BayHStA Staatsrat 4 5 Seiten.

Anwesend: Kf. Max Joseph, Herzog Wilhelm; Montgelas, Morawitzky, Hertling.

[MA] 1. Kurfürstliche Genehmigung der Anträge und Entschließungen des Staatsrats vom 24. März 1802 »mit einigen, auf dem Protocoll bemerkten Abänderungen und Zusäzen« nach Vorlage durch Montgelas.

Genehmigung besonderer Ausgaben des kurfürstlichen Gesandten in Berlin.

2. Der churfürstliche Geheime Staats und Conferenz Minister Frhr. von Montgelas untergab der höchsten Entscheidung, ob die von der Revision des auswärtigen Ministerial-Départements dem churfürstlichen Gesandten in Berlin Chevalier de Bray in der Rechnung seiner besonderen Ausgaaben gestrichene Posten für Trinckgelder an die Dienerschafft des Cabinets Ministers von Alvensleben, dann für Anschafung der Samlung Martens von Actis publicis148, ferner eines Secretariats Schreibtisches und Archiv-Kastens, in der Rechnung passiret werden dörffen, oder ob solche von dem Chevalier de Bray aus den ihme bewilligten Antritts Gelder bestritten werden müßen.

Seine Churfürstliche Durchleucht wollen diese Posten in der Rechnung des Chevalier de Bray mit dem Vorbehalt paßiren laßen, daß die drey leztere ein Eigenthum der churfürstlichen Gesandschaft in Berlin bleiben sollen.

3. Der Kurfürst genehmigt den »Rescripts Entwurf an das rheinpfälzische General Landes Commissariat wegen den Verhältnüßen der Münzstädte in Mannheim, derselben Herstellung und Besezung der Stelle eines Münz Meisters durch den bisherigen Münz-Waradein Friedrich Eberle, dann dem übrigen Münz-Personale«.

Die Witwe Krazeisen erhält weiterhin die ihr zugewiesene Pension samt Nachzahlungen. Die Zahlung der geforderten, angeblich auf einem Ehegeschenk des Herzogs Karl von Zweibrücken beruhenden Pension soll auf sich beruhen.

4. Auf den, wegen der Forderung der Wittwe Krazeisen um richtige Bezahlung der ihr, wegen einem vorgeblich von des verstorbenen Herrn Herzogs Carl von Zweybrücken Gnaden ihr einst versicherten Ehegeschenck, angewießenen Pension erstatteten Vortrag und darin abgegebene Meynung, daß, wenn die angeführte Verschreibung eines Ehegeschenkes ächt seye, wie man allerdings vermuthen könne und worüber, da solche {3r} nicht vorgefunden werde, allenfalls noch die pflichtmäßig bestimte Aussagen des von Salabert und Erlenholz einzuhohlen wären, Seine Churfürstliche Durchleucht als Erbe des Herrn Herzogs Carl verbunden zu seyn scheine, derselben Genüge zu leisten, wenn die Räthin Krazeisen ferner darauf bestehe und sich nicht mit der ihr angewießenen Pension, welche auf jeden Falle mit ihren Ruckständen aus der Cabinets Casse entrichtet werden müste, befriedigen wolle,

haben Seine Churfürstliche Durchleucht beschloßen, die Ruckstände dieser Pension durch die Mannheimer Cabinets Casse abtragen, und so viel es die Umstände erlauben, die richtige Fortbezahlung dieser Pension verfügen, die Hauptsache aber, bis auf weiteres auf sich beruhen zu lassen.

Pensionszusage für die Tochter des verstorbenen Kirchenrats Hofmeister zu Schwezingen. Übertragung seines Gehalts auf den Kirchenrat Wund.

5. In einem ausführlichen Gutachten über die durch den Tod des Pfarrers Hofmeister zu Schwezingen erledigten Kirchen Raths Stelle und Gehalt wurden nebst Anführung der Rücksichten, die für die Wittwe und Kinder des Verstorbenen sprechen, die Verdiensten auseinander gesezet, so die um dieser Stelle anhängige Besoldung sich gemeldete Kirchen Räthe Wund149 und Kaibel150 für sich haben; sohin angetragen, 1. bey Bestimmung des gesezlichen Viduats für die Wittwe Hofmeister ihrer gebrechlichen Tochter die Versicherung zu ertheilen, daß, wenn sie ihre Mutter überleben sollte, ihr die Hälfte des Viduats mit 50 fl. Geld ½ Fuder Wein und 5 Malter Korn, solange sie in dem ledigen Stande bleiben würde, lebenslänglich belaßen werden solle; 2. das erledigte Gehalt eines Kirchen Raths, um keinem dieser beyden würdigen Candidaten zu nahe zu tretten, auf eine oder die andere Art unter beyden zu theilen, wozu verschiedene Vorschläge gemacht und der höchsten Genehmigung untergeben worden.

{3v} Seine Churfürstliche Durchleucht haben den 1. Antrag wegen der Hofmeisterischen gebrechlichen Tochter genehmiget, auf den zweyten aber verordnet, daß das erledigte Gehalt eines réformirten Kirchen Raths dem Kirchen Rath Daniel Wund ganz übertragen werden solle.

Auf Antrag des Hofrates wird die gegen Johann Scheiterer wegen verschiedenen Diebstählen verhängte Todesstrafe zugunsten einer außerordentlichen Strafe aufgehoben. Gleichzeitig ergeht Weisung an den Hofrat, derartige gegen die gesetzliche Norm sprechende Gesuche nur bei ganz besonderen Umständen zu stellen.

[MJ] 6. Wurde das von dem churfürstlichen Hofrathe über Johann Scheiterer von Zinnetsaker gebürtig, der wegen verschiedenen Diebstählen processiret worden, auf den Tod durch den Strang gefällte Urtheil, so wie die von demselben angeführte Gründe vorgeleget, weswegen der churfürstliche Hofrath glaubt, daß der Strenge der Geseze ohngeachtet, die Begnadigung und eine außerordentliche Bestraffung des Inquisiten eintretten könne, sohin von dem Ministerial Justiz-Département auf Begnadigung des Inquisiten und Erkennung einer außerordentlichen Straffe durch churfürstlichen Hofrath, angetragen.

Der Antrag des Ministerial Justiz-Départements wurde genehmiget, doch solle bei diesem Veranlaß dem churfürstlichen Hofrath zu erkennen gegeben werden, seine berichtlichen Anträge auf Begnadigungen, wenn die noch bestehenden und in Faßung der Urtheile zur Richtschnur dienende Geseze solche nicht gestatten, nur bey ganz besonderen Umständen eintretten zu laßen.

Die vom Ministerialjustizdepartement gegen das Urteil des Hofrats gemilderte Strafe gegen Anton Eschelboeck wegen mehrerer Diebstähle wird erst nach der Untersuchung der ihm weiter vorgeworfenen Straftaten ausgesprochen.

7. Über die Bestraffung des wegen mehreren Diebstählen processirten und {4r} von churfürstlichem Hofrath zum Tode verurtheilten Anton Eschelboeck151 äüßerte sich das Geheime Ministerial Justiz-Département in einem schriftlichen Vortrage und machte den Antrag, bey den vorliegenden nur einfachen Diebstahlen und anderen eintrettenden Gründen, den Inquisiten zu begnadigen und dem churfürstlichen Hofrathen die Erkennung einer außerordentlichen Straffe zu überlaßen. Das Ministerial Justiz-Département bemerket hiebey, wie es in der Folge sich noch ergeben könne, daß Inquisit auch wegen anderen begangenen Verbrechen noch in weitere Untersuchung falle, wie der churfürstliche Hofrath in seinem Berichte selbst schon eine erst nach der Aburtheilung gegen ihn entdekte Anzeige begangener Pferddiebstähle bemerket habe.

Seine Churfürstliche Durchleucht wollen, dass die Bestraffung dieses Inquisiten noch ausgesezet bleibe, bis die gegen ihn vorgekommene und sich vielleicht noch ergebende weitere Anzeigen untersuchet seyn werden.

Genehmigung der »Entschließungen« durch den Kurfürsten.

Anmerkungen

148
Der Göttinger Völkerrechtler Georg Friedrich von Martens (1756 – 1821) bot in seinem umfangreichen, für den Gebrauch der Diplomaten und den akademischen Unterricht konzipierten Quellenwerk (Recueil des principaux traités d’alliance, de paix, de trêve, de neutralité, de commerce, de limites, d’échange etc. […], Bd. 1 – 7, Göttingen 1791 – 1801) eine Dokumentation wichtiger Verträge vor allem zwischen den europäischen Mächten, aber auch zwischen diesen und den Vereinigten Staaten von Amerika. Vgl. Martitz, Recueil, bes. S. 24 – 30; zum Autor: NDB Bd. 16, S. 269 – 271.
149
Daniel Ludwig Wund (1741 – 1805), seit 1787 Professor der reformierten Theologie in Heidelberg, 1797 Rat des reformierten Kirchenrates zu Heidelberg. Drüll, Gelehrtenlexikon 1803 – 1932, S. 305 f.; Neu, Pfarrerbuch, S. 680 f.; HStK 1802, S. 236.
150
Johann Georg David Kaibel (gest. 1805), 1784 Rat des reformierten Kirchenrates zu Mannheim bzw. Heidelberg; vgl. Neu, Pfarrerbuch, S. 306; HStK 1802, S. 236.
151
Vgl. CJBC I 2 § 6, S. 13 (zit. oben in Anm. 62).