BayHStA Staatsrat 5 3 Seiten.

Anwesend: Kf. Max Joseph; Montgelas, Morawitzky, Hertling.

{1r} [MA] 1. Kurfürstliche Genehmigung der Anträge und Entschließungen der Staatsratssitzungen vom 15. Juni, 22. Juni und 6. Juli 1803 nach Vorlage durch Montgelas »mit einigen, auf den Protocollen bemerkten Änderungen und Zusäzen«.

Territorialpolitik in Franken

Ratifikation des Haupt- und Landesvertrages zwischen Bayern und Preußen vom 30. Juni 1803 über die wechselseitige Abgrenzung von Rechten in Franken.

2. Der churfürstliche Geheime Staats und Conferenz Minister Frhr. von Montgelas erstattete über den Erfolg der, mit dem königlich preusischen Staats-, Kriegs- und Cabinets Minister Frhr. von Hardenberg wegen dem zu schließenden Haupt Landesvergleich705 in Anspach gepflogenen Unterhand{1v}lungen mündlichen Vortrag, worin derselbe mit Beziehung auf die bey Anweßenheit des königlich-preußischen Ministers Frhr. von Hardenberg wegen den Vertrags Objecten hier schon getroffene Vereinbahrung, ausführte, welche weitere Vortheile für den churfürstlichen Hof durch die neuere Unterhandlungen in Anspach vorzüglich in Rücksicht auf die Anschläge, nach welchen der Ertrag der Austauschungs Objecte gefertiget werden solle, und die Nürnbergische Angelegenheiten706 erworben worden.

Da die frühere wegen diesem Landesvertrag hier schon getroffene Vereinbahrungen, welche bey Abschließung des Definitivé Haupt Vertrags zum Grunde genohmen werden muste, Seiner Churfürstlichen Durchleucht in einer besonderen Staats Conferenz schon vorgetragen und von höchstdenenselben genehmiget worden, so glaube sich Frhr. von Montgelas darauf beschräncken zu können, Seiner Churfürstlichen Durchleucht heute nur jene Punckte des Hauptvertrags gehorsamst vorzulegen, welche bey der neuen Unterhandlung in Anspach zur Sprache gekommen, und wobey baierischer seits beträchtliche Vortheile erhalten worden.

In Folge dieser Voraussezung laß der churfürstliche Geheime Staats und Conferenz Minister Frhr. von Montgelas die §§ XIV XV XVI und XXVIII des Hauptvertrags ab707, und zeigte durch Vergleichung der drey ersteren mit den von preusischer seits anfänglich gemachten Anerbiethungen und baierischer seits dagegen gemachten Erinnerungen, wie vortheilhaft die darin festgesezte Bestimmungen dem churfürstlichen Hofe seyen.

Bey diesen Verhältnüßen trage er Frhr. von Montgelas auf Ratification des definitivé abgeschloßenen Hauptvertrags {2r} an, um solchen in dem festgesezten Termin von sechs Wochen gegen das königlich preusische Exemplare auswechslen zu können.

Seine Churfürstliche Durchleucht haben dem von den königlich-preusischen und churbaierischen bevollmächtigten Staats Minister Frhr. von Hardenberg und Frhr. von Montgelas definitivé abgeschloßenen Haupt und Landesvertrag die landesfürstliche Bestättigung ertheilet.

Wegen Vollziehung dieses zwischen Preußen und Baiern geschloßenen Vertrages machte der churfürstliche Geheime Staats und Conferenz Minister Frhr. von Montgelas verschiedene Anträge, wie die sowohl wegen dem Haupt- als Separatverträgen aufzustellende Commissionen organisiret, welchen Nahmen und Firma sie führen, in welchem Verhältnüße dieselbe stehen, aus welchen Personen die Commissionen sowohl für den Haupt- als Separat Vertrage von preusischer und baierischer Seite zusammengesezet, wie die Publicationen erlaßen und was wegen dem Drucke des Vertrages verfüget werden solle.

Sämtlich diese Anträge wegen Vollziehung der preusisch-baierischen Vergleiche wurden von Seiner Churfürstlichen Durchleucht genehmiget708.

Genehmigung der »Entschließungen« durch den Kurfürsten.

Anmerkungen

705
Der am 30. Juni 1803 abgeschlossene und von kurbayerischer Seite am 17. August 1803 ratifizierte »Staats-Vergleich« zwischen der Krone Preußen und Kurpfalzbayern (BayHStA Bayern Urkunden 1636/1 [zit.]; Druck: Aretin, Chronologisches Verzeichniss, Nr. 92, S. 482 – 510) legte als Grundsatz fest, »streitige oder zu einem künftigen Streit hoechstwahrscheinlich Anlaß gebende Districte nach natürlichen Grenzen abzuschneiden oder gänzlich auszutauschen und alle Gemeinschaft und Vermischung der Rechte und Besizungen in den beiderseitigen Gebieten dergestalt durchaus aufzuheben, daß künftig keinem Theile innerhalb der Territorial Grenze des anderen, Rechte oder Besizungen zustehen sollen« (Art. I). »Dieses Abkommen brachte nach jahrhundertelangem Streit endlich feste Grenzlinien und purifizierte moderne Flächenstaaten« (Endres, Territoriale Veränderungen, S. 523; vgl. ders., Staat, S. 775 f.). Der Vergleich steht im Zusammenhang mit drei Separatverträgen vom 22. November 1802 zwischen den beiden Mächten, mit denen weitere Besitz- und Hoheitsrechte im fränkischen Raum abgegrenzt wurden. Vgl. Hofmann, Franken, Nr. 8, S. 44 f. bzw. Nr. 10, S. 48 – 50 (jeweils Regesten); dazu die späteren Erinnerungen des Ministers Montgelas (Montgelas, Denkwürdigkeiten, S. 65 – 67).
706
Am 20. November 1802 war zwischen Carl August von Hardenberg und Montgelas als bevollmächtigten Ministern Preußens bzw. Bayerns in einem weiteren (vgl. vorstehende Anm.) Separatvertrag der »Uebergang eines Theils des bisherigen Reichsstadt Nürnbergischen Gebietes an beide hohe contrachirende Theile« vereinbart worden für »den Fall, daß Nürnberg in seiner gegenwärtigen politischen Existenz und Verfassung bleiben sollte, und bey anerkannter Nothwendigkeit, die Fürstenthümer Ansbach und Baireuth, dann die ältere Baierischen Kurlande mit den neuen Indemnitäten in Franken, in möglichst natürlichen ununterbrochenen Zusammenhang zu bringen«. Sollte Nürnberg mit seinem Gebiet ohnehin an Kurbayern fallen, war »ein vollkommenes, der beiderseitigen Konvenienz entsprechendes Arrangement [zu] treffen« (BayHStA Bayern Urkunden 1628).
707
Die Artikel betreffen finanzielle Folgen, die sich aus der Abgrenzung der Rechte ergaben (Artt. XIV, XV, XVI), sowie die »beiderseitigen Ansprüche auf Nürnbergische Gebietstheile« (Art. XXVIII).
708
Vgl. das Patent betr. die »Besitzergreifung und Ueberweisung der von Sr. Königl. Majestät von Preußen, und Sr. Churfürstlichen Durchlaucht von Pfalzbaiern wechselseitig ausgetauschten und überlassenen Besitzungen« vom 26. September 1803 (RegBl. Franken 1804, S. 9 – 11).