BayHStA Staatsrat 383 15 Seiten.

Datum der Genehmigung durch den Kurfürsten: 23. April 1803.

Anwesend: Montgelas, Morawitzky, Hertling; [MA:] Krenner sen., Zentner, Arco, [MF:] Krenner jun., Hartmann, Steiner, Schenk, Schwerin, [MJ:] Stengel, Stichaner, [MGeistl:] Branca.

1. Montgelas teilt mit, »unter welchen Beschränkungen« der Kurfürst die Anträge des Staatsrats vom 23. und 30. März 1803 genehmigt hat.

Vortrag Stengels über ein Finanzmoratorium für die Familie v. Nesselrode-Hugenpoët. Der Staatsrat gewährt ein Moratorium für fünf Jahre. Das Familienvermögen soll unter richterlicher Aufsicht von einem Verwandten mitverwaltet werden.

2. Über das von der v. Nesselrode Hugen{3v}pootischen Famille nachgesuchte Moratorium von 25 Jahren nebst Gestattung der eigenen Verwaltung des noch vorhandenen Vermögens, erstattete Herr Geheimer Justiz Referendaire Freiherr von Stengel schriftlichen Vortrag, worin er zuerst die von dem bergischen Hofrathe über dieses Gesuch abgegebene Äüßerung vorlegte, dann den Anlaß des Concurses factisch ausführte, und nach Verfolgung des Ganges, den dieser Concurs Prozeß bey den bergischen Gerichtsstellen nahm, zeigte, welch beträchtlicher Nachtheil der hugenpoetischen Famille durch Verzögerung dieses Processes zugieng, indeme das Classifications Urtheil erst nach einem Zeitraume von 22 Jahren erschienen; wodurch die, bey dem Anfange des Processes mehr als zulänglich zu Zahlung der Schulden geweßene Masse ansehnlich geminderet worden; inzwischen ergebe sich aus der vorgenohmenen Untersuchung des dermahlig von hugenpoetischen activ, und passiv Vermögens, daß die Passiva von 61.210 fl. auf jeden Falle gedecket, und die Gläübiger für ihre Forderungen volle Sicherheit haben.

Bey diesen Verhältnüßen, und wo durch Gestattung eines Zahlungs-Ausstandes der hugenpoetischen unglücklichen Famille, ohne Schaden ihrer Gläübiger, rücksichtlich einiger noch auszuführenden Strittigkeiten, ein großer Nuzen gewähret werde, trage er Referent an, daß

I dem Gesuche der von hugenpoetischen {4r} Famille um einen Zahlungs-Ausstand willfahret und dieser in der Absicht auf die Entscheidungen der noch strittigen Gegenständen auf fünf Jahre, jedoch in der Art erstreket werden solle, daß

II. in dieser Zwischenzeit zum Verkaufe der Erbpfächte und geringeren Vermögenstheile die erforderliche Einleitungen getroffen, die Bewilligungen zur Theilung, Veräüßerungen oder Verpfändungen der Lehenstücke inzwischen bewürket, und die noch strittigen Punkte im Activ- und Passiv-Stande ohnverzüglich erörteret und richterlich entschieden werden sollen.

III. daß der Antrag zum höchstlehenherrlichen Consense für die Veräüßer- oder Verpfändung des halben Ruhrfahrs zu Kettwiz und des Müllerhofes in so lange ausgesezet bleiben solle, bis hierüber vordersamst die bergische Landes Direction in ihrem Gutachten vernohmen seyn würde.

Wohingegen er Freiherr von Stengel bedenklich fände, der von hugenpoetischen Famille die eigene Verwaltung ihres Vermögens zu gestatten, und deswegen antrage, daß die Administration der Masse ferner unter richterlicher Aufsicht bestehen bleibe.

Nach gehaltener Umfrage genehmigte der Staats Rath, daß der hugenpoetischen Famille der gebettene Zahlungs Ausstand in der von dem Referenten angetragenen Art auf 5 Jahre ertheilet werde, gestattete auch gegen die Meynung des Referenten, daß {4v} einer der Verwandten zur Mitadministration des von hugenpoetischen Vermögens, doch unter richterlicher Aufsicht, zugelaßen werde.

Kontrolle des Magistrats der Stadt München

Der Staatsrat genehmigt die Zusätze und Änderungen des Ministerialjustizdepartements zu den von der Generallandesdirektion entworfenen Verfügungen, die auf Intensivierung der kurfürstlichen Kontrolle über den Magistrat der Stadt München zielen. Dem Vorschlag Stichaners, die beim Magistrat anhängigen Strafverfahren stärker zu kontrollieren, folgt der Staatsrat nicht.

3. Herr geheimer Justiz-Referendaire von Stichaner legte dem Staats Rathe die von der General Landes Direction entworfene und zur Genehmigung eingesendete provisorische Instructionen für die churfürstliche Local-Polizey-Direction allhier, für den Commissär bey dem Stadt Magistrat allhier und für den Magistrat selbsten wegen Zugebung eines churfürstlichen Commissärs zu den magistratischen Geschäfften vor, und bemerkte, bey derselben Ableßung die Zusäze und Veränderungen, so das Ministerial Justiz-Departement hiebey gemacht und den Entwürfen bereits einverleibet habe; das Ministerial Justiz-Departement erwarte von der Entscheidung des Staats Rathes, ob die so geänderte Instructions-Entwürfe nun ausgefertiget werden könten.

Herr von Stichaner erinnerte noch hiebey, ob nicht rücksichtlich des Criminale, welches der Magistrat zu besorgen, die nemliche Verfügung getroffen werden wolle, welche bey den churfürstlichen Landgerichten und den meisten Patrimonial Gerichte bestehe, daß sie nemlich gehalten seyn sollten, die geschloßene Criminal Acten, vor Execution des Urtheils an das Churfürstliche Hofgericht zur Bestättigung einzusenden.

{5r} Der Staats Rath genehmigte die Zusäze und Änderungen, welche das Geheime Ministerial Justiz Département bey den vorgelegten provisorischen Instructions Entwürfen gemacht, und beschloß solche nun so ausfertigen zu laßen; zur Zeit aber solle die mit der Criminal Gerichtsbarkeit des Magistrats von dem Referenten vorgeschlagene Verfügung noch umgangen werden.

Erteilung von Gewerbekonzessionen

Der Strumpfwirker Lorenz Seyfried erhält die Genehmigung, neben Seide auch Leinen- und Wollwaren färben zu dürfen. Der Tiroler Geselle Joseph Gridi erhält ebenfalls eine Färberkonzession.

4. In schriftlichem Vortrage sezte Herr Geheimer Justiz-Referendaire von Stichaner die Verhältnüße auseinander, welche bey dem Gesuche des hiesigen Strumpfwirker Lorenz Seyfried, der in dem Jahre 1793 die dem verstorbenen Geheimen Rathen von Goldhagen586 auf sein Hauß ertheilte Seidenfärberey erkaufet, und von dieser Zeit an mit vielem Vortheile ausübet, um Ausdehnung dieser Färberey auf Leinen und Wollen Waaren eintretten, und zeigte die Schwierigkeiten, welche sowohl von dem Magistrat als den übrigen Färber dem fleißigen Lorenz Seyfried entgegen gestellet worden, indeme sogar einer dieser Färber Kaeser, um den Seyfried in Ankaufung einer Färbers Gerechtigkeit, wozu er von der höchsten Stelle angewießen worden, zu hindern; eine zu seiner Gerechtigkeit noch hinzugekaufte bis an sein Ende ohnbenuzt, und unter dem Vorwande öde liegen ließ, daß er sie für seinen Sohn aufheben wolle.

Die ehemalige Obere Landes Regierung habe zwar mehrmal befohlen, diese Gerechtigkeit wieder lebend zu machen, {5v} aber diese Verordnung habe nie können in Vollzug gebracht werden, bis endlich den 17. April 1802 der Magistrat für gut fand, diese nicht benuzte Gerechtigkeit zu Emporbringung der inländischen Farbereyen wieder in Gang zu bringen, und den Antrag stellte, diese vacante Färberey entweder an Seyfried oder an einen sich inzwischen gemeldeten Färbergeßelle aus Tyrol Joseph Gridi zu verkaufen oder zu versteigern, an ersteren doch nur mit dem Vorbehalte, daß er in solchem Falle seine Strumpfwirkerey verkaufen und für die Farberey seine Lehrjahre vollstrecken solle.

Herr von Stichaner erinnerte, wie die General-Landes Direction nach ihrem hierüber erstatteten Berichte zwar auch der Meynung seye, daß der Kaeserische Sohn angehalten werden solle, die noch besizende zweyte Färbergerechtigkeit zu verkaufen, dabey aber glaube, daß Seyfried nicht angehalten werden solle, solche zu kaufen, sondern daß ihme selbst das Recht lebenslänglich zu färben verliehen werden solle;

und zwar a: weil auch nach dem Verkaufe der zweiten Kaeserischen Gerechtigkeit nicht mehr als fünf Färbereyen hier existiren, b: weil schon in mehreren Generalien die Vermehrung der Farbereyen für nothwendig anerkant worden587, c: weil nach den bestehenden staatswirthschafftlichen Grundsäzen dem {6r} Seidenfärber Seyfried die Ausdehnung seines Gewerbes auf andere Färbereyen nicht verweigeret werden solle.

Herr von Stichaner äüßerte, wie seine Meynung sich mit dieser der General-Landes Direction in der Maaß vereinige, daß dem Seyfried die Ausdehnung seiner Färberey unbedencklich gestattet und Kaeser angehalten werden solle, seine unterdrückte Gerechtigkeit an den Gridi, wenn dieser sich legitimiret haben wird, um den Preiß abzutretten, um welche sein Vatter solche erkauft habe. Das Ministerial Justiz-Departement aber glaube, daß dem Seyfried die Ausdehnung der Färberey gestattet, die unterdrückte Gerechtigkeit aber zur Straffe des Kaeser für erloschen angesehen und von Polizey wegen an den geschicktesten Competenten eine neue gegeben werden solle.

Der Staats Rath vereinigte sich mit der privat Meynung des Referenten, und solle nur bey Entwerffung des Rescriptes darauf gesehen werden, daß die Kaeserische zweyte Färber Gerechtigkeit auch in den Händen des Färbers Gridi keinen höheren Werth erhalte, als den, warum er sie bekommen.

5. Der Staatsrat erklärt es auf Anfrage Stichaners für »ohnbedenklich«, »die Tabelle der in verfloßenem Jahre bey samtlichen Justiz Stellen in Baiern ver{6v}hafteten und processirten Verbrecher, dann die Anzahl der in hiesiger Haupstadt gegenwärtig sich befindlichen Handwerker im Vergleich mit älteren Zeiten durch das Regierungs Blatt bekannt« zu machen.

Staatliche Wirtschaftsförderung

Der Staatsrat folgt dem Antrag des Ministerialfinanzdepartements, aus Gründen der Wirtschaftsförderung dem Lederfabrikanten Bom(m)eisler entsprechend der Begünstigung der Manufaktur Utzschneiders einen Waldanteil im Grünwalder Forst zur Gewinnung von Eichenlohe zu überlassen.

6. Herr Geheimer Finanz-Referendaire Freiherr von Hartmann legte in einem Vortrage dem Staats Rathe das Gesuch vor, welches der hiesige Leder Fabricant Bommeisler588 in Folge der in dem Rescript vom 23. November v. J. wegen Überlaßung einer Waldfläche in dem Grünwalder Forste an den tit. Utzschneider zur Lohe Gewinnung enthaltenen Zusicherung, den anderen der Leder Fabrication sich widmenden Unternehmer, eine ihren Fundirungs- und Sicherheits Mitteln angemeßene Unterstüzung dieser Art ertheilen zu wollen, dahin gestellet, daß mit Extradition jener Waldfläche eingehalten, und diese zwischen seiner und der Utzschneiderischen Fabricke gleichheitlich getheilet werden möge589.

Freiherr von Hartmann führte an, aus welchen Gründen diesem Gesuche des tit. Bomeisler, so wie es gestellet ware, nicht willfahret werden konte, und welche Entschließung deswegen an die General Landes Direction erlaßen worden.

Die General Landes Direction habe vor Erstattung des von ihr geforderten Gutachtens das Forstmeister {7r} Amt München über dieses Gesuch in seinem Berichte vernohmen, welches sich sowohl gegen die Überlaßung eines Wald Antheils an tit. Utzschneider als Bomeisler aus mehreren angeführten Ursachen erkläret und, obschon die Bedencklichkeiten des Forstmeister Amts in dem Vortrage des General Landes Directions Referenten wieder leget, so habe die General-Landes Direction in ihrem erstatteten Bericht sich aus dem Grunde gegen die Überlaßung eines Wald-Antheils an den tit. Bomeisel geäüßeret, weil die minder bekante Vermögens Umstände des Bomeisel für eine solche Überlaßung keine hinreichende Sicherheit darböthen, und der Gewerbfleiß dieses Fabricanten überhaupt noch sehr zweifelhaft und beschränckt erscheine, indeme er die Bewilligung einer Lohesamlung in der Grammertsau und zwar mit Unterlaßung einer Anzeige an die Behörden sich ganz entzogen, eine ferner gestattete Lohe Samlung im Hoffoldinger Forste theils sehr nachläßig, theils sehr zweckwidrig betrieben, und überhaupt die Gelegenheiten zum Lohe Ankauf nie mit Eifer benuzet habe.

Das geheime Ministerial Finanz Département habe sich aber weder mit der Meynung des Forstmeister Amts, noch mit dem Antrage der General-Landes Direction vereinigen können.

Zu Abweichung von dem ersteren habe es in der detaillirten und berechneten Wiederlegung des General-{7v}Landes Directions Referenten hinreichenden Grund gefunden; zur Abweichung von der Collegial Meynung habe es sich durch folgende Motive aufgeforderet gesehen:

a: die Überlaßung einer Waldfläche an Leder Manufacturen gehöre nun einmahl zu jenen zweckmäßigen Unterstüzungs-Mittel, welche die Regierung für diesen, dem Vatterlande so wichtigen Industriezweig bestimmet habe. b: die Regierung habe diese in einem einzelnen Falle ertheilte Sanction mit der allgemeinen Verheißung einer verhältnüßmäßigen Unterstüzung in gleichen Fällen begleitet; c. die Regierung werde nunmehr, wenn sie dem einem Fabricanten zugestandene Überlaßungs Art dem anderen Fabricanten versagen wollte, sich vor den doppelten Blößen der Inconsequenz und der monopolischen Begünstigung nicht retten können, beide aber alsdann glücklich vermeiden, wenn sie in der Modalitaet der Überlaßung gegen Fabricanten deßelben Zweiges gleich verfährt und nur die Quantitaet der Überlaßung mit den jedesmahligen Kräfften der Unternehmung in ein billiges, die erforderliche Sicherheit mit sich führendes Verhältnüß sezet, welches in diesem Falle dann erreichet seyn mögte, wenn {8r} an den Fabricanten Bomeisler zwar nicht 400, aber wohl einhundert Tagwerk und zwar genau unter denjenigen Bedingungen, welche der Utzschneiderischen Manufactur gemacht worden sind, überlaßen würden.

Das Ministerial Finanz Departement lege einen nach diesen Grundsäzen gefasten Rescripts Entwurf, um auch in der Forme die beyden Fabricanten ganz gleich zu behandlen, dem Geheimen Staats Rath zur Beurtheilung ebenfalls vor.

Der Staats Rath vereinigte sich nach gehaltener Umfrage mit dem Antrage des Ministerial Finanz Départements.

Kurfürstliche Entschließung dazu (23. April 1803): Der dem Lederfabrikanten Bommeisler zuzuweisende Waldanteil soll nicht im Grünwalder Forst liegen.

{9v} Da nach dem Berichte des Oberforst Amts München der Zustand des Grünwalder {10r} Forstes die Überlaßung eines weiteren Wald Antheiles an Privatpersonen nicht gestattet, so verordne Ich auf No. 6 des Protocolls, daß von der General-Landes Direction ein weiterer Vorschlag erforderet werden solle, wie dem Fabricanten Bomeisler die von dem Ministerial Finanz Departement zum Vortheile seiner Fabrique angetragene Unterstüzung von 100 Tagwerken an einem anderen schicklichen Orte angewießen werden könten.

Streit um die Hofmark Berg am Laim

In der Streitsache wegen der Besitzverhältnisse an der Hofmark Berg am Laim wird zwischen dem Fiskus und der Familie v. Hompesch ein Vergleich angestrebt.

7. Herr Geheimer Referendaire von Branca wiederhohlte aus seinem früheren bey der Allodial-Hof Commission erstatteten Vortrag die Erwerb- und Veräüßerungs Geschichte der Hofmarch Berg am Laim590 und sezte in einem verfasten neueren Vortrage die nach dem Tode des Geheimen Staats und Conferenz Ministers Freiherrn von Hompesch591 über den Besiz dieser Hofmarch zwischen deßen Erben und dem Fisco entstandene Strittigkeit mit allen dafür und dagegen sprechenden Gründen auseinander, äüßerte sohin nach Anführung der von dem Herrn Geheimen Rathen von Krenner über diesen Gegenstand gegebenen Meynung, wie er in Hinsicht der vorgelegten Umständen zwar glaube, daß dieser Vin{8v}dications Klage des churfürstlichen Fiscus zwar ihr rechtlicher Lauf gelaßen werden könte; da der Praesident [Johann] Wilhelm Freiherr von Hompesch aber in einem besonderen pro Memoria sich zu Vergleichs Vorschlägen bereitwillig erkläret und sich verbunden, wegen der Wittwe592 und seinem Bruder Ferdinand593 die weitere Befriedung zu übernehmen, so entstehe die fernere Frage: ob die Vindications Klage sogleich und ohne in dieselbe näher einzugehen bey dem Hofgerichte übergeben, oder diese Vergleichs Vorschläge erst untersuchet werden sollen?

Herr Geheimer Referendaire von Branca beleuchtete diese Frage in einem abgeleßenen Relations Nachtrage und äüßerte, daß so viele Wahrscheinlichkeit zum Siege rechtens nach seiner Meynung in dieser Sache vorhanden, doch noch immer eine Bedencklichkeit bey der rechtlichen Behandlung dieser Sache zu beseitigen seye; Es frage sich nemlich, ob es bey der Redaction und Publication der Fidei Commiss Pragmatick ohne allen Unterschied zwischen factischen Einziehungen und rechtlichen Vindicationen bey dem Normal Zifer des Anspacher Hauß-Vertrages (13 May 1799)594 belaßen, oder ob für die leztere ein anderer Termin angenohmen werden wird.

{9r} Trette der erste Fall gegen seine Meynung ein, so höre aller Prozeß mit den Relicten des Staats Ministers Freiherr von Hompesch von selbst auf, und der Gegenstand seye nicht einmahl mehr zu einem Vergleiche geeignet; in lezterem Falle könne durch das Anhören der Vergleichs-Vorschläge den Rechten Seiner Churfürstlichen Durchleucht nicht praejudiciret werden, wohl aber gewinne der Fiscus Zeit, die Kundmachung der Pragmatic erwarten, und sodann einen richtigen und sicheren Prozeßplan aufstellen zu können.

In der Voraussezung nun, daß die Pragmatic diesen Gegenstand nicht von selbst erledige, komme es darauf an, der General-Landes Direction die Gränzen der Vergleichs Handlungen vorzuzeichnen und hiezu schlage er Referent folgendes vor.

Bey den Vergleichs-Handlungen als Bassis anzunehmen,

1. daß der Lehensverband der Hofmarch Berg am Laim aufgehoben. 2. die Jurisdiction zu dem künftigen Landgerichte München eingezogen, 3. die Kasten Gefälle dem dahier zu errichtenden Cameral-Amte München beygeleget; 4. die Wittwe des Staats Minister Freiherrn von Hompesch nach einer Durchschnitts {9v} Rechnung der Gefälle von Berg am Laim mit einer lebenslänglichen Pensions Zulaage aus der baierischen Staats Casse entschädiget, 5. den übrigen Relicten ein nach dem Todte der Wittwe zahlbares im Vergleichs-Weege genauer zu bestimmendes Geld-Quantum bewilliget werden sollte; vorläüfig hätte aber 6. der Praesident [Johann] Wilhelm Freiherr von Hompesch auch die Vollmacht seines Brüders und der übrigen Interessenten zu den Vergleichs Handlungen beyzubringen.

Nach gehaltener Umfrage genehmigte der Staats Rath, daß mit dem Praesidenten Freiherr von Hompesch, wenn er die Vollmacht seiner Brüder und der übrigen Erbs Interessenten hiezu beygebracht haben wird, ein Vergleich versuchet, und von demselben die Vorschläge erwartet, sohin bey dem Vergleichs-Geschäffte selbst die Anträge des Referenten zur Bassis genohmen werden sollen.

Vorlage der »Entschließungen und Anträge« beim Kurfürsten und Genehmigung mit Änderung zu TOP 6.

Anmerkungen

586
Andreas von Goldhagen, seit 1767 wirklicher Geheimer Rat, seit 1786 Revisionsratskanzler, verstarb am 27. Dezember 1797. Am 6. August 1793 verkaufte er sein 1780 erworbenes Anwesen am Oberen Anger Nr. 43 »nebst der Real-Seidenfärberei-Gerechtigkeit« an den Seidenstrumpfwirker Lorenz Seyfried. Vgl. Häuserbuch Bd. 4, S. 160, S. 161 (Zitat); Burgmair, Die zentralen Regierungsstellen, Bd. 3, S. 234; Gigl, Zentralbehörden, S. 123 Nr. 173; Dienerbuch.
587
So z. B. im Mandat vom 15. Mai 1801, MGS [N. F.] Bd. 2, Nr. IV.63, S. 149. Darin wurde als staatswirtschaftlicher Grundsatz formuliert, »daß die Schönfärbereyen im Lande vermehrt, unterstützt, und der Kunstfleiß nicht beschränkt werden solle«.
588
Der zuvor in Heidelberg ansässige Nathan Löw Bom(m)eisler hatte 1801 in München die erste Betriebskonzession für einen jüdischen Untertanen erhalten und die darniederliegende Lederfabrik des Handelsmannes Bachmayr gekauft, deren Betrieb er bis August 1807 aufrecht erhielt. Vgl. Protokolle Bd. 1 Nr. 122, S. 443 (Staatsrat vom 7. Oktober 1801), TOP 8. Das entsprechende Reskript vom 9. Oktober 1801 betr. die »Toleranz des Juden Bomeißlers, bey Ankauf der Bachmayrischen Fabrik«: MGS [N. F.] Bd. 2, Nr. VIII.39, S. 370; auch bei Schimke, Regierungsakten, Nr. 107, S. 549 f. Ferner Slawinger, Manufaktur, S. 184 – 186. Vgl. den entsprechenden Eintrag in den Ratsprotokollen der Stadt München: Stahleder, Chronik Bd. 3, S. 494 (Regest zum 11. Dezember 1801).
589
Vgl. Nr. 72 (Staatsrat vom 10. November 1802), TOP 3.
590
Der Staats- und Konferenzminister Franz Karl von Hompesch war 1778 mit der Hofmark Berg am Laim belehnt worden. In einem noch zu Lebzeiten des Ministers entstandenen Streit vertraten die staatlichen Stellen die Meinung, Kurfürst Karl Theodor sei zur Verleihung der Hofmark nicht berechtigt gewesen. 1806 kam es zu einem Vergleich, demzufolge nach Zahlung eines Drittels des Gutswertes die Hofmark Eigentum der Freiherrn von Hompesch wurde (vgl. Knauer-Nothaft/Kasberger, Berg am Laim, S. 138 – 140; Holzfurtner, Landgericht Wolfratshausen, S. 143 f.). – Vgl. Protokolle Bd. 1 Nr. 67, S. 265 (Staatskonferenz vom 26. April 1800), TOP 6.
591
Hompesch (geb. 1741) war am 1. August 1800 verstorben.
592
Maria Theresia, geb. v. Hoensbroich, zweite Ehefrau Franz Karls.
593
Ferdinand (1766 – 1831), 1770 Malteserordensritter, begab sich später in englische Militärdienste. Vgl. Engelbrecht, Familienkonflikte, S. 172; Löhr, Franz Karl, S. 264 f.
594
Bei der Jahresangabe hat sich der Schreiber des Protokolls geirrt. Gemeint ist das Datum der Unterfertigung des Friedensvertrages von Teschen, also der 13. Mai 1779. Weil durch den Frieden von Teschen »die gesammte baierische Erbschaftsmasse in eine einzige Fideikommissarische vereiniget wurde« (insofern einschlägig sind die Vertragsartikel VIII und IX, Druck bei Martens, Recueil, Bd. 2 Nr. 71a, S. 1 – 8, hier S. 5), legte der Ansbacher (Rohrbacher) Hausvertrag vom 12. Oktober 1796 (MGS [N. F.] Bd. 1, Nr. II.85, S. 141 – 150, Zitat: Art. 30a, S. 148) dieses Normaldatum als Stichtag fest, nach welchem Domänen nicht mehr rechtmäßig hatten veräußert werden dürfen.