BayHStA Staatsrat 7 8 Seiten.

Anwesend: Kg. Max Joseph; Montgelas, Morawitzky, Hompesch.

Folgen der Währungsreform in Tirol

Beratung über verschiedene Möglichkeiten, die nachteiligen Folgen der Abwertung des Papiergelds in Tirol zu mildern. Vornehmlich geht es um den Bewertungsmaßstab für Verbindlichkeiten, die vor der Währungsreform eingegangen worden waren. Dem Vortrag des Finanzreferendärs Schenk schließen sich Voten der Minister Morawitzky, Montgelas und Hompesch sowie des Generallandeskommissärs in Tirol, Carl Maria Graf von Arco, an. Die auf einen Interessenausgleich zwischen Schuldnern und Gläubigern zielenden Bestimmungen gehen in eine von den drei Ressortministern unterzeichnete Verordnung ein.

{2r} 1. Herr Geheimer Finanz Referendaire von Schenck unterrichtete Seine Königliche Majestät und das versammelte Ministerium, daß der Gegenstand, der die heutige {2v} Geheime Staats-Conferenz veranlaßet: nemlich die rechtlichen Verhältnüße der vor Abwürdigung der Bancozettel in Tyroll contrahirten Schulden838, wegen seinen Folgen und verschiedenen Ansichten von der grösten Wichtigkeit seye, daß derselbe aber durch die bisher gepflogene Verhandlungen so weitläüfig geworden, daß es ohnmöglich seye, alle gewechselten Noten der Ministerial Departements und Berichte des tyrolischen General Commissariats in der beschränckten Zeit einer Sizung vorzutragen. Er von Schenck habe deswegen alles, was den vorliegenden Gegenstand erschöpfen könte, in einen gedrängteren Vortrag zusammengefaßet, und glaube hierin nichts vergeßen oder weggelaßen zu haben, was diese wichtige Sache ins Licht sezen, und die allerhöchste Entscheidung vorbereiten könte.

Wenn Seine königliche Majestät allergnädigst erlaubten, diesen Vortrag abzuleßen, so hoffe er den Gegenstand nach seiner ganzen Wichtigkeit auseinander zu sezen.

Seine Königliche Majestät geruhten allergnädigst die Ableßung dieses Vortrages zu befehlen, und Herr Geheimer Referendär von Schenck fing nun an diesem allerhöchsten Befehle Folge zu leisten.

Derselbe äüßerte, wie das königliche Justiz Ministerium durch eine Note vom 4. May des Jahres die übrigen Ministerien unterrichtet, daß daßelbe {3r} aus mehreren Veranlaßungen, vorzüglich aber aus den Berichten der königlichen Landesstellen in Tyrol die Überzeugung geschöpfet habe, wie sehr die ächten Begrieffe, wodurch die richterlichen Entscheidungen über die vor Abwürdigung der Banco Zettel in Tyrol contrahirte Schulden geleitet werden sollten, bey den dortigen Justiz Stellen verfehlet seyen, und wie sehr die Nothwendigkeit erfordere, durch eine authentische Erklärung der gesezgebenden Stelle selbst, über den geszlichen Begrief, von den Geldschulden richtigere Grundsäze aufzustellen, damit die Gerechtigkeit und das Wohl eines großen Theiles der Tyroller Unterthanen und selbst das bedeutende Interesse der dortigen Landschafft solchen falschen und verschiedenartigen Ansichten nicht ausgesezet bleiben.

Mit dieser Note habe das Ministerial Justiz Departement den übrigen Ministerien ein Gutachten839 des Justiz Rathes und Professors Hufeland in Landshut840 nebst einem Vortrage des geheimen Justiz Referendärs Freyherrn von Stengel und eine Abschrift des sich hierauf beziehenden Rescriptes, wie es den 4. May des Jahres an das General Landes Comissariat in Innsbruck erlaßen worden, mitgetheilet.

Nachdeme Herr von Schenck dieses Rescript abgeleßen, schilderte derselbe die Schritte, welche gleich nach seinem Empfange von dem General Landes Commissariat in Innsbruck wegen seiner Unanwendbarkeit und wegen den davon zu befürchtenden Folgen gemacht worden, er führte die Bitten an, welche von {3v} dem General Landes Commissär in Tyrol in einem an Seine Königliche Majestät und die drey Ministerien erstatteten Berichte zu Sistirung der öffentlichen Bekantmachung dieses Rescriptes durch das Regierungsblatt und zu Ertheilung der Erlaubnüß, seine Gegenvorstellungen persönlich in München vortragen zu dörffen, gestellet worden.

Auf diesen Bericht und auf die damit verbundene Anzeige, daß die Publication des Rescriptes einsweilen eingestellet worden, hätte Seine Königliche Majestät deßen Einrückung in das Regierungsblatte vor der Hand sistiret, und dem General Landes Commissär in Innsbruck erlaubet, sich zur Vorlaage seiner Gegengründe persönlich hieher zu begeben.

Herr von Schenck zeigte nun, welche Verhandlungen hierauf zwischen dem Ministerium des Inneren und der Finanzen und jenem der Justiz durch Noten und Gegen Noten über diesen Gegenstand gepflogen worden, und zog den Schluß daraus, daß, da man diese Sache als hinlänglich untersuchet und nach den verschiedenen Gesichtspunckten, die sie darbiethe, beleuchtet betrachten könne, die Entscheidung blos abhange:

1. von der Richtigkeit des Principes, worauf die gesezlichen Bestimmungen des Rescriptes vom 4. May beruhen, und

2. von deßen Anwendbahrkeit in vorliegendem Falle.

Herr Geheimer Referendär von Schenck beschäfftigte sich zuerst mit Untersuchung der Richtigkeit des Principes, und der von dem Professor Hufeland deswegen aufgestellten Theorie, dann ging {4r} derselbe zu jener der Anwendbahrkeit des Hufelandischen Principes in dem vorliegenden Falle über, und nachdeme er diese beyde Säze sowohl in staatswirthschafftlicher, als absolut rechtlicher Hinsicht geprüfet, alles, was von dem Ministerial Justiz Departement dafür, und von dem General Commissariate in Tyroll dagegen angeführet worden, gewürdiget, und gezeiget hatte, daß der Knoten, der sich manchmal, wie gegenwärtig der Falle seye, durch eine falsche, und wenn man wolle ungerechte, aber wie angeführet worden, gesezliche Maaßregel geschlungen habe, nicht mit dem Rechtsschwerte zerhauen werden dörfte, sondern durch die Weißheit des Gesezgebers mehr nach der Billigkeit als nach dem strengen Rechte, welches hier in Collision mit sich selbst gerathe, gelößet werden müße, fürhte [!] er an, daß wenn er alle über die gemachte Einwendungen und Gegenbemerkungen aufgestellt werden könnende Erinnerungen in diesen Vortrag habe aufnehmen und sie mit der nöthigen Analyse begleiten wollen, hieraus ein Foliant von einer nicht mittelmäßigen Dicke erwachsen und vielleicht die Sache dadurch am Ende dennoch nicht klarer geworden wäre.

Er habe sich demnach begnüget, die Hauptgesichts Punckte, worauf es bey der Entscheidung hauptsächlich anzukommen scheine, heraus zu heben und ohne Vorliebe für die eine oder die andere Meynung mit gewießenhafter Treue die seinige vorzutragen.

Er glaube, daß durch folgende Vorschläge der Schaden zwischen den gewöhnlichen Gläübiger und Schuldner wenigstens getheilet werde.

1. Alle Fälle, in welchen über die in Tyrol zu der Zeit contrahirten Schulden, {4v} wo die Bancozettel gesezlichen Cours in vollem Nennwerthe hatten, ein freywilliges Einverständnüß der Theile schon statt gefunden hat, oder durch richterliches Erkantnüß bereits entschieden worden, solle es bey dem getroffenen Vergleiche oder dem ausgesprochenen richterlichen Erkantnüß ohnabänderlich belaßen werden.

2. In jenen Fällen aber, wo über die nunmehrige Ziffer der in oben erwehntem Zeitraume entstandenen Schulden Gläübiger und Schuldner sich noch nicht vereiniget haben, oder sich von selbst nicht vereinigen wollen, wäre zuerst der Weeg des gütlichen Vergleiches zu versuchen, sollte dieser aber nicht zu stande kommen, so könte die richterliche Erkentnüß zwar nach der Ziffer der Bancozettel zu erlaßen seyn, jedoch so, daß die Schuldner seit dem Jahre 1797, als dem Zeitpunckte, wo zuerst der Cours der Bancozettel beträchtlich zu fallen anfieng, die Zahlung nicht in dem ehemahligen Tyroller 21 fl. Gulden Fuße, sondern in dem dermahligen 24 fl. Fuße zu leisten haben sollen.

3. Hievon würden jedoch die landschafftlichen Aerarial und Stiftungs Vermögens Schulden und Forderungen auszunehmen seyen, in Ansehung welcher es bey der in den bisherigen richterlichen Entscheidungen zur Grundlaage genohmenen Norme verbleiben könte.

4. Ferner würden die Fälle ausgenommen, in welchen Wechsler und Kaufleuthe bloße Handlungs Geschäffte unter sich gemacht haben.

Die aus diesen Geschäfften entsprungene und noch ungetilgte Schulden wären, wenn es nicht schon bey ihrer {5r} Constituierung von den contrahirenden Theilen ausdrücklich bestimt ware, nach dem Commerzialcourse der Bancozettel abzutragen, wie er zu der Zeit und an dem Orte des Darlehens bestand.

Sollte aber an dem Orte des Darlehens kein Commercialkurs bestanden haben, so hätte man sich an den Kurs zu halten, den die Banco Zettel zur Zeit des Darlehens in der zunächst gelegenen Handelsstadt hatten.

Nach dieser auf der Grundlaage des jedesmahligen Commercial Kurses vorgenohmenen Reduction der Schuld wäre dieselbe entweder in klingender Münze oder auch in Banco Zettel nach dem Kurse, den sie zur Zeit der Bezahlung haben würden, von dem Schuldner abzutragen.

5. Unter diesen Schulden der Wechsler und Kaufleuthe wären aber keineswegs diejenige zu begreifen, die aus den trockenen Wechslen entsprungen sind, welche Wechsler der Kaufleuthe zur Beförderung ihres Handels an Private, die nicht Wechsler oder Kaufleuthe sind, ausgestellet haben.

6. Da sich nicht mißkennen laße, daß der Schuldner des in Banco Zettel erhaltenen Darlehens sehr oft in große Verlegenheit gerathen würde, wenn er duch richterlichen Spruch zur stracken baaren Bezahlung der gleichen Ziffer, den die Obligation ausspricht, obgleich nun in einem ihm günstigeren Münzfuße angehalten würde, so wäre die auf diesen Falle in dem Edicte vom 26. Juni 1806 über die Abwürdigung der Banco Zettel841 gegebene Vorschrift an die Justiz Stellen, daß sie nach Umständen bemeßene Moratorien ertheilen sollen, nicht allein zu erneueren, {5v} sondern ihnen auch zu gebiethen, sich mit Bewilligung solcher Moratorien oder mit angemeßenen Fristen Behandlungen nicht strenge zu bezeigen, sobald der Schuldner einen hinreichenden Vermögensstand, und daß keine Zahlflüchtigkeit unterliege, gehörig nachweißen kann.

Herr Geheimer Referendär von Schenck fügte diesen Anträgen bey, wie er sich die Einwendungen nicht berge, die gegen dieses Gesetz gemacht werden könten, auch seye ihme nicht unbewußt, daß dadurch nicht alle Schwierigkeiten und Klagen beseitiget würden, der Grund hievon liege in den Gesezen des gezwungenen Kurses selbst, folglich in etwas, was izt nicht mehr geänderet werden könne, und die baierische Regierung thue genug, wenn sie so weit es möglich, gleiche Billigkeit gegen Schuldner und Gläübiger zeige.

Das königliche Geheime Ministerial Justiz Departement habe auch schon in seiner Note an das Finanz Ministerium Vorschläge zu verschiedenen Modificationen des Rescriptes vom 4. May gemacht, welche Herr von Schenck ablaß, sie betreffen aber bloß das Formäle der Bestimmungen des Rescriptes und änderten in dem wesentlichen deßelben nichts.

Er von Schenck stelle mit der reinsten Unbefangenheit die Entscheidung über obige Vorschläge dem höheren Ermeßen anheim.

Mit Beziehung auf einige von den Geheimen Justiz Referendairen Freiherr von Stengel und von Feyerbach über den Vortrag des Ministerial Finanz Departements verfasten Bemerkungen gab der königliche Geheime Staats Conferenz und Justiz {6r} Minister Graff von Morawitzky folgendes schrifftliches Votum zum Protocoll842:

Den Vortrag, welcher von dem königlichen Finanz Ministerio gemacht worden, habe er bereits zum voraus zu leßen bekommen, auch habe er sich über den Inhalt und die in Vorschlag gebrachte Modificationen mit dem Justiz Departement benohmen.

Der Vortrag selbst wende nichts wieder die rechtliche Ansichten, die das Justiz Departement bewogen haben, seiner Königlichen Majestät die zurück genohmene Verordnungen im Banco Zettelweeßen für Tyrol vorzulegen, ein, daß aber durch das strenge Recht manchem Wehe geschehe, könne das Justiz Departement selbst nicht läügnen; es träffe hier das alte Sprichwort ein: Summum Jus Summa injuria!

Es gebe aber doch einige Fälle, in welchen der allerhöchste Regent in der Billigkeit gegründete Machtsprüche eintretten zu laßen, für nöthig erachten kann, und dadurch dem strengen Rechte einen Einhalt zu thun genöthiget wird, besonders wenn der Gegenstand nicht einzelne, sondern sogar eine Nation betrift.

Das Banco Zettelweeßen wäre selbst in seinem Fortgange und in den traurigen Epochen der Herabwürdigung ein Werck der Machtsprüche der vorigen Regierung von Tyrol, und die meistentheils wieder das strenge Recht dagegen eintrettende Hülfsmittel, die man nunmehr anzuwenden für gut findet, sind erzwungene aber nöthig befundene {6v} Machtsprüche.

Bey dieser Beschaffenheit ergebe sich, daß das, was nunmehr zu beschließen kömt, kein Resultat der Justiz, sondern der höheren Staatspolitique seye, mithin die Ausfertigung deßelben auch nicht von dem Justiz Departement, sondern von demjenigen zu machen seye, welches über die politische Staats Gegenstände ex officio zu respiciren habe, nur müße das anvertraute Departement bitten, daß demselben die Nachricht davon gegeben und die Gründe angeführet werden, wegen welchen Seine Königliche Majestät sich bemüßiget gefunden haben, das bereits beschloßene zuruckzunehmen.

Hierauf stimte der königliche General Commissär in Tyrol Herr Graff von Arco843 und bestrit den von dem Professor Hufeland aufgestellten Grundsaz: daß die Scala das wahre Princip seye, wornach in der vorliegenden Sache entschieden werden müste. Er äüßerte, daß er diese Frage aus der Deduction des Professor Hufeland nicht als entschieden annehmen könne, indeme mehrere Rechtsgelehrte, die tyrolischen Landesstellen, wobey verdiente Männer und gründliche Juristen angestellet, sich offen und mit Gründen dagegen erkläret.

Bey den Anträgen des Herrn Geheimen Finanz Referendaire von Schenck finde er zwey Bemerkungen zu machen:

1. müße die Einführung des 24 Gulden Fußes bey den zuruck {7r} zu zahlenden Schulden in Tyrol nicht der Anwendung und Ermäßigung des Richters überlaßen bleiben, sondern von dem Gesezgeber als Gesez erkläret und den Justiz Stellen in Tyroll zur Norme ihrer Entscheidungen bey vorkommenden Fällen gegeben werden.

2. Glaube er aus politischen Rücksichten für Tyrol antragen zu müßen, daß diese Maaßregel auch auf die schon verglichene oder rechtlich entschiedene ähnliche Fälle ruckgängig würde; welche Meynung er vorzüglich durch einige Stellen aus dem Rescripte vom 26. Juny 1806 wegen Abwürdigung der Banco Zettel844, die derselbe ablaß, zu unterstüzen suchte, und daraus abnehmen wollte, daß einige günstige Bestimmungen für jene hergeleitet werden könten, die sich in Hofnung einer erfolgenden landesherrlichen vortheilhaften Entschließung mit ihrem Schuldner einsweilen gesezet oder auch sich einen Vorbehalt für diesen Falle ausdrücklich stipuliret haben.

Wie hart und von welch nachtheiligen Folgen müste es seyn, wenn diejenige, die sich den früheren höchsten Bestimmungen vertrauend gefüget, härter gehalten werden sollten, als jene, die denselben wiederstrebend die neue Verordnung abgewartet. Schließlich müße er bey der Erklärung des Herrn Justiz Ministers Graffen von Morawizky, daß das neue Rescript von einem anderen Ministerial Departement ausgefertiget werden solle, allergehorsamst antragen, daß auf diesen Falle das zu erlaßende Rescript von allen drey königlichen Minister unterzeichnet werden mögte.

Der königliche Geheime Staats und {7v} Conferenz Minister Freyherr von Montgelas äüßerte, daß er mit dem Vorschlage des General Commissärs in Tyrol die neue allerhöchste Bestimmung wegen dem 24 fl. Fuß bey den ruckbezahlt werdenden Schulden auf die schon richterlich entschiedene oder verglichene ähnliche Fälle ruckgängig würcken zu laßen, sich nicht vereinigen könne, indeme diese Maaßregel zu unübersehbaren Processen und Reclamationen die Thüre öfnen und mit Recht bedeutende Klagen gegen die genomene Entschließung hervorbringen würde. Wohl aber stimme er dafür, daß die Einführung des 24 fl. Fußes bey den ruckbezahlt werdenden Schulden in Tyrol als Gesez proclamiret und die Justizstellen darauf angewießen werden.

Auch glaube er, daß die milde Stiftungen mit ihren Forderungen und da wo sie als Gläubiger auftretten, um so eher ausgenohmen werden könten, als die milde Stiftungen meistens ihre Gelder an privat Personnen zu ihrem vorzüglichen Nuzen, zu einträglichen Speculationen, öfter auch um sie vom Untergange zu retten gegeben; als die milde Stiftungen durch Abwürdigung der Banco Zettel schon einen großen Verlust erlitten und ein bedeutendes Deficit sich bey denselben zeige, auch die milde Stiftungen als Causas pias ohnehin auf alle Begünstigungen von seiten der Regierung Anspruch machen könten.

Übrigens seye Er Freyherr von Montgelas mit den Anträgen des Herrn Geheimen Finanz Referendärs von Schenck vollkommen verstanden, und vereinige sich auch damit, daß das zu erlaßende {8r} Rescript von allen drey königlichen Staats Minister unterzeichnet werde.

Der königliche Geheime Staats und Conferenz Minister Freyherr von Hompesch vereinigte sich so wie der Geheime Staats und Conferenz Minister Freyherr von Montgelas mit dem Antrage, die Einführung des 24 fl. bey den ruckzuzahlenden Schulden in Tyrol als Gesez zu proclamiren und solches nicht der Ermäßigung der Gerichtsstellen zu überlaßen. Derselbe erklärte sich ebenfalls gegen den weiteren Antrag, dieses Gesez ruckgängig würken zu laßen, und bewieß, daß in dem Rescripte vom 26. Juny 1806 wegen Abwürdigung des Banco Zettel845 keine Stelle enthalten, die darauf hindeute, oder einem Privaten eine rechtliche Befugnüß zuzusicheren scheine, eine verglichene oder nach richterlicher Erkentnüß abgetragene Schuld, neuerdings und zu seinem größeren Vortheile in Anspruch zu nehmen, indeme die abgeleßene Stellen nur von dem Münzfuße handeln, nicht aber in die rechtliche Verhältnüße der Ruckzahlungs Art eingehen.

Überhaupt wäre in finanzieller Hinsicht die Einführung der Scala dem Finanz Ministerio willkommen, indeme dadurch sich die Staatsschulden wahrscheinlich minderen würden, allein in rechtlicher und politischer Hinsicht scheine es ihme schwehr, daß alles durchzusezen, wie das geschichtliche Beyspiel der Assignaten in Franckreich am deutlichsten zeige.

Wegen den milden Stiftungen glaube er, daß dieselbe allerdings, wo sie als Gläübiger auftretten, ausgenohmen werden müsten, und man könne dieses um so mehr in dem Rescripte motiviren als auch alle Aerarial- und landschafftliche Schulden hievon ausgenohmen und folglich hier wieder dem Privaten ein bedeutender Nuzen zugehe.

Mit den Anträgen des Herrn Geheimen Referendaire von Schenck habe Er sich, so wie der Geheime Staats und Conferenz Minister Freyherr von Montgelas im voraus vereiniget und mit der Unterzeichnung des Rescriptes durch die drey königlichen Minister seye er verstanden.

Der königliche Geheime Staats und Conferenz-Minister Herr Graf von Morawizky erklärte sich ebenfalls für die Unterzeichnung des zu erlaßenden Rescripts durch die drey königliche Minister, da er es nicht als Justiz, sondern als Staats und Conferenz Minister unterschreibe.

Mit Umgehung des Antrages des General Commissairs in Tyrol Graffen von Arco wegen Ruckwürckung des wegen Einführung des 24 fl. Fußes bey den in Tyrol künftig ruckzuzahlenden Schulden zu erlaßenden Gesezes auf die schon verglichene oder schon richterlich entschiedene ähnliche Fälle haben Seine Königliche Majestät allergnädigst geruhet, die Anträge des Geheimen Finanz Referendärs von Schenck zu genehmigen und zu verordnen, daß hiebey nur die Einführung des 24 fl. Fußes bey den ruckzuzahlenden Schulden als Gesez proclamiret und die Justiz Stellen in Tyrol bestimt hierauf angewießen werden; auch solle der § wegen Ausnahm der milden Stiftungen {9r} nach den Abstimmungen der beyden Staats und Conferenz Minister Freyherrn von Montgelas und Freyherrn von Hompesch redigiret und das zu erlaßende Rescript von allen drey Staats und Conferenz Minister unterzeichnet werden846.

Genehmigung der »Entschließung« durch den König.

Anmerkungen

838
Die bayerische Regierung suchte seit dem Frühjahr 1806 die Wiener Bancozettel aus dem Geldkreislauf zu ziehen, einerseits um die durch zu große Papiergeldmengen bewirkte Inflation zu bekämpfen, andererseits um Tirol in den eigenen Währungs- und damit Wirtschaftsraum zu integrieren. In diesem Sinne legte die VO vom 26. Juni 1806 (s. Anm. 841) den Wert des allerdings "noch einige Zeit lang in den öffentlichen Kassen, im Handel und Wandel und in allen Zahlungen" gültigen (VO vom 26. Juni 1806, [s. Anm. 841], S. 236) Papierguldens auf 2% unterhalb des Augsburgischen Wechselkurses fest. Jedoch versäumte es die bayerische Regierung, entsprechend Bargeld in den Verkehr zu bringen. Dazu kam, daß im September bzw. November 1806 die Einhebung von zwei außerordentlichen Steuern beschlossen wurde. Vor allem aber unterließ es die bayerische Regierung, Regelungen hinsichtlich der Rückzahlung von Schulden und Verbindlichkeiten zu treffen. Montgelas beurteilte im Rückblick die Auswirkungen dieser Finanz- und Wirtschaftspolitik insgesamt kritisch. Zwar sei es unvermeidlich gewesen, das Papiergeld außer Kurs zu setzen, doch habe diese Maßregel »das Vermögen der Einzelnen um den Werthunterschied zwischen Baargeld und Papier« vermindert und alle diejenigen geschädigt, »welche als Käufer auftraten, oder auch kürzlich etwas veräußert hatten« (Montgelas, Denkwürdigkeiten, S. 165). Vgl. Hirn, Tirols Erhebung, S. 29 – 37; Hamm, Integrationspolitik, S. 261 – 263; Gritsch, Auswirkungen, bes. S. 125 – 130; Demel, Staatsabsolutismus, S. 341 f.
839
Das auf den 31. März 1807 datierte, 48 Seiten umfassende Gutachten liegt gedruckt vor: G[ottlieb] Hufeland, Rechtliches Gutachten über die Entscheidung der durch die Herabwürdigung der Bankozettel in Tirol entstandenen Rechtsstreitigkeiten, o. O. 1807.
840
Der Jurist Gottlieb Hufeland (1760 – 1817) lehrte ab 1790 als Ordinarius an der Universität Jena, ab 1803 in Würzburg. Von 1806 bis 1808 wirkte er als »ord[entlicher] öffentl[icher] Lehrer der jurist[ischen] Methodologie, Encyklopädie und Rechtsgeschichte, des gemeinen, und particularen Civil-Rechts oder deutschen Privatrechts« in Landshut (so die Lehrstuhlbezeichnung auf dem Titelblatt des »Rechtlichen Gutachtens« [s. vorstehende Anm.]). Vgl. Boehm u.a., Biographisches Lexikon, S. 193 f. s. v. ›Hufeland‹ (H.-C. Kraus).
841
VO betr. den »Kurs der Wiener Bank-Noten in Tyrol« vom 26. Juni 1806, RegBl. 1806, S. 235 f. Die Verordnung wurde motiviert durch die »Nothwendigkeit, das bisher kursirende Papiergeld aus dem Lande zu schaffen und nur baares Geld in Umlauf zu bringen«.
842
Das eigenhändig ausgefertigte Votum des Ministers Morawitzky liegt dem Protokoll bei.
843
Carl Maria Graf v. Arco (1769 – 1856) diente von Januar 1806 bis September 1808 als Hof- bzw. Generallandeskommissär in Tirol (die Umwandlung des zunächst eingerichteten Hofkommissariats in ein General[landes]kommissariat erfolgte mit VO vom 26. Juni 1806, RegBl. 1806, S. 233; zur Ernennung Arcos vgl. ebd., S. 32 [22. Januar 1806]). Davor hatte er verschiedene Stellen im Staatsdienst bekleidet, u.a. seit 1799 als Vizepräsident des Hofrates (HStK 1802, S. 32). Nach seiner Rückberufung aus Tirol wirkte Arco als Direktor der Polizeisektion im Innenministerium, ab 1812 als Präsident des Oberappellationsgerichts, sodann als Geheimer Rat. Zudem trat er im Vormärz in der Kammer der Reichsräte hervor. Arco zeichnete sich nach dem Urteil von Weis während seiner Amtsführung in Tirol durch »Einfühlungsvermögen und guten Willen« aus. Vgl. Hamm, Integrationspolitik, S. 411; Weis, Montgelas Bd. 2, S. 434 u.ö. (Zitat S. 434); Stauber, Zentralstaat, S. 351, S. 455, S. 487; Hirn, Tirols Erhebung, S. 83 – 85; [ARCO], Chronik, S. 194f.
844
Siehe Anm. 841.
845
Ebd.
846
Publiziert als VO betr. die »rechtlichen Grundsäze bei Entscheidung der durch die Herabwürdigung der Bankozettel in Tirol entstandenen Rechtsstreitigkeiten« vom 25. Juli 1807, RegBl. 1807, Sp. 1333 – 1336. Publikation in italienischer Sprache: Foglio d’ avvisi 1807, S. 168 f.