BayHStA Staatsrat 383 13 Seiten.

Datum der Genehmigung durch den Kurfürsten: 17. November 1803.

Anwesend: Montgelas, Morawitzky, Hertling; [MA:] Krenner sen., Zentner, Arco, [MF:] Krenner jun., Hartmann, Steiner, Schenk, Schwerin, [MJ:] Löwenthal, Stengel, Stichaner, [MGeistl:] Branca.

Zurückdrängung lehensrechtlicher Ansprüche Regensburgs und Freisings

Die Forderung des Landkommisariats Regensburg, die Vasallen auf bayerischem Gebiet nach dem Tod des Fürstbischofs zur Lehensmutung anzuhalten, wird zurückgewiesen. Ebenso soll dem Generalkommissariat Freising mitgeteilt werden, daß der aufgrund des Todes von Fürstbischof Joseph Konrad eingezogene Hauptlehenfall zurückgezahlt werden soll.

{2r} 1. Herr Geheimer Rath von Krenner legte dem Staats Rathe die Verhältnüße vor, welche bey dem Anßinnen des Chur Erz Canzlerischen Land Commissariats in Regensburg: seine emittirende Vasallen zu Erfüllung ihrer Lehenpflichten anhalten und hierüber nach Maaßgab der vorgängigen Acten die erforderliche Weißungen an die betrefende Behörden ausfertigen zu laßen, eintretten, die Lehenfälle, weswegen die Vasallen zur Muthung angehalten werden sollen, seyen die Todesfälle der Fürstbischöfe Maximilian Procop799 und Joseph Conrad800.

Nach Meynung der General Landes Direction, welche über diesen Gegenstand {2v} ihren Bericht erstattet, scheine es nach Inhalt des erlaßenen Schreibens zwar keinem Anstande zu unterliegen, dem jenseitigen Gesuche zu genügen; da aber dieser Gegenstand bey der allgemeinen Reichsversamlung in Regensburg zur Beurtheilung anhängig, so glaube die Landes Direction, daß dem Chur Erz Canzlerischen Landes Commissariat dieselbe Antwort ertheilet werden müße, die von Seiner Churfürstlichen Durchleucht unterm 19. März 1799 dem vorigen Fürst Bischof von Regensburg Joseph Conrad gegeben worden, vermög welcher der Regensburgische Lehenhof an dießeitig ordentliche Landgerichte angewießen worden.

Herr Geheimer Rath von Krenner äüßerte, wie er sich mit dieser Meynung der Landes Direction vollkommen vereinigen würde, wenn er nicht inzwischen erfahren hätte, daß in Freißingen, welches in Rücksicht der Lehens Neuerungen unter dieselbe Cathegorie wie Regensburg gehöre, von dem dortigen General Commissariat der Hauptfall von dem Tode des Fürstbischof Joseph Conrad erhoben worden, wodurch das bis izt angenohme Sistem ganz verlaßen und der ergriefene Recurs an die allgemeine Reichsversamlung vereitelt werde.

Bey dieser Beschaffenheit, und wo der Fürschritt des Freißingischen General Commissariats nicht remmittiret werden könne, trage er, Referent, an, die Affligirung der Chur Erz Canzlerischen Patente wegen diesen Lehenfällen nicht zu gewehren, denen Vasalen, so sich durch diese Anforderungen beschwehret glauben, aber den Rechtsweeg bey den hiesigen Justiz Stellen offen zu laßen.

Nach gehaltener Umfrage faste der Staats Rath den Beschluß: daß die von dem freißingischen General Commissariat ohne höchste Ermächtigung wegen Einbringung der dortigen Hauptlehenfalls Rückstände getroffene Ver{3r}fügung, zu Rettung des bisher angenohmenen Sistems und aufgestellter Grundsäze ruckgenohmen und dem General Commissariat aufgetragen werden solle, den Vasallen, die die Ruckstände wegen den Hauptlehenfällen bezahlet, solche mit dem Bemerken ruckzugeben, daß dieselbe aus Irrthum eingebracht worden.

Zugleich solle das Schreiben des Chur Erz Canzlerischen Land Commissariats durch die Landes Direction dahin beanthworthet werden, wie die dießeitige Verhältnüße nicht erlaubten, dem gestellten Ansuchen zu entsprechen.

Disziplinarmaßnahmen gegen den Polizeidirektor Baumgartner

Der Staaatsrat trägt an, den Münchner Polizeidirektor Baumgartner wegen zahlreicher Vergehen, vor allem im Zusammenhang mit der Vergabe von Ausschanklizenzen, vom Dienst zu suspendieren. Aufgrund von Kompetenzkonflikten verzögert sich die Untersuchung des Falls. Der Kurfürst folgt dem Antrag nicht, sondern beschließt, den Polizeidirektor anzuweisen, binnen vier Wochen zu den gegen ihn gerichteten Vorwürfen Stellung zu nehmen.

2. In einem wegen dem Polizey-Director Baumgartner erstatteten schriftlichen Vortrag führte Herr Geheimer Justiz Referendaire von Stichaner den Staats Rath auf jene Verfügungen zuruck, welche der Graff von Rumford in den Jahren 1798 als damahliger Polizey Vorstand gegen die Vervielfältigung der hiesigen Caffeé und Bierschencken, die er für eines der vorzüglichsten Polizey Gebrechen ansah, getroffen801, und was nachher unter der Polizey Führung des Frhr. von Weichs deswegen verfüget worden; die Folge dieser getroffenen Einrichtung seye für das Publicum von entschiedenem Nuzen geweßen, und nach einer vorgenohmenen Revision seye die Zahl der berechtigten Bierwirthe auf 162 bestimmet, und diesen eben so viele Tafeln abgelieferet worden.

Nach dieser von Seiner Churfürstlichen Durchleucht bestättigten Einrichtung seye der Polizey Direction durch höchstes Rescript vom 14. Juny 1799 nochmahl aufgetragen worden, ohne churfürstliche höhere Bewilligung keine Cession einer bloßen Personal Bierschencke mehr zu gestatten, sondern vielmehr benehmlich mit dem Stadt und Hof Oberrichter Amt eine angemeßene Zahl der Bierschencken fortzusezen, bis auf welche {3v} sie durch Abgang der dermahligen Besizer vermindert werden könten, wo übrigens nun mit den Caffée Schencken auf gleiche Art verfahren werden solle; Polizey Director Baumgartner seye bey allen diesen Verhandlungen, sowohl zur Zeit als Graff Rumford die Polizey führte, als zur Zeit, wie sie dem Frhr. von Weichs übertragen ware, Mitglied der Polizey Direction geweßen.

Nachdeme Herr von Stichaner von diesen Umständen den Staats Rath unterrichtet, äüßerte derselbe, wie zu Anfang des gegenwärtigen Jahrs von Seite der betafelten oder berechtigten Bierwirthe Beschwehrden entstanden, welche auch durch Berichte des Hofoberrichters bestattiget worden, daß der Polizey Director Baumgartner weit entfernt, diese eingeführte Ordnung zu handhaben, die Cessionen der Personal Rechte häufig gestatte, daß er sogar ganz neue persönliche und reelle Bierschencks Gerechtigkeiten verleihe, verschiedene Leuthe darauf heurathen laße und für alle diese Bewilligungen beträchtliche Summen an sich bringe.

Die churfürstliche Landes Direction übertrug anfangs die nähere Untersuchung hierüber dem Hof Oberrichter Amte, da aber der Polizey Director sich gegen die Übertragung solcher Commission an das Hof Oberrichter Amt beschwehret; so habe das Praesidium der Landes Direction eine Commission bey der Landes Direction selbsten angeordnet, welche die Untersuchung den 25. Februar d. J. eröfnet.

Daß Resultat dieser Untersuchung, und der dadurch sich gezeigten 21 Thatsachen seye: daß Polizey Director Baumgartner anstatt diesen nicht unwichtigen Zweig der hiesigen Stadt Polizey in Ordnung zu erhalten, ihn selbst in die äüserste Zerrüttung gebracht {4r} habe, daß er anstatt die Bierschencken zu verminderen, sie durch eigenmächtige Verleihungen neuer personeller und reller Rechte vermehret, die Cessionen bloßer persönlicher Gerechtigkeiten gegen das Verbott gestattet, auch unbefugterweiße vielen Leuthen Heuraths Bewilligungen gegeben, für alle diese Verleihungen aber beträchtliche Geldsummen an sich gebracht, die nemliche Gerechtigkeiten an mehrere Personnen verkauft, sich selbst zum Mäkler solcher Bierschencks Käüfe herabgewürdiget, und durch dieses Verfahren viele Leuthe irre geführt, und viele Famillen und Gläübiger gefährdet, auch eines falsi sich schuldig gemacht habe.

Die Landes Direction habe den Polizey Director mehrmahl hierüber zur Verantworthung gezogen, und zu diesem Ende ihme Abschriften und Auszüge der Vernehmungs Protocolle mitgetheilet, inzwischen aber allen unberechtigten Bierwirthen, die auf vorbesagte unbefugte Weiße zu solchem Gewerbe gekommen, das Bier Schencken verbotten.

Polizey Director versprach anfänglich seine Erläüterung abzugeben, er gab sie aber nicht; die Landes Direction habe fortgefahren, ihn durch Abordnung eigenen Bottens zur Verantworthung anzuhalten, aber vergebens, alle bey dieser Verwirrung interressirte Theile hätten sich hierauf zur höchsten Stelle gewendet und von dieser seyen die nachdrücklichsten Aufträge mehrmahl an die Landes Direction erfolget, daß sie den Policey Director mit ernstlichen Mittel zur Parition vermögen solle; alle diese Befehle seyen ohne Erfolg geblieben, wovon die Ursache in einer mit einem sicheren Capitain von Streicher sich ergebenen Zwischen Geschichte liege.

Herr von Stichaner führte auch die nähere Umstände dieser Zwischengeschichte an, und zeigte, wie die höchste Stelle dadurch {4v} veranlaßet worden, der Landes Direction die Untersuchung aufzutragen, ob und welche Depositen sich bey dem Polizey Director befinden, daß sie ferner diese Depositen sicher stellen und dem Polizey Director die fernere Annahm einiger Depositen und überhaupt die Einmischung in solche, mit der Polizey-Verwaltung in keiner Verbindung stehende Geschäffte mit allem Ernste untersagen solle.

Als die Landes Direction zu dieser Untersuchung schreiten wollte, seye eine höchste Cabinets Ordre vom 27. Juny unmittelbahr an die Landes Direction oder ihren Vorstand erfolget, nach welcher diese ganze Depositen Untersuchung dem Director der 3. Deputation von Thoma802 übertragen werden solle.

Die Landes Direction seye aber deßen ohngeachtet standhaft auf ihrem Beschluße geblieben, den Polizey Director zur Verantworthung zu ziehen, und habe den 16. May deßelben Jahrs einen Inhaesiv Befehl an denselben und zugleich einen Bericht zur höchsten Stelle decretiret, allein beyde Beschlüße erhielten kein Expediatur des Vorstandes; da sich aber die Landes Direction doch nicht irre machen ließ, den Inhaesiv-Befehl zu wiederhohlen, so erfolgte endlich den 12. July d. J. die Erklärung des Polizey Directors,

daß diese Angelegenheit wegen verschiedenen ausgefertigten Bier Wirths Rechte in die Untersuchung der Depositen einschlage, worüber er vermöge höchster Weißung (die Cabinets Ordre) vom 27. Juny an den Director von Thoma angewießen seye, er gebe daher keine Maaß, ob nicht geruhet werden wolle, diesen Betref an den Director von Thoma hinüber zu geben, indem er würklich angefangen habe, an diesen ihm {5r} vorgesezten Commissär über die ihme vorgelegte Punckte die schuldige Ausweißung zu geben.

Durch diese Erklärung seye die Landes Direction in ihrem ferneren Verfahren gehemmet worden, und wollte ihre Anzeige zur höchsten Stelle erstatten. Der Bericht habe aber wiederum kein Expediatur des Vorstandes erhalten, Director von Thoma habe endlich selbst vorgeschlagen, daß die Landes Direction entscheiden solle, ob diese Bierschencks Untersuchung einen Theil seiner Untersuchung ausmache oder nicht?

Die Landes Direction habe hierauf den 27. July beschloßen, daß die Einwendungen des Policey Directors nicht statt fänden, und er schuldig seye, seine Verantworthung zur Landes Direction abzugeben; da aber alle Befehle bis izt vergebens geweßen, den Polizey Director zur Parition zu vermögen, so habe dieselbe mit Anschluß aller Acten den 26. Octbr. den Entschuldigungs Bericht zur höchsten Stelle erstattet, daß sie sich aus aller Veranthwortung ziehe, weil ihr die Mittel fehlen, den Polizey Director zum Gehorsam zu bringen.

Herr geheimer Justiz Referendaire von Stichaner fügte diesem Vortrage noch bey: wie auch bey der über den Verkauf der Bierschencken vorgenohmenen Untersuchung sich schon bezeuget habe, daß die nemliche Verkäüfe und Operationen auch bei den Cafféeschencken und Traitteurs803 Gerechtigkeiten getrieben worden, welches bey diesen um so leichter geweßen, als diese noch niemahl so bestimt und beschrieben worden, wie die Bierschencken; wie der Polizey Director sich mehrere eigenmächtige Arrestirungen vorzüglich eines sicheren Maurers Georg Pienzenauer, dann Eingrieffe in die Criminal Justiz erlaube, wie der Polizey Director gegen das Armen {5v} Institut noch die Summe von 6.506 fl. 10 kr. von sich zu rechnen habe.

Wie die Polizey Rechnungen äüßerst unrichtig und unvollständig geführet werden und es noch nicht aufgekläret seye, was es mit jenen extra Polizey Ausgaaben für eine Beschaffenheit habe, zu deren Deckung der churfürstliche Geheime Rath Reinwald804 auf churfürstlichen höchsten Befehl mit Vorbehalt der Justification einen Wechsel von 5.000 fl. ausgestellet habe; wie der Polizey Director von seinen Untergebenen Gelder leihe, wovon ein sicherer bey der Polizey Direction angestellter Armbrust ein Beyspiel liefere, wie der Polizey Director der Garnerin das Kostgeld für ein in die Kost gegebenes Kind vorenthalten, wie der Polizey Director gegen die bestehende Verbotte für verschiedene Polizey Bewilligungen Gelder erhebe, z. B. für die Erlaubnüß Betten zu sonnen805; und wie der Polizey Director sich gegen einen Augsburger Silberhändler betragen.

Herr von Stichaner bemerkte, wie es nun darauf ankomme, was der Landes Direction auf ihre Berichte für eine Entschließung zu ertheilen seye: indem es hiebey vorzüglich darauf ankomme, was die Absicht und der Inhalt der vorerwehnten Cabinets Ordre seye; es laße sich nicht annehmen, daß dieselbe einen Freybrief für den Polizey Director enthalten könne, um aller Responsabilität gegen seine unmittelbahre vorgesezte Behörde zu entgehen; die Landes Direction habe auch bereits gefunden, daß diese Cabinets Ordre, womit der Polizey Director sich zu stüzen, oder die Untersuchung in andere Hände zu spielen suche, ihn der Responsabilitaet gegen seine vorgesezte Stelle nicht entbinde.

Nachdeme aber alle angewandte Mittel eine Veranthwortung des Polizey Directors zu erhalten, bisher fruchtloß {6r} geblieben, so trage das Ministerial Justiz Département an, dem Polizey-Director unter Bedrohung der Amts Suspension nochmahl einen Termin von 4 Wochen anzuberaumen, innerhalb welchen er die von ihm abgeforderte Verantwortung abzugeben, und seine Rechnungen vollständig zu berichtigen habe.

Nach gehaltener Umfrage fand der Staats Rath die gegen den Polizey Director Baumgartner vorgetragene Thatsachen von der Art, daß sowohl zu Aufrechthaltung des Ansehens der Regierung, als auch um das Publicum gegen alle weitere Gefährden eines in einem öffentlichen Amte stehenden Mannes zu sicheren, die Dienst Suspension gegen denselben ohnverzüglich eintretten müße; der Staats Rath faste deswegen den Beschluß: den Polizey Director Baumgartner sogleich von seinem Amte provisorisch zu suspendiren, ihme jedoch bis nach beendigter Untersuchung und erfolgter Erkantnüß sein Gehalt und seinen Rang zu belaßen, sohin zu provisorischer Besezung seiner Stelle Seiner Churfürstlichen Durchleucht die Hofgerichts Räthe Graffen von Seinsheim und von Seibolstorff gehorsamst vorzuschlagen, dabey aber zu bemerken, wie ersteren die ihme zugefallene vätterliche Güther an Übernahm dieser Stelle hindern könten.

Über die Frage: welcher Stelle die weitere Untersuchung gegen den tit. Baumgartner übertragen werden solle, konte der Staats Rath keine Entschließung faßen, weil die churfürstliche Geheime Staats und Conferenz Ministers hierüber verschiedener Meynungen waren; der churfürstliche Geheime Staats und Conferenz Minister Frhr. von Hertling blieb bey dem Antrage des Justiz-Departements stehen, der churfürstliche Geheime Staats und Con{6v}ferenz Minister Herr Graff von Morawitzky stimte dafür, die Untersuchung vor der Hand noch bey der Landes Direction zu belaßen.

Der churfürstliche Geheime Staats und Conferenz Minister Freyherr von Montgelas äüßerte, wie er nach den vorliegenden Thatsachen es der Ordnung und den Gesezen angemeßen finde, mit der provisorischen Suspension die Übergaab der Untersuchung an die geeignete Justiz Stelle zu verbinden, und derselben die Einleit- und Aburtheilung dieser ganzen Sache zu überlaßen.

Bey dieser Verschiedenheit der Meynungen wäre von Seiner Churfürstlichen Durchleucht die gnädigste Bestimmung zu erbitten, nach welcher Meynung hierin verfahren werden solle.

Kurfürstliche Entschließung dazu (17. November 1803): Dem Polizeidirektor Baumgartner wird eine Frist von vier Wochen eingeräumt, um zu den gegen ihn geäußerten Vorwürfen Stellung zu nehmen. Wenn dies nicht geschieht, soll er in den Ruhestand versetzt werden.

{7v} Auf den Antrag des Staats Rathes No 2 verordne Ich, daß die angetragene Suspension des Polizey Directors Baumgartner nicht verfüget, sondern demselben ein Termin von vier Wochen gegeben werden solle, um sich über die gegen ihn vorgekommene Thatsachen und angebrachte Beschwehrden, welche ihme mitzutheilen, zu veranthworthen; die von demselben abgegeben werdende Verantworthung solle sodann von der Landes Direction allhier geprüfet, und mit berichtlichem Gutachten und Anlegung der Acten zur höchsten Stelle eingesendet werden.

Sollte der Polizey Director Baumgartner nach Verlauf der vier Wochen die von ihme geforderte Verantwortung nicht abgegeben haben, und dadurch den Verdacht auf sich laden, daß er sich nicht verantworthen könne; so solle derselbe von seiner Stelle entfernet, und mit einer verhältnüßmäßigen Pension, welche die Landes Direction ebenfalls zu begutachten, in Ruhestand versezet werden806.

Die Akzessistenstelle beim Hofgericht wird mit dem Lizentiaten Hepp besetzt, dem der Vorzug gegenüber Christoph Freiherr von Godin gegeben wird.

3. Herr Geheimer Justiz Referendaire von Stichaner eröffnete dem Staats Rathe wie zu Besezung der, durch den Austritt des Accessisten bey dem hiesigen Hofgericht Heinleth, der seinen zweyjährigen Acceß vollendet, offen werdenden Accessisten Stelle das churfürstliche Hofgerichts Directorium in seinem erstatteten Bericht den Lic. von Hepp, den Frhr. von Donnersberg und den Christoph Frhr. von Godin mit Umgehung der übrigen um diese Stelle sich gemeldeten Supplicanten vorschlage. Herr von Stichaner bemerkte, das Seine Churfürstliche Durchleucht in der Staats Conferenz vom 22. July807 bereits befohlen, den Frhr. von Donnersberg auf die nächste Vacatur einer Accessisten Stelle vorzumerken.

Da aber erwehnter Frhr. von Donnersberg inzwischen bey dem Landgericht Schwaben als Actuar angestellet worden808, so könne von demselben Umgang genohmen werden und bleibe nur zwischen dem Lic. Hepp und dem Frhr. von Godin zu wählen.

In der wegen dem Accesse bey den Justiz Stellen vorgeschriebenen Ordnung seye {7r} bestimmet, daß bey der Auswahl diejenige unter gleichen Umständen vorgezogen werden sollen, welche mit ihren übrigen Studien auch die Praxis bey den Reichsgerichten verbunden haben.

In dieser Rücksicht trage daß Ministerial Justiz Departement an, daß dem Frhr. von Godin, deßen Zeugnüße denen der übrigen nicht nachstehe, der sich auch neben bey auf auswärtigen hohen Schulen und durch reichsgerichtlichen Praxis zu bilden suchte, der Vorzug gegeben und ihme der Access verliehen werden.

Bey der über diesen Antrag in dem Staats Rathe gehaltenen Umfrage äüßerten die beyde Geheime Räthe von Krenner und von Zentner, wie sie dem Frhr. von Godin ihre Stimmen nicht geben könten, weil in einer mit demselben bey dem Auswärtigen Ministerial Département vorgenohmenen Prüfung er nicht eine juridische Frage befriedigend beantworthet und keine Beurtheilung gezeiget, auch ganz verworfen worden.

Durch diese Äüßerungen der beyden Geheimen Räthen von Krenner und von Zentner veranlaßet, beschloß der Staats Rath dem Lic. Hepp den Access zu verleyhen.

Eine von der Generallandesdirektion entworfene Verordnung die bürgerlichen Gewerbe betreffend wird durch einen Reskriptsentwurf des Ministerialjustizdepartements ersetzt.

4. Herr geheimer Justiz Referendaire von Stichaner unterrichtete den Staats Rath, daß der Praesident der General Landes Directiony809 eine von dieser Stelle wegen den bürgerlichen Gewerben zum Druck entworfene Verordnung ruckbehalten und mit Bericht zur höchsten Stelle eingesendet habe, weil er glaube, daß dadurch die Gränzen der der Landes Direction übertragenen Gewalt überschritten würden, obschon er mit den darin geäüßerten Grundsäzen verstanden seye.

Herr von Stichaner laß den von der Landes Direction entworfenen Aufsaz einer Verordnung ab, und bemerkte, wie das Minis{7v}terial Justiz-Departement mit den darin enthaltenen Grundsäzen zwar ebenfalls einverstanden, doch aber der Meynung seye, daß deren Bekantmachung bey diesem Veranlaß, wo es bloß auf Erneuerung einiger schon bestandenen Vorschriften über die bürgerliche Gewerbe ankomme, nicht eintretten sollte; das Ministerial Justiz-Departement habe deswegen einen anderen Entwurf aufsezen laßen, welchen Herr von Stichaner dem Staats Rathe ebenfalls vorlaß.

Der Staats Rath genehmigte den Rescripts Entwurf des Ministerial Justiz Departements.

Vorlage der Beschlüsse beim Kurfürsten und Genehmigung mit Ausnahme von TOP 2.

Anmerkungen

799
Max Prokop Reichsgraf von Törring-Jettenbach (1739 – 1789) war 1787 bis 1789 Fürstbischof von Regensburg und 1788 bis 1789 Fürstbischof von Freising (Gatz, Bischöfe 1648 bis 1803, S. 518 – 520 [Karl Hausberger]).
800
Joseph Konrad Freiherr von Schroffenberg, 1780 bis 1803 Fürstpropst von Berchtesgaden und 1790 bis 1803 Fürstbischof von Freising und Regensburg, verstarb am 4. April 1803 (Gatz, Bischöfe 1785/1803 bis 1945, S. 677 f. [Georg Schwaiger]).
801
Dem neu ernannten Polizeidirektor Rumford oblag durch kfstl. Verfügung vom 28. Januar 1798 »die Errichtung und Herstellung der Polizey, dann die Besorgung, und Handhabung der öffentlichen Ruhe und Ordnung in allen ihren ausgedehnten Umfange« (MGS Bd. 1, Nr. V.13, S. 110). Am 20. Februar 1798 wurde bestimmt, daß einerseits keine neue »Gewerbs-Bewilligung« auf »Kaffee- und Bierschenken« mehr erteilt würde, »wenigstens in so lange, als die gegenwätige [!] Zahl der hiesigen Kaffe- und Bierschenken nicht auf die Hälfte zurück genommen seyn wird«. Andererseits war die Obrigkeit bestrebt, die Zahl der Schenken baldmöglichst zu vermindern, weshalb u.a. der Verkauf entsprechender Personalkonzessionen untersagt wurde (ebd., Nr. V.15, S. 111).
802
Johann Nepomuck v. Thoma, seit 1799 Direktor der 3. Deputation der Generallandesdirektion in »Regie- Rechnungs- und Maut Gegenständen« (HStK 1802, S. 77).
803
Vgl. Zedler, Universal Lexicon, Bd. 44 Sp. 1952 s. v. ›Traiteur‹ in Verbindung mit Sp. 1808 s. v. ›Tracteur‹: »ein Speise-Wirth, Tisch-Wirth, ein Gar-Koch oder Gast-Wirth«.
804
Vermutlich der wirkliche Geheime Legationsrat und Geheime Kabinetts-Sekretär Johann Ludwig Rheinwald (HStK 1802, S. 61).
805
Das Auslegen von Betten zum Sonnen war aus medizinalpolizeilichen Gründen untersagt. Verstöße gegen das Verbot führten z. B. 1802 zu Protesten des Münchner Publikums (Stahleder, Chronik Bd. 3, S. 504 [Regest zum 19. Juli 1802]).
806
Baumgartner wurde erst mit Reskript vom 22. April 1805 »seiner bisher begleiteten Stelle entlediget«; RegBl. 1805, Sp. 560.
807
Kfstl. Bestätigung vom 22. Juli 1803 zu Nr. 117 (Staatsrat vom 20. Juli 1802), TOP 1.
808
Bekanntmachung: RegBl. 1803, Sp. 960f. (15. November 1803).
809
Joseph Maria Freiherr von Weichs.