BayHStA Staatsrat 382 12 Seiten.

Datum der Genehmigung durch den Kurfürsten: 18. Dezember 1802.

Anwesend: Montgelas, Morawitzky, Hertling; [MA:] Zentner, [MF:] Hartmann, Steiner, Schenk, [MJ:] Löwenthal, Stengel, Stichaner, [MGeistl:] Branca.

{1r} 1. Montgelas teilt mit, daß der Kurfürst die Beschlüsse des Staatsrates vom 24. November 1802 »ohnbedingt genehmiget« hat.

Kontrolle der Magistratsverfassung der Stadt München durch den Staat

Der Staatsrat genehmigt den von Stichaner vorgelegten Reskriptentwurf über die Änderungen in der Verfassung des Münchener Stadtmagistrats und bestellt den städtischen Kommissär.

2. Herr geheimer Justiz-Referendär v. Stichaner las den Reskripts-Entwurf ab, den er in {1v} Gemäsheit des gnädigst genehmigten Staatsrathsschlußes vom 24. vorigen Monats wegen der künftigen Verfassung des hiesigen Magistrats entworfen389.

Mit der in dem Reskripts-Entwurfe schon bemerkten Abänderung wegen den Verrichtungen des dem Magistrat beizuordnenden churfürstl. Kommissärs wurde der Entwurf von dem Staatsrathe genehmiget390 und zugleich beschloßen: zu Besetzung dieser churfürstlichen Kommissärsstelle den Landesdirektionsrath Ritter391 mit Beibehaltung seines Rangs und seiner ihm schon angewiesenen Besoldung Seiner churfürstlichen Durchlaucht gehorsamst vorzuschlagen.

Kurfürstliche Entschließung dazu (18. Dezember 1802):

Der Kurfürst genehmigt {6v} »die Ernennung des Landesdirections Rathen Ritter zum städtischen Commissär in der angetragenen Art, so wie auch den von dem Staats Rathen genehmigten Rescripts Entwurf«.

Nähere Festlegungen zur weiteren Verwendung des Personals der aufgelösten Regierung Landshut.

3. Herr geheimer Justiz-Referendär v. Stichaner setzte in einem schriftlichen Vortrage die Gegenstände auseinander, die nach Auflösung der churfürstlichen Regierung Landshut rücksichtlich des dortigen Personals noch zu entscheiden seyen. Er äuserte sich zuerst über die Theilung jener Räthe, die dem Hofgerichte hier, und jenem zu Straubing bei den nun vermehrten Arbeiten {2r} zugeordnet werden könnten, und führte an, daß nach seiner, und des Ministerial Justizdepartements Meinung, nur ein Rath zu dem hiesigen Hofgerichte, dann sieben Räthe nebst einem zweiten Kanzler nach Straubing zu versetzen nothwendig seye.

Heibei machte Herr von Stichaner von einer besondern Abstimmung Erwehnung, welche der Vice Präsident des hiesigen Hofgerichts Graf von Arco über das dem hiesigen Hofgerichte zu zutheilende Personale gegeben, und zeigte, wie hiedurch an den Anträgen des Ministerial Justizdepartements nichts geändert wurde, indem hierin nichts wesentlich verschiedenes enthalten, und das Ministerial Justizdepartement sich mit dem darin angeführten Antrage: dem Hofgerichte die Befugnis zu ertheilen, mit weniger als 6 Räthen und einem Vorstande, Justizgegenstände definitiv aburtheilen zu därfen, nie einverstehen könne, sondern hierin bei der Vorschrift der Hofrathsordnung392 stehen zu bleiben sich aufgefodert sehe.

Herr von Stichaner legte eine Charte, worauf die geographische Bezirke des hiesigen und Straubingischen Hofgerichts verzeichnet, dann die Anträge vor, worüber das Ministerial Justizdepartement sich rücksichtlich der Sekretärs, Registratoren, Kirchen-Deputations-Sekretärs, Expeditors, Kanzelisten, {2v} Rathdiener, Boten, Fiskal, Advokaten, dann Accessisten der aufgehobenen Regierung Landshut vereiniget, und zeigte in einer Tabelle, welche Bestimmung nach der Meinung des Ministerial Justizdepartements und nach ihren eignen Wünschen, in soweit solche mit dem Staats-Interesse zu verbinden wären, mit dem einzelnen dieses Personale bildenden Individuen zu trefen seye, nämlich:

Kanzler Adam, wäre als zweiter Hofgerichtskanzler nach Straubing zu versetzen, und ihm provisorisch das Landshutische Lehen Probstenamt, so weit es nach Straubing kömmt, zu belassen, übrigens dürfte ihm die höchste Zufriedenheit mit der Versicherung zu erkennen gegeben werden, daß man ihn durch diese Verfügung nicht zurück zusetzen gedenke393.

Räthe: Frhr. v. Griesenboeck, Referent seye der Meinung, daß derselbe mit dem geheimen Raths Caracter zu Landshut als Stadt- und Polizei-Kommissär bleiben solle, das Ministerial Justizdepartement trage aber an, ihn nach seinem Begehren als Vice Präsident zu Straubing mit 1.500 fl. Gehalt anzustellen. {3r} Graf von Ezdorf, wäre zu quiesciren. Frhr. v. Schleich, wäre nach Straubing zu versetzen. Von Mussinam, wäre nach Straubing zu versetzen. Von Röckel, Referent begutachtet ihn nach Straubing zu versetzen, das Ministerial Justizdepartement beläßt ihn aber statt des Frhr. v. Griesenböck zu Landshut als Polizei- und Stadtkommissär. Von Peisser, wäre nach Straubing zu versetzen. Maier, wäre zu quiesciren394. St. Marie Eglise, wäre nach Straubing zu versetzen. Von Kleßing, wäre nach Straubing zu versetzen395.

Accessisten: Frhr. von Schleich, wäre mit der Versicherung seiner zeitigen Bedachts des Accesses zu entlassen. {3v} Von Spruner, wäre anzuweisen, seinen Acceß bei dem Hofgerichte in Straubing fortzusetzen.

Secretairs: Prandmaier, wäre zu quiesciren. Grasmaier, wäre nach Straubing zu versetzen. Huber, wäre mit dem Bedeuten nach Straubing zu versetzen, daß er seine Stelle bei Vermeidung anderer Disposition in Zeit von 14 Tagen anzutretten habe. Biechl und Maier Kirchen-Deputations-Sekretärs und Rechnungs-Justifikanten, wären dem geistlichen Ministerial Departement anheim zu stellen. Expeditor v. Schneider, wäre bis auf weitere Anstellung zu quiesciren.

{4r} Registratoren:

Hohenester, wäre nach Straubing zu versetzen. Puchinger, wäre nach Straubing zu versetzen.

Kanzelisten: Sperl, wäre nach Straubing zu versetzen. Zuber, wäre in Landshut zum Dienste des Polizeiamtes zu belassen. Nemmer, wäre zu Ersparung der Diurnisten nach München zum Hofgericht zu versetzen. Deckum, wäre zu Ersparung der Diurnisten nach München zum Hofgericht zu versetzen. Reindl, wäre nach Straubing zu versetzen. Will, eben so.

Rathdiener: Khumel396, wäre bis auf weitere schickliche Anstellung zu quiesciren.

{4v} Kanzleiboten: Höcht, wäre nach Straubing zu versetzen. Glas, eben so. Papp, wäre wegen seiner ausgezeichnet guten Handschrift nach Straubing als Kanzelist zu versetzen.

Actenträger und Heitzer: Sellmaier, wäre bis auf weitere Anstellung zu quiesciren.

Fiskal Wolfanger, wäre als Hofgerichtsrath nach München zu versetzen.

Advokaten: Khümerl, wäre in Landshut als Land-Advokat zu belassen. Ihrler, eben so. Schweiger, desgleichen. {5r} Beer, wäre nach München zu versetzen. Scheyerer, wäre in Landshut als Land-Advokat zu belassen. Demmerl397, habe sich nach Straubing zu begeben. Rott, könne sich nach München begeben. Ehrne, könne in Landshut als Land-Advokat verbleiben. Pesl, wäre nach Straubing zu versetzen. Deuck Sindikus und Advokat, habe als Sindikus in Landshut zu verbleiben398.

Herr geheimer Justiz-Referendär v. Stichaner führte weiter an, daß aus der Übersicht dieser zur Genehmigung des Staatsrathes vorgelegten Tabelle sich ergebe, wie nebst den von Landshut nach Straubing versetzt werdenden Räthe, noch ein Subject dort anzustellen seye, wozu das Ministerial Justizdepartement den wegen seiner {5v} ausgezeichneten Geschicklichkeit den ersten Anspruch habenden Accessisten Klem in Vorschlag bringe399.

Nach Vorlegung einer weiteren Tabelle über den künftigen Status der beiden Hofgerichte zu München und Straubing, dann nach gemachtem Vorschlage, die Zahl der Advokaten in Straubing künftig auf fünfzehn zu bestimmen, und die Anstellung der sehr fähigen und geschickten Subjecte Lic. Ruland und Werndl, wenn Seine Churfürstliche Durchlaucht wegen ersterem nicht anders zu disponiren gedenken, als Advokaten zu Straubing zu genehmigen und dem Hofgerichts-Direktorium zu überlassen, noch 3 andere in Vorschlag zu bringen, zeigte Herr geheimer Justiz-Referendär von Stichaner die Verschiedenheit der gegenwärtigen Ausgaben mit den vorigen für gesammte Justizstellen, und daß in der Zwischenzeit die oberste Justizstelle ansehnlich vermehret und die übrigen zusammen gezogen worden, ohne das Ärarium mit einer neuen Ausgabe zu belästigen, sondern daß vielmehr hiebei 16.500 fl. erspahret worden.

Er schilderte die Nothwendigkeit lebhaft, die Besoldungen der Justizräthe zu vermehren, und machte im Namen des Ministerial Justizdepartements den {6r} Antrag: diese Ersparnis an der ursprünglich für die Justizkollegien angewiesene Summe dazu zu verwenden, denjenigen Plan der Besoldungsbeßerung auszuführen, nach welchem ein Teil der Besoldeten eine Gehalts-Vermehrung erhalten solle.

Nach gehaltener Umfrage in dem Staatsrathe wurden sämtliche diese Anträge des Ministerial Justizdepartements mit folgenden Ausnahmen genehmiget:

Wegen Anstellung des Frhr. von Griesenböck als Vice Präsident in Straubing solle die Entscheidung Seiner Churfürstlichen Durchlaucht gehorsamst anheim gestellt werden.

Die Besoldungs-Vermehrung der Justizkollegien solle beruhen, bis der Finanz Status für das Jahr 1803 bearbeitet und vorgelegt seyn wird.

Die Anstellung des Lic. Ruland als Advokat in Straubing solle vor der Hand ausgesetzt bleiben, {6v} bis er seine gegenwärtigen Geschäfte in Mühldorf beendiget haben werde.

Kurfürstliche Entschließung dazu (18. Dezember 1802):

{6v} Bey No 3 habe ich den Frhr. von Griesenboek zum Vice Präsidenten bey dem Hofgericht in Straubingen mit dem angetragenen Gehalt von 1.500 fl., dann den Regierungs Rathen von Röckel zum Polizey und Stadt Commissär in Landshut gnädigst ernant400; und allen übrigen Anträgen des Staatsrathes wegen dem Personale der aufgehobenen Regierung Landshut, wegen Vermehrung der Besoldung für die Justiz-Collegien, und wegen dem Lic. Ruland die landesherrliche Bestättigung ertheilet401.

Vorlage der Anträge und Entschließungen beim Kurfürsten und Genehmigung mit Änderungen zu TOP 2 und TOP 3.

Anmerkungen

389
Vgl. Nr. 74 (Staatsrat vom 24. November 1802), TOP 3.
390
Aus dem am 18. Dezember 1802 konfirmierten Reskriptsentwurf (BayHStA MInn 26613/I, fol. 20r-23v) ging mit Änderungen die VO betr. die »Verbesserung der magistratischen Verfassungen« vom 31. Dezember 1802 hervor (RegBl. 1803, Sp. 8 – 10; auch bei Schimke, Regierungsakten, Nr. 83, S. 435 – 438, sowie im Auszug bei Kiessling/Schmid, Gewaltmonopol, Nr. 2, S. 21 – 23). Dazu Weiß, Integration, S. 35 f.
391
Der Hofrat Franz Xaver Ritter war zuvor Landes-Kommissär gewesen und hatte als solcher u.a. »von Zeit zu Zeit nach erhaltenem Auftrag die Verwaltungen der Städte und Märkte« zu visitieren (HStK 1802, S. 78). Im Juni 1802 wurde er Rat bei der 3. Deputation der Generallandesdirektion (RegBl. 1802, Sp. 466).
392
Die Hofratsordnung vom 16. August 1779 (dazu Gigl, Zentralbehörden, S. 316 – 331) schrieb lediglich die Verpflichtung des Kurfürsten fest, den Hofrat »mit einer hinlänglichen Anzahl Räthe« zu besetzen (»Neue Hofraths-Ordnung von An. 1779«, MGS Bd. 1, Nr. I.125, S. 158 – 178, hier Art. I, § 1, S. 158).
393
Vgl. die entsprechende Bekanntmachung in: RegBl. 1802, Sp. 905 (18. Dezember 1802).
394
Der Kurfürst verfügte die Quieszierung der Räte Ezdorf und Maier in der Form, daß beide »ihren Gehalt« behielten, »bis Wir in der Folge fernere Dienste von ihnen fodern werden« (RegBl. 1802, Sp. 906).
395
Die nach Straubing versetzten Räte sollten dort als Hofgerichtsräte wirken (RegBl. 1802, Sp. 906).
396
Vgl. HStK 1802, S. 130: Khamel.
397
Sowohl der Hof- und Staatskalender 1802, S. 132, als auch das Regierungsblatt 1802, Sp. 907, verzeichnen den Advokaten in der Namensform Philipp Dennerl.
398
Gemäß der Bekanntmachung im Regierungsblatt verblieben Khümerl (HStK 1802, S. 131: Kimmerl), Ihrler, Schweiger (ebd., S. 131: Schwaiger), Scheyerer (ebd.: Schuyrer) und Ehrne »nach ihrem Verlangen« in Landshut: »[S]ie sind künftig in der Reihe der Landadvokaten des Hofgerichts zu Straubing vorzutragen« (RegBl. 1802, Sp. 907).
399
Die Verleihung einer »Hofgerichts-Rathsstelle zu Straubing« an »den hiesigen Hofgerichts-Accessisten« Franz Xaver Klem geschah »in Ansehung seiner rühmlichen Zeugnisse der hohen Schule, und des ihm bey der abgelegten Prüfung zuerkannten Vorzuges mit dem der Stelle aufklebenden Gehalte von 1000 fl.« (RegBl. 1802, Sp. 908).
400
Joseph Anton Edler v. Röckel hatte gemäß der Bekanntmachung im Regierungsblatt »die Geschäfte der Polizey in Landshut, und des dortigen Armeninstituts« zu besorgen. Dazu konnte er sich »des Kanzelisten Zuber […] bedienen« (RegBl. 1802, Sp. 909).
401
Als VO (mit Übersicht zu der Personalveränderung) betr. die »Auflösung der Regierung Landshut« am 18. Dezember 1802 ergangen (RegBl. 1802, Sp. 905 – 910).