BayHStA Staatsrat 383 7 Seiten.

Datum der Genehmigung durch den Kurfürsten: 3. Juni 1803.

Anwesend: Montgelas, Morawitzky, Hertling; [MA:] Krenner sen., Zentner, [MF:] Krenner jun., Hartmann, Steiner, Schenk, [MJ:] Löwenthal, Stengel, Stichaner, [MGeistl:] Branca.

1. Montgelas teilt die Entschließungen des Kurfürsten auf die Anträge des Staatsrats vom 27. April und 4. Mai 1803 mit.

Anstellung des Advokaten Zehntner als Landkommissär bei der oberpfälzischen Landesdirektion.

2. Herr geheimer Rath von Zentner führte den Staats Rath auf die Entschließung zuruck, welche derselbe wegen Besezung der erledigten Land Commissär Stelle in Amberg unterm 14. Februar d. J. genohmen, und äüßerte, wie nun die oberpfälzische Landes Direction ihr Gutachten über alle um diese {1v} Stelle sich gemeldete Supplicanten erstattet, und einstimmig den Advocaten von Zehntner als den würdigsten für diese Stelle erkläret.

Bey dieser Verhältnüß trette das Ministerial Departement der auswärtigen Geschäfften dem Antrage der oberpfälzischen Landes Direction ebenfalls bey, und überlaße dem Staats Rathe die Entscheidung hierüber.

Der Staats Rath genehmigte die Anstellung des Advocaten Zehntner als Land Commissär bey der oberpfälzischen Landes Direction.

Publikation von Verwaltungsverordnungen

Der Staatsrat legt fest, daß der Geistliche Administrationsrat befugt ist, Weisungen an untergeordnete Behörden im Regierungsblatt zu publizieren, ohne die Genehmigung der Generallandesdirektion eingeholt zu haben. Jedoch soll jeweils der mit der Redaktion des Regierungsblattes befaßte Rat der Generallandesdirektion von der Publikation in Kenntnis gesetzt werden.

3. Herr geheimer Rath von Zentner legte einen Bericht vor, worin der Geistliche Administrations-Rath sich beschwehret, daß ihme die Redaction des Regierungs Blattes die Einruckung einer Erinnerung an die Capitals und Nachlaßsucher, dann Advocaten und Procuratoren verweigeret habe, weil nicht zuvor das Placet der General-Landes Direction, als einzig ausschreibende Stelle, erhohlet worden657.

Herr von Zentner laß diesen Bericht ab, und sezte die Gründe auseinander, die der Administrations Rath gegen diese Inhibition der General-Landes Direction angeführet, äüßerte sohin, nachdem er die schriftliche Meynung des Herrn Geheimen Staats und Conferenz Ministers Graffen von Morawizky Excellenz über diesen Gegenstand dem Staats Rathe mitgetheilet, wie er glaube, daß die Eigenschafft der General Landes Direction als ausschreibende Stelle bey dem vorgetragenen Falle keine Anwendung {2r} finden könne, da hier nicht von Bekantmachung allgemeiner Landes Geseze oder General-Verordnungen, sondern nur von administrativen, in den Würkungs Creiß des Geistlichen Administrations Rathen einschlagenden Erinnerungen die Rede seye, welche durch das Regierungs Blatt bekant machen zu laßen, lezterer Stelle nicht wohl verweigeret werden könne; er Referent trage deswegen an, der General Landes Direction bekant machen zu laßen, wie der Administrations Rath allerdings befugt seye, solche in seinem Würkungs Creiß einschlagende Erinnerungen und Weißungen an die ihme untergebene Behörden durch das Regierungs Blatt bekant machen zu laßen, ohne zuvor ein Placet der General Landes Direction zu erhohlen, wohl aber solle derselbe gehalten seyn, der General Landes Direction solche Erinnerungen mitzutheilen, damit durch dieselbe das Einrücken in das Regierungs Blatt verfüget werde, wobey aber zu beobachten, daß solche Ausschreibungen immer unter der Unterschrift des Administrations Raths geschehen.

Der Staats Rath genehmigte den Antrag des Referenten mit der Änderung, daß zu Gewinnung der Zeit, derley in das Regierungs Blatt einzuruckende Erinnerungen und Weißungen des Administrations Rathes an die ihme untergebene Behörden, nicht an die General Landes Direction, sondern an das, mit der Redaction des Regierungs Blattes beauftragte Mitglied derselben brevi manu, doch in legaler Forme zugesendet werden soll; von dieser Entschließung solle dem Administra{2v}tions Rathe Nachricht ertheilet werden.

4. Der Staatsrat genehmigt den auf einem Bericht der Generallandesdirektion beruhenden Antrag Brancas, »künftig bey Ausschreibung sowohl der gedruckten als ungedruckten Verordnungen der bischöflichen Ordinariaten und Vicariaten an Volck und Geistlichkeit die Worte: auf höchste Bestättigung Seiner Churfürstlichen Durchleucht zu Pfalzbaiern mit großen Buchstaben« voranzustellen und den »Titel des Bischofes oder der Ordinariate in kleinen Buchstaben« nachzusetzen658.

Wegen des Grundsatzes, den Schulfond und die Schulgebäude nicht mit der Aufbringung von Kriegskosten zu belasten, sollen die Lateinschule und das Studentenseminar in Landshut von einem Beitrag verschont bleiben.

5. Wegen der, bey der Local Umlaage zu Landshut entstandenen Differenz über den Kriegskosten Beytrag für das Collegien Gebäude in Landshut erstattete Herr Geheimer Referendaire von Branca mündlichen Vortrag, und äüßerte, wie nach den in mehreren Verordnungen aufgestellten Grundsäzen die Schulgebäude und der Schulfond von allen Beyträgen zu den Kriegskosten verschont bleiben sollen, und folglich auch das lateinische Schulhauß und Studenten Seminar zu Landshut von dem ihme durch die Johanniter Ordens Commende zugemutheten 4. Theil des derselben angesezten Local Kriegs Kosten Beytrages befreyet bleiben müße; dagegen aber stehe der besagten Commende frey, wenn sie sich durch den ihr zugewießenen {3r} Beytrag von 333 fl. 20 kr. beschwehret glaube, ihre Bitte um eine verhältnüßmäßige Minderung und weiteren Vertheilung auf die ganze Gemeinde bey der Behörde anzubringen.

Mit dieser Äüßerung des Referenten vereinigte sich der Staats Rath.

Religionszugehörigkeit in gemischtkonfessionellen Ehen

Der Staatsrat bereitet eine Verordnung über die Religion der Kinder in gemischtkonfessionellen Ehen vor. Den Eltern soll freistehen, vor Eingehung der Ehe Verfügungen über die religiöse Orientierung der Kinder zu treffen. Wenn keine Regelung getroffen wird, sind Mädchen der Religion der Mutter, Knaben der Religion des Vaters zuzuordnen. Mit dem 18. Lebensjahr dürfen die Kinder selbst unter den drei reichsrechtlich anerkannten Konfessionen wählen.

6. Durch eine, von Seiner Churfürstlichen Durchleucht an das Geheime Ministerial Departement der auswärtigen Geschäfften über die wegen Religions Verschiedenheit zu errichtende Ehepackten erlaßene Cabinets Ordre veranlaßet, stellte Herr Geheimer Rath von Zentner die Frage auf, welche Bestimmungen über die Religions Verhältnüße der Kinder von vermischten Ehen zu treffen seyen? und überließ, nach deme er seine Meynung geäüßeret, der Entscheidung des Staats Rathes, welche Grundsäze diesfalls angenohmen und in der an Seine Churfürstliche Durchleucht abzugebenden Äüßerung aufgestellet werden wollen?

Über die von dem Referenten vorgelegte Frage stellte der Staats Rath folgende Grundsäze auf, welche zur Grundlage der an Seine Churfürstliche Durchleucht abzugebenden Äüßerung genohmen werden sollen.

Denen Contrahenten einer vermischten Ehe solle freygestellet bleiben, ob sie vor ihrer Verehlichung wegen den Religions Verhältnüßen ihrer Kinder Verträge eingehen wollen oder nicht?

Wenn sie solche Verträge eingehen, so sollen sie gehalten seyn, dieselbe nach {3v} den in der Provinz, wo sie eingegangen werden, herkomlichen Formen zu schließen wobei aber ihrer Willkühr überlaßen seyn muß, solche geschloßene Verträge während der Ehe mit Beobachtung der nemlichen Formen abzuänderen;

Wenn die Contrahenten keine Verträge schließen wollen, so sollen die Mädger in der Religion der Mutter und die Knaben in jener des Vatters erzogen werden, und gehalten seyn, den Lehren und Gebräuchen dieser Religion, worin sie erzogen werden, bis zu Erreichung des Discretions Jahres, welches für beyde Geschlechter auf das 18. Jahr zu bestimmen, sich zu unterwerffen, worauf ihme aber frey stehet, von den drey im Reiche herschenden Religionen diejenige anzunehmen, welche sie nach ihrer Überzeugung und Begrieffen für die verläßigste halten.

Auf den Falle, daß die Kinder vor Erreichung des Discretions Jahres elternloß würden, sollen die Vormünder angehalten werden, dieselbe in der Religion forterziehen zu laßen, welche sie bey Lebzeit ihrer Eltern angefangen659.

Vorlage der »Entschließungen und Anträge« beim Kurfürsten und Genehmigung.

Anmerkungen

657
Gemäß Mandat vom 23. November 1801 waren in das Regierungsblatt »nur die landesherrlichen Verordnungen, Geseze, Regierungs-Bekanntmachungen, und statistische Bemerkungen« aufzunehmen. Die Zensur oblag dem Direktor der 1. Deputation der Generallandesdirektion, Johann Adam Freiherr v. Aretin (MGS [N. F.] Bd. 2, Nr. V.122, S. 229; vgl. ebd. Nr. V.111, S. 225 [17. Oktober 1801], Nr. V.126, S. 232 [2. Dezember 1801]).
658
Vgl. VO die »gedruckten oder ungedruckten geistlichen Verordnungen der Ordinariate und Vikariate« vom 24. Mai 1803, RegBl. 1803, Sp. 346, mit Verweis auf die VO vom 3. April 1770, die vorschrieb, »daß zu Exekution einig bischöflicher Generalverordnungen, wann sie nicht vorhero von Uns eingesehen, und zu exequiren anbefohlen worden, keine Hand gebothen« werden solle (MGS Bd. 2, Nr. VI.69, S. 1099), sowie die Ordnung des Geistlichen Rates vom 16. August 1779 (ebd., Nr. VI.99, S. 1126 – 1145), die daran erinnerte, »daß man in Landen zu Baiern, und der obern Pfalz geistliche Verordnungen, und Gesetze gleich andern katholischen Staaten ohne vorausgehend – landesherrliche Einsicht, und Begnehmigung ad effectum nicht mehr bringen lassen werde« (§ 4, S. 1127 f.).
659
Vgl. VO betr. die »Religionsverhältnisse der Kinder bey vermischten Ehen« vom 18. Mai 1803, RegBl. 1803, Sp. 321 – 323; auch bei Schimke, Regierungsakten, Nr. 101, S. 513 f.