BayHStA Staatsrat 382 7 Seiten.

Datum der Genehmigung durch den Kurfürsten: 31. Juli 1802.

Anwesend: Montgelas, Morawitzky, Hertling; [MA:] Krenner sen., Zentner, Bayard, [MF:] Krenner jun., Hartmann, Steiner, [MJ:] Löwenthal, Stengel, Stichaner, [MGeistl:] Branca.

Sequestration der bisher vom Domkapitel zu Regensburg ausgeübten Pfarrverwaltung in Nabburg durch Kurpfalzbayern.

{1r} 1. Frhr. von Löwenthal fuhr fort, den gestern angefangenen Vortrag abzulesen257, und legte dem Staatsrathe die geschichtliche Verhältnisse vor, welche sowol wegen der Pfarrverwaltung des Regensburgischen Domkapitels zu Nabburg, als den Pfarr- und Meß-Verwaltungen in der Obern-Pfalz überhaupt eintretten.

Nachdem derselbe den vorliegenden Gegenstand in mehrere Perioden eingetheilt, und jene von Entstehung der {1v} Pfarrer und Meßen in der Obern-Pfalz in den altkatholischen Zeiten, von den Schicksalen der Pfarrer und Meßen bei Erscheinung der lutherischen Lehre in der Obern-Pfalz, dann von dem Zustande der Pfarrer und Meßen bei der in der Obern-Pfalz vorgegangenen Religions-Reformation vorzüglich vom Jahre 1628 bis auf unsere Zeiten entwickelt, die Geschichte der Pfarrverwaltung zu Nabburg auseinander gesetzet, und die Fragen: ob 1. diese Union nach den Rechten bestanden habe? 2. Ob diese Union in der Folge nicht unterbrochen und aufgehoben worden sey? Und 3. ob das Domkapitel die bereits aufgehobene Union wiederum rechtsgültig restaurirt habe? umständlich erörtert hatte, machte Frhr. von Löwenthal nach diesen actenmäsigen Verhältnißen den Antrag:

Aus politischen und religiösen Gründen die das Interesse der churfürstlichen Landeshoheit und die religiöse, so wie die ökonomischen Bedürfniße der churfürstlichen Unterthanen betreffen, die domkapitelischen Arrogaten und Usurpationen nicht mehr länger gleichgültig anzusehen, sondern die in der landesfürstlichen Macht {2r} hiegegen liegende Mittel, die Sequestration der Pfarr-Verwaltung, eintretten zu lassen.

Die Präjudizien der Vorzeit hätten die Linie zur besseren Einrichtung bereits vorgezeiget, und wenn man einmal den genauen Betrag der ganzen Substanz wisse, das Bedürfnis der Pfarrsprengel geprüfet, und in nähere Kenntnis der Administration komme, dann erst seye Nachgiebigkeit von seiten des Domkapitels, und Hülfe für trostlose Pfarrer und Pfarrgemeinden, außer deme aber gar nichts, zu hoffen, minder je etwas zu erzwecken.

Wolle man aber noch gelindere Mittel einschlagen und vorläufig sich in Korrespondenz mit dem Domkapitel einlassen, so müsse er Referent zwar der höhern Anordnung sich fügen, er gestehe aber, daß in einer so dringenden Sache die Lage dieses Geschäftes nach vielen Jahren noch die nämliche seyn werde, wie sie itzt seye, und er müsse es der höhern Politik, die er nicht kenne, zu beurtheilen überlassen, ob es besser seye, das offenbare Recht sogleich zu realisiren, oder dieses auf eine zeitlang, oder auf immer aufzugeben.

Frhr. von Löwenthal führte noch an, welche Folgen diese Sequestration auf andere {2v} Fälle, die auseinander gesetzt wurden, haben, und daß das Benehmen hiebei als Leitfaden in allen ähnlichen Ereignißen dienen könne.

Über diesen Antrag wurde in dem Staatsrathe Umfrage gehalten, und nach einem von dem Herrn geheimen Rath von Krenner abgegebenen, mit Gründen unterstützten Voto beschloßen: die Domkapitel Regensburgische Pfarreigefälle-Verwaltung in Nabburg ohne weiters zu sequestriren, die erfoderliche Kösten für den Gottesdienst und die pfärrliche Verrichtungen daraus bestreiten, den Ertrag dieser Pfarrei genau herstellen, und von dem das Erfordernis übersteigenden Überschuß dem Regensburgischen Domkapitel nur auf dem Falle ein mäsiges Pensions-Quantum verabfolgen zu lassen, wenn dasselbe genüglich erweisen würde, daß demselben von den Complexen der heutigen nabburgischen Pfarrgefällen, das Ganze oder ein Theil, schon vor der zwoten {3r} Hälfte des 16. Jahrhunderts incorporirt, und diese Incorporation dort schon von einiger Wirkung gewesen seye.

Zugleich soll im allgemeinen untersucht werden, was die Ordinariaten zu Zeit der in der Obern-Pfalz im 17. Jahrhundert beschehenen Reformation von den oberpfälzischen Kirchen-Vermögen gegen das Recht und die päpstliche Bullen, den benachbarten Hochstifter, Domkapiteln und wem immer Ungeeigneten, zugewendet haben oder welch sonstige Excesse bei diesem geistlichen Güter-Restitutionswesen damal unterlaufen seyen? Um hienach auf Ermeßen die erfoderliche Remedur eintretten lassen zu können.

Die Veräußerung des im Besitz des Johann Nepomuk v. Gaier befindlichen lehenbaren Mühl- und Hammergutes Peilstein an die Landrichterwitwe zu Waldmünchen v. Schmaus wird genehmigt.

2. Herr geheimer Rath von Krenner erstattete wegen dem Gesuche des Johann Nep. von Gaier, sein lehenbares Mühl- und Hammergut Peilenstein cum Appertinenciis an die gewesene Landrichterin {3v} zu Waldmünchen von Schmaus veräusern zu dürfen, mündlichen Vortrag und äuserte, daß, da durch diese Veräuserung der Heimfall des Lehens befördert werde, der Consens hiezu unter der Vorausstellung (dessen Bestimmung dem Ermessen der neuburgischen Landesdirektion zu überlassen wäre) ausgefertiget werden könne, wenn die diesem Lehengut erst in anno 1628 zugelegte Jurisdiction durch dasjenige genugsam als surrogirt angesehen werden kann, was der damal mit genannter Jurisdicktion neu begabte Vice Kanzler von Labrique dafür aus seinem Eigenthum dem pfalz-neuburgischen Lehenhof aufgetragen habe.

Herr von Krenner erinnerte hiebei daß die Bestimmung der herkömmlichen Recognition einem hohen Staatsrathe überlassen werden müsse; die neuburgische Landesdirektion setze dieselbe auf 100 bis 150 fl. an.

Der Antrag des Referenten wurde von dem Staatsrathe genehmigt, und die Recognition auf 150 fl. bestimmt.

Vorlage der Beschlüsse beim Kurfürsten und Genehmigung.

Anmerkungen

257
Fortsetzung aus: Nr. 52 (Staatsrat vom 21. Juli 1802), TOP 9.