BayHStA Staatsrat 10

12 Blätter. Unterschriften des Königs, des Ministers, des Minister-Staatssekretärs, der Geheimen Räte und des Finanzreferendärs. Protokoll: Kobell.

Anwesend:

König Max Joseph.

Staats- und Konferenzminister: Montgelas.

Minister-Staatssekretär des Kriegswesens: Triva, General der Artillerie.

Geheime Räte: v. Schenk; Franz v. Krenner; v. Kraus.

Geheimer Rat in Militärgegenständen: v. Deroy, General der Infanterie.

Finanzreferendär: v. Widder.

Militäretat

Der Finanzreferendär v. Widder präsentiert den Antrag des Finanzministeriums zur Höhe des Militäretats. Der Militäretat ist der bedeutendste Posten im Staatsetat; gleichzeitig gilt es zu bedenken, daß die Staatsfinanzen in einem prekären Zustand sind. Um die Bedürfnisse des Militärs und die Leistungsfähigkeit des Staatshaushalts in ein ausgewogenes Verhältnis zu setzen, beantragt das Finanzministerium, 6 Millionen Gulden für das Militär aufzuwenden. Die befragten Militärexperten halten die Höhe der Forderung für angemessen, ebenso der Minister Montgelas, der betont, daß dem Militär keinesfalls mehr als 6 Millionen Gulden zugewendet werden dürfen.

{1r} [1.] Auf erhaltenen allergnädigsten Befehl eröfnete der geheime Finanz Finanz-Referendär [!] von Widder die auf heute angeordnete geheime Staats-Konferenz mit Ablesung eines schriftlichen allerunterthänigsten Antrages des des [!] königlichen Finanz-Ministers an Seine Majestät den König wegen Bestimmung der Militär Exigenz. {1v} Dieser Antrag entwikelte den finanziellen Stand des Reiches, welches zwar durch die lezte politische Veränderungen einen Zuwachs an Flächen-Inhalt und Bevölkerung, keineswegs aber eine Vermehrung der Finanzkräfte erhalten, ging auf die eingetretene Errichtung der Schuldentilgungs Commission zurük832, und zeigte, welche nothwendige Gleichstellung der Einnahmen und Ausgaben erforderlich, um zu einer wohlgeordneten Staatshaußhaltung einen sicheren und beruhigenden Grund zu legen, und daß alle Branchen der Staatsausgaben mit Genauigkeit durchgangen werden müßten, um das der Staats Kaße noch immer bleibende Deficit von mehr als zwei Millionen dadurch und durch die möglichste Erhöhung der Einnahmen zu deken.

Die erste und bedeutendste Rubrik des Staats-Aufwandes nehme der Militär Etat ein, und das geheime Finanz Ministerium finde sich verpflichtet, vor allem andern zu untersuchen, was dieser Administrazionszweig bedürfe, und was der Staat auf denselben verwenden könne.

Diese Untersuchung wurde in dem allerunterthänigsten Antrage verfolgt, und vorzüglich auf den für Baierns Kräfte möglichen Stand der Armee und die {2r} hiezu nothwendige Aversional Summe Rüksicht genommen, die deßwegen in den Jahren 1804 und 1808 statt gehabte Berechnungen und Begehren der Militär-Behörden mit jenen verglichen, so dieselbe für den effectiven Stand der Armee nach der neuen Formazion aufgestellt und die Überzeugung des königlichen Finanz Ministeriums vorgelegt, daß eine effective Stärke der Armee von 46.000 Mann als das Maximum betrachtet werden könne, welches Baiern im ordentlichen Zustande der Dinge im Verhältniße zu seiner Bevölkerung und dem Militär-Stande der übrigen Bundes Staaten [sc. des Rheinbundes] unterhalten könne.

Als Folge dieser Untersuchung, die auf die Jahre 1804 und 1808 zurükgieng, und die damals von den Militär-Behörden gestellte Berechnungen in Anspruch nahm, wurde von dem königlichen Finanz Minister die allerunterthänigste Meinung aufgestellt, daß auch dermal die Festsezung der Militär Exigenz mit 5½ Millionen pro Ordinario, und mit einer halben Million pro Extraordinario, zusammen mit 6 Millionen des Aeußerste sei, was in Antrag gebracht werden könne. Denn wenn eine Militär Exigenz von 6 Millionen nach den detaillirten Etats, welche das geheime Finanz Ministerium {2v} Seiner Königlichen Majestät vorlegen werde, nur unter der Voraussezung beigeschafft werden könne, daß das Deficit von circa 2½ Millionen, welches diese und die übrigen unvermeidlichen Ausgaben veranlaßten, durch Ergreifung außerordentlicher Hülfsmittel gedekt werde, so seie gar nicht zu begreifen, wie auf eine noch größere Exigenz ein Antrag gestellt werden könne. Vielmehr müße sich jedem Unbefangenen die Überzeugung aufdringen, daß die Erhaltung des Staats-Kredits und die Herstellung einer dauerhaften Ordnung in der Finanz Verwaltung ein Unding seie, in so lange der Militär Etat nach seinem beschränktesten Zustande, von einer Bruto Einnahme von 28 Millionen allein mehr als 7 Millionen, und bei dem möglichen Fall der Einberufung der Beurlaubten mehr als 10 Millionen im Friedens Fuße in Anspruch nehme.

Und wenn der Militär Etat zur Friedenszeit bei einer solchen Stellung den Staats-Kredit vernichten, und jede Ordnung der Staats-Haußhaltung zerstören könnte, was bleibe dann bei dem Wiederausbruche eines Krieges übrig, wie sollten dann nach erfolgter Erschöpfung aller Kräften die vermehrte Staats Ausgaben {3r} bestritten, und die völlige Auflösung einer Armee verhindert werden, für deren Unterhalt platterdings nicht mehr Rath geschaft werden könnte.

Der königliche Finanz Minister würde bei diesen Ansichten Pflicht und Gewißen verlezen, wenn er sich beifallen ließe, auf Bewilligung einer Exigenz-Summe anzutragen, deren Leistung außer den Grenzen der Möglichkeit liege, er würde entweder versprechen, was er nicht zu halten gedächte, oder er würde, um sein Versprechen realisiren zu können, zu den verderblichsten Mittel [!] schreiten müßen, ohne das eine oder das andere vor seinem Souverain und dem Staate nur entschuldigen, geschweige verantworten zu können.

Da indeß die von kompetenten Behörden hergestellten, reiflich geprüften, und von Seiner Königlichen Majestät genehmigten Berechnungen die Zulänglichkeit einer Militär Exigenz von 6 Millionen darstellten, da die Erfahrung selbst bewährt habe, daß in Friedenszeiten 4½ Millionen genügten, und selbst im Kriegs Jahre 1806/07 mehr nicht als 5.857.721 fl. erforderlich gewesen, eine dem Ansehen Seiner Königlichen Majestät und der Größe des baierischen Staates entsprechende Armee zu erhalten, welche sich in Hinsicht ihres {3v} ökonomischen Zustandes nicht weniger als in Hinsicht ihrer Bravour mit jedem andern Militär habe meßen können, so werde es auch dermal möglich sein, die Armee nach der jüngsten Formazion vom 29. April dieses Jahres mit obiger Summe von 6 Millionen zu erhalten, und es werde blos von dem bestimmten allerhöchsten Befehle Seiner Königlichen Majestät abhangen, daß jene Beschränkungen und Ersparungen in den verschiedenen Branchen der Militär Oekonomie eintreten sollten, welche erforderlich seien, um in Übereinstimmung mit den Kosten Berechnungen der Jahren 1804 und 1808 ohne Abbruch der Erforderniße des Dienstes die Exigenz von 7.166.000 fl. auf 6 Millionen herabzusezen.

Der königliche Finanz Minister enthalte sich jeder näheren Bezeichnung jener Militär-Ausgaben, deren völlige Ersparung oder Verminderung thunlich und zwekmäsig sein werde, und glaube, die deßfallsigen Anträge der Militärdienstes Behörde überlaßen zu müßen, welche in ihrer Einsicht und Geschäfts Kenntniß hinlängliche Mittel finden dürfte, alle Anstände zu beseitigen, welche der Lösung dieser eben so wichtigen {4r} als unerläßlichen Aufgabe im Wege liegen könnten.

Indeßen müße derselbe Seine Königliche Majestät allerunterthänigst bitten, über die Bestimmung der Militär Exigenz für jeden Fall einen allerhöchsten Entschluß zu faßen, indem hievon jene fernere Maaßregeln abhiengen, welche in Beziehung auf die verschiedene übrige Zweige der Staatsverwaltung ergriffen werden müßten, wenn die von Seiner Königlichen Majestät beabsichtigte Ordnung in der gesammten Finanz-Verwaltung des Reiches eintreten solle.

Seine Königliche Majestät geruheten, über diesen allerunterthänigsten Antrag Dero Finanz Ministers die Meinung der gegenwärtig gewesenen Militär Personen zu erholen.

Der Minister Staats Secretaire und General der Artillerie von Triva schilderten die Ohnmöglichkeit, den durch die lezte Formazion der Armee angenommenen effectiven Stand derselben zu vermindern, denn daß an Frankreich im Falle eines Krieges zu stellende Kontingent könne auf 35.000 Mann angegeben werden, folglich blieben für die Besezung der festen Pläze, für die Depots und das {4v} Rekrutirungs Geschäft im Lande mehr nicht als 10. bis 11.000 Mann zurük, welches das wenigste seie, was zu diesem Zweke zurükbleiben müße. Allein die Gründe, welche der königliche Finanz Minister für die Aussprechung eines jährlichen Aversi von 6 Millionen für den Militär Etat angegeben, seien so überwiegend, und die vorgelegte Lage des Reichs so dringend, daß Sie glaubten, es seie Pflicht der Militär Behörden, so zusammen zu wirken, und mit vereinten Kräften dahin zu streben, daß mit dieser Aversional Summe von jährlichen 6 Millionen die Bedürfniße der baierischen Armee gedekt, und das Ganze auf dem Punkt erhalten werde, auf welchen es nicht ohne große Anstrengung gebracht worden, welches auch wahrscheinlich erreicht werden könne, wenn die dem Militär Etat nunmehr ausgesprochene monatliche 500.000 fl. immer richtig und baar bezalt würden, denn mit baarem Gelde versehen, lasse sich manche vortheilhafte Operazion machen, auf die man gegenwärtig verzichten müße.

Der königliche General der Infanterie und wirkliche geheime Rath von Deroy durch den abgelesenen Vortrag von der Ohnmöglichkeit überzeugt, daß der {5r} Staat nicht mehr auf den Militär Etat verwenden könne, als diese 6 Millionen, glaubten, daß von Seite der Militär-Behörden alles aufgeboten werden müße, um mit dieser Aversional Summe die Bedürfniße der Armee zu bestreiten; nach einem Jahre würde dann die hergestellte Berechnung zeigen, in wie weit dieses Aversum ausreiche, oder wo allenfalls noch mehrere Einschränkungen statt finden müßten, um mit demselben die unentbehrlichen Bedürfniße zu deken. Sie stimmten für Annahme des angetragenen Aversi in der Voraussezung der richtigen Bezalung.

Der königliche wirkliche geheime Rath und Kriegs-Oekonomie Director [Johann Heinrich] von Kraus kamen zwar auf Ihre wegen dem Bedürfniße des Militär Etats aufgestellte Berechnung zurük, nach welcher der effective Stand der Armee von 46.359 Mann 7.166.400 fl. kosten würde, und behielten sich vor, in einer weiteren Berechnung zu zeigen, daß die Armee selbsten in den schwersten Kriegs Jahren im Durchschnitte nicht viel über 7 Millionen des Jahres gekostet, glaubten aber ebenfalls, daß bei der dargestellten Lage des Finanz-Zustandes des Reichs die angebotene Aversional-Summe {5v} von jährlichen 6 Millionen für den Militär Etat in der Voraussezung angenommen werden könnte, daß die monatliche, dem Militär zukommenden 500.000 fl. richtig und baar bezalt, daß in dem Stand der Armee nichts vermehrt, nichts angekauft sondern alles so viel ohne Nachtheil der Armee möglich vermindert, und das Getreid in keinem höheren Preiße angerechnet werde, wobei aber nicht zu verbergen sei, daß alles mit der möglichsten Genauigkeit behandelt, und keine auch nicht die unbedeutendste unnöthige Ausgabe gemacht werden [!].

Der königliche geheime Staats und Konferenz Minister Graf von Montgelas fanden sich aufgerufen zu bemerken, daß Sie sehr wohl fühlten, daß das Bedürfniß der braven baierischen Armee noch Manches zu wünschen übrig laße, und eine Vermehrung des Aversi erheischen dürfte, allein weiter zu gehen, als es die Kräfte des Staates erlaubten, seie unmöglich, und würde zu nichts führen, als die Unordnung in der Staatshaußhaltung zu erhalten, zu vermehren, und eine höchstbedenkliche Katastrophe herbeizuführen, deren Eintritt Sie schon mehrere Jahre {6r} vorausgesagt, wenn nicht mit allem Eifer und Festigkeit an einem soliden Finanz-Sisteme gearbeitet und solches erhalten werde.

Sie wünschten Seiner Majestät dem Könige Millionen zu reichlicher Dotierung aller Branchen aus dem Lande verschaffen zu zu [!] können, allein bei der Unmöglichkeit mehr herauszubringen, als daßelbe nach einer nicht weiter getrieben werden könnenden Anstrengung trage, bleibe das von dem Finanz Ministerium angetragene Aversum von 6 Millionen das Aeußerste, was Baiern auf seinen Militär Etat in Friedenszeiten wenden könne, und Sie hielten sich überzeugt, daß bei eifriger Mitwirkung der Militärbehörden und bei raschem Ineinandergreifen daßelbe hinreiche. Behalte das Reich 2 bis 3 Jahre Ruhe, so werde sich der Schuldentilgungs Fond so konsolidiren, daß er im Falle eines dringenden Bedarfs die nöthige Aushülfe leisten könne.

Für die Richtigkeit der Bezalung der dem Militär zukommenden monatlichen 500.000 fl. glaubten Sie bei fortdauernder Ruhe bürgen zu können, und das Benehmen der beiderseitigen Kaßen werde hierüber das sicherste Gewähr leisten; daß keine Vermehrung der Armee aus dem Aversum bestritten werde, verstehe sich {6v} nach den aufgestellten Grundsäzen von selbst, nur rüksichtlich der Getreid Preiße könne keine Beschränkung angenommen werden, da hierin immer der mittlere Schrannen-Preiß zur Basis angesezt werden dürfe, und in der Abnahme dieses Getreides eine Resurce für den Staat und den Unterthan liege.

Um jedoch das Militär, so viel es die Staatskräfte erlaubten, rüksichtlich mancher im Preiße steigender Lebensbedürfniße zu erleichtern, werde Seiner Majestät dem Könige dieser Tagen der allerunterthänigste Antrag vorgelegt werden, den gemeinen Mann von den Bestimmungen der Tabaks Regie auszunehmen833, wodurch dem Schuldentilgungs Fond eine jährliche Einnahme von 80.000 fl. entgehe.

Nach Würdigung aller rüksichtlich der Militär Exigenz dargelegten Verhältniße, und der von dem Finanz Minister sowohl als den anwesenden Militär-Geschäfts-Männern entwikelten Ansichten

geruheten Seine Majestät der König allergnädigst zu entscheiden, daß in Friedens-Zeiten für den Militär Etat des Königreichs ein Aversum von sechs Millionen ausgeworfen {7r} und in monatlichen Raten von 500.000 fl. an die Militär-Haupt-Kaße abgegeben werden sollen, wovon die Militär-Behörden alle Bedürfniße der auf dem Friedensfuß sich befindenden Armee zu bestreiten haben solle.

Finanzielle Entlastung für Soldaten

Die Militärexperten raten davon ab, dem Vorschlag des Ministers Montgelas, wonach Soldaten von den Bestimmungen der staatlichen Tabaksregie befreit werden sollten, zu folgen. Zur finanziellen Entlastung der Soldaten schlagen sie vor, diesen eine Zulage von einem Kreuzer zu gewähren. Montgelas schließt sich dem Vorschlag an. Der König befiehlt, der Anregung des Ministers zu folgen.

[2.] Aus Veranlaß der von dem königlichen geheimen Staats- und Konferenz Minister Grafen von Montgelas bei ihrer Abstimmung gemachten Aeußerung: daß an Seine Majestät den König der allerunterthänigste Antrag gemacht werden würde, den gemeinen Soldaten von den Bestimmungen der Tabaks Regie auszunehmen, bemerkten der königliche Minister Staats Secretaire von Triva, General-Lieutenant von Deroy so wie der Director von Kraus, daß diese Maaßregel zu vielen Unterschleifen und zu weitläufigen Schreibereien zwischen den Civil- und Militär Behörden Veranlaß geben, und dem gemeinen Manne doch nicht die Erleichterung gewähren würde, so die Regierung dadurch bezweke.

Vorzuziehen würde es sein, wenn die Bestimmungen der Tabaks Regie und des den gemeinen Mann noch mehr drükenden Biersazes in ihrer ungestörten Ausübung blieben, und die dadurch erhalten werdende 80.000 fl. mit so viel {7v} vermehrt würden, daß dem gemeinen Manne in der Garnison eine Zulage von einem Kreuzer zugestanden würde, welches einen beßeren Eindruk bei der Armee hervorbringe, und alle Unterschleife, die sonst unvermeidlich, abschneide.

Der königliche geheime Staats und Konferenz Minister Graf von Montgelas glaubten diesem Vorschlage in so weit beitreten und Seiner Majestät dem Könige zur Annahme anempfehlen zu können, als durch ein näheres Benehmen zwischen den beiden Ministerien und eine genaue Berechnung hergestellt sein werde, wie hoch sich die erforderliche Summe belaufe, um einen Kreuzer Zulage bewilligen zu können, und daß sowohl die schon angesezte 80.000 fl. als dasjenige, was über die 80.000 fl. von Seite der Civil-Behörden hieran noch zugeschoßen werde, nicht aus der Central Staats-Kaße bezalt, sondern auf das Gefäll, dem die Ausnahme der gemeinen Mannschaft eine Verminderung seiner Einnahmen verursacht haben würde, geschlagen werde.

Rüksichtlich des hohen Bier Preißes glaubten Sie, daß durch Polizei Maaßregeln eine entsprechende Abänderung getroffen werden könnte, indem der hohe Preiß des Biers auf deßen {8r} Konsumzion und folglich auf den Aufschlag wirke.

Seine Majestät der König genehmigten, daß rüksichtlich dieser Erleichterung für den gemeinen Soldaten, und statt der Ausnahme deßelben von den Bestimmungen der Tabaks Regie die beiden Ministerien sich zuvor noch miteinander benehmen, und die von dem geheimen Staats- und Konferenz Minister Grafen von Montgelas deßwegen aufgestellte Grundsäze hiebei zum Grunde gelegt werden.

Militäretat

Finanzreferendär v. Widder trägt Näheres zur Verwendung des dem Militär zugemessenen Etats vor. Dabei geht es um sämtliche materiellen Bedürfnisse des Militärs in Friedenszeiten. Der König genehmigt die Vorschläge mit kleineren Änderungen.

[3.] Der königliche geheime Rath und Kriegs Oekonomie Director von Kraus machte Seiner Majestät dem Könige und den versammelten Mitgliedern die Bemerkung, daß bei dem nun für den Militär Etat ausgesprochenen Averso es eine der nothwendigsten Maaßregeln seie, daß die Militär Administrazion nicht getheilt, sondern in den Händen eines einzigen Vorstandes seie, der alle Anfragen auf der Stelle entscheide, alle Operazionen leiten, und das Ganze übersehen könne, ohne gezwungen zu sein, das, was er für zwekmäsig erachte, mehreren Behörden anzuzeigen, und erst Weisungen hierüber zu erholen.

Aus Veranlaß dieser Bemerkung erbaten sich der königliche geheime Staats- und Konferenz Minister Graf {8v} von Montgelas von Seiner Königlichen Majestät die allergnädigste Erlaubniß, daß der geheime Referendär von Widder den bearbeiteten Entwurf jener näheren Bestimmungen vorlege, welche eintreten dürften, wenn Seine Königliche Majestät, wie bereits geschehen, für den Militär Etat eine jährliche Aversional Summe zu bestimmen geruheten.

Nachdem diese Bewilligung von Seiner Majestät dem Könige ertheilt war, trugen geheimer Finanz Referendär von Widder folgende Bestimmungen vor:

1) Die zu fixirende Summe in monatliche oder auch in wochentliche gleiche Raten zu theilen, bei der Central-Staats- und den Kreis-Kaßen anzuweisen, und zu sorgen, daß diese Raten fortwährend mit der größten Pünktlichkeit ausbezalt werden.

2) Die rentamtlichen Getreid Vorräthe, so wie die von den Unterthanen nach den jüngsten allerhöchsten Bestimmungen zu liefernden Naturalien wären forthin nach dem jedesmaligen mittleren Marktpreiß zu vergüten, und hiernach die von den Kasernen Verwaltungen ausgestellten Empfang-Scheine statt baare Zalung der Militär-Kaße hinüber zu rechnen.

3) Der Kriegs Oekonomie Rath {9r} hätte monathlich eine Auszeige der Verwendung der angewiesenen und erhaltenen Gelder dem geheimen Finanz Ministerium zu übergeben, die Militär Haupt Kaße jährlich ihre Rechnung zur Subrevision an die oberste Rechnungs Behörde des Königreichs einzureichen, und ihr Absolutorium von dem geheimen Finanz Ministerium zu empfangen.

4) Die Ausgaben des Militär Etat, welche aus der Aversional Summe zu bestreiten, begreifen alles in sich, was die Armee im Friedens-Stande bedarf, namentlich

a) die Kosten der Verpflegung von Mannschaft und Pferden, in Garnisonen, auf Märschen und Kantonnirungen nach dem bestehenden Reglement, wo bei α) der Stand der Armee immer derjenige sein wird, der erforderlich ist, im Falle Bedürfens 30.000 Mann ins Feld zu stellen, eine Reserve zu behalten, und den Dienst der festen Pläze des Königreichs zu besorgen β) bei der Kavallerie fortwährend 800 Pferde für jedes Regiment komplett zu erhalten, respec. zu remontiren, entgegen γ) das Fuhrwesen auf das strengste Bedürfniß der Artillerie Bespannung zu beschränken wäre.

{9v} Wieviel Mannschaft präsent zu halten, und wie viel zu beurlauben seie, unterliege gänzlich der Bestimmung der Dienstbehörden, allein die auf 8 wochentliche Einberufung der Beurlaubten zum Exerzieren erlaufenden Kosten wären aus der Aversional-Summe zu bestreiten.

Rüksichtlich der 800 Pferde bei jedem Kavallerie Regiment erinnerten geheimer Rath und Kriegs Oekonomie Director von Kraus, daß diese im effectiven Stande zu halten, bei der Aversional Summe von 6 Millionen nicht möglich seie, und dieser Stand der Pferde bei der Berechnung angegeben worden, wornach für den Militär Etat 7.166.400 fl. jährlich verwendet würden.

Geheimer Rath und General Finanz Director von Schenk bemerkten hierauf, daß dem Finanz Ministerium allerdings daran liegen müße, daß die Anzal der Pferde bei den Kavallerie Regimentern verhältnißmäsig mit dem Dienste und der nothwendigen Übung des Kavalleristen auch in Friedenszeiten gehalten werde, und nicht so herunter komme, daß bei eintretender Mobilmachung der Armee, das Finanz Ministerium zu Komplettirung der Kavallerie {10r} bedeutende Summen verwenden müße. Aus diesen Gründen müße in den Bestimmungen die Anzal der zu haltenden Pferde bei einem Kavallerie Regiment aufgenommen sein.

Auf diese Bemerkung entgegnete von Kraus, daß so richtig dieselbe auch seie, 800 Pferde mit dem gegeben werdenden Averso nicht gehalten werden könnten, und es die Pflicht des Ministers Staats Secretairs als Chef der Militär-Branche seie, dafür zu wachen, daß die für den Dienst nothwendige Anzal Pferde bei jedem Kavallerie Regiment gehalten werden. Sie glaubten, es seie hinlänglich zu sezen „fortwährend der dem Dienste angemeßene Pferde-Stand“.

Auch gegen die Stelle in Litt. a, auf 8 wochentliche Einberufung der Beurlaubten zum Exerziren erlaufende Kösten, erinnerten der Minister Staats-Secretaire von Triva, daß die Exerzier Zeit nicht 8 Wochen, sondern 3 Monate dauere.

Geheimer Finanz Referendär von Widder machten deßwegen den Vorschlag, zu sezen

„die gewöhnliche Einberufung der Beurlaubten zum Exerziren“.

b) Alle wie immer Namen habende Militärbau-Ausgaben, sowohl {10v} Reparazion der vorhandenen als Herstellung neuer Gebäude, der Ankauf von Gebäuden und Gründen, es seien leztere zu Exerzier Pläzen oder zu Erweiterung von Festungswerken bestimmt, so wie auch die bei derlei Erweiterung der Festungswerke an Privaten zu reichende Entschädigungen.

Der General der Infanterie von Deroy und der Kriegs Oekonomie Director von Kraus bemerkten, daß diese Ausgaben nicht wohl in das Aversum eingeworfen werden könnten, weil dieselbe zu bedeutend, denn fast in allen Garnisonen mangelten, weil sie vorher geistlichen Fürsten zugehöret, Kasernen, wodurch das Militär-Aerar eine große Auslage zu bestreiten habe.

c) Anschaffung von Artillerie, Gewehren und Munizion in jenem Verhältniße, welches der Stand der Armee erheischt, und welches bei dem Ausbruche eines Kriegs jede Verlegenheit und die Nothwendigkeit beseitiget, hierauf einen außerordentlichen Aufwand zu machen.

Die Unterhaltung eines Vorraths von Monturen und allen andern dermal vom Montur Magazin gelieferten Requisiten, welche den vollständigen Jahres Bedarf der Armee dekt.

{11r} Unter die außerordentliche Ausgaben, welche von dem Aversum nicht, sondern aus besondern Zuschüßen der Staats Kaße zu deken wären, dürften gezält werden a) die Kosten einer länger als 8 Wochen dauernden Einberufung der Beurlaubten, wenn solche zur Friedenszeit durch außerordentliche Zufälle nöthig gemacht werden sollte, b) alle Gagen und Löhnungs-Erhöhung der auf den Kriegs-Fuß gesezten Truppen mit der Natural-Verpflegung, c) die Anschaffung der bei der Mobilmachung der Armee erforderlichen Fuhrwesens-Pferde, d) die Anschaffung der Kavallerie Remonte, wenn die Regimenter auf ihren kompletten Stand über 800 Pferde gesezt werden, e) alle außerordentliche Anschaffungen welche durch den Krieg veranlaßt und zum Behufe des Krieges nothwendig werden, f) die Kosten von neuen Festungs-Bauten.

In Litt. d schlugen geheimer Finanz Referendär von Widder wegen der in Litt. a getroffenen Aenderung zu sezen vor auf ihren effectiven Stand gesezt werden und folglich, über 800 Pferde, auszulaßen.

{11v} Seine Majestät der König genehmigten daß diese Bestimmungen mit folgenden Aenderungen als Grundlagen und Normen bei Verwendung der ausgesprochenen Aversional Summe aufgestellt, und dieselbe von den Militär-Behörden als solche beobachtet werden.

In Litt. a statt fortwährend 800 Pferde für jedes Regiment komplett zu erhalten „fortwährend den dem Dienste angemeßenen Pferde-Stand komplett zu erhalten“.

Statt auf 8 wochentliche Einberufung der Beurlaubten „auf die gewöhnliche Einberufung der Beurlaubten“

und in Litt d. statt auf ihren kompletten Stand, folglich über 800 Pferde gesezt werden „auf ihren effectiven Stand gesezt werden“.

Soldzahlungen

Nähere Bestimmungen zu den noch ausstehenden Soldzahlungen an die Mannschaften. Die Rückstände sollen alsbald beglichen werden.

[4.] In Beziehung auf die Militär-Rükstände erinnerten geheimer Rath und Kriegs Oekonomie Director von Kraus, daß diese nicht in gleiche Kategorie wie die Civil-Rükstände gesezt werden könnten, indem darunter noch viele Löhnung der gemeinen Mannschaft begriffen, deren Zalung dringend sei.

Denenselben wurde hierauf von dem königlichen geheimen Staats- und Konferenz Minister Grafen von Montgelas und dem General Director von Schenk erwiedert, daß diese Rükstände nach einer von dem Kriegs Oekonomie Rath herzustellenden genauen Berechnung, wozu die Normen ihm gegeben würden, auf den Schulden-{12r}Tilgungs-Fond hinüber gewiesen werden, und man die rükständige Löhnungen unter die dringenden Zalungen bei der Schulden-Tilgungs-Kaße aufnehmen könne.

Dieser Erinnerung fügten der General-Lieutenant der Infanterie und geheimer Rath von Deroy bei, daß es sehr zu wünschen wäre, daß wenigstens die verabschiedeten Soldaten ihre noch gut habende Löhnung bald erhalten mögten, indeme dieser Verzug großes Aufsehen und eine üble Stimmung für künftige ähnliche Fälle hervorbringe.

Auch Seine Majestät der König geruheten die Bemerkung zu machen, daß diese Zalung dringend, und wenn sie bald geschehen könne, an die Verabschiedeten und Beurlaubten auf dem Lande geschehen solle, damit dieselbe dieses Geld auf dem Lande verzehren könnten, welches einen beßeren Eindruk hervorbringen werde, als wenn dieselbe solches in ihren Garnisonen durchbrächten.

Seine Majestät der König hoben die Sizung der heutigen Staats-Konferenz hiemit auf.

Der König bestätigt die im Protokoll enthaltenen Entscheidungen, die mit seinen in der Staatskonferenz getroffenenen „Entschließungen“ vollkommen übereinstimmen (ohne Datum).

Anmerkungen

832

Vgl. VO betr. die „Errichtung einer Schuldentilgungs-Kommission in Baiern, ihren Geschäfts-Kreis, und ihre Formation“ vom 20. August 1811, RegBl. 1811, Sp. 1063-1072.

833

Vgl. im vorliegenden Protokoll TOP 2. – Zur Einführung einer Tabakregie: Protokoll Nr. 31 (Geheimer Rat vom 20. August 1811), TOP 2.