigismund Reichsgraf von Kreith (HStK 1802, S. 183).
781
Vgl. das Reskript betr. die »nähere Bestimmung der oberpfälzischen Landesdirection« vom 20. August 1803, ObpfWBl. 1803, Sp. 663 – 665.
782
Zu Medicus siehe oben Anm. 137.
783
Vgl. Nr. 123 (Staatsrat vom 14. September 1803), TOP 5.