BayHStA Staatsrat 275

16 Blätter. Unterschriften der Minister. Protokoll: Kobell.

Anwesend:

Staats- und Konferenzminister: Montgelas; Reigersberg.

Geheime Räte: Graf v. Preysing-Hohenaschau; Graf v. Toerring-Gutenzell; v. Zentner; Graf v. Thurn und Taxis; Franz v. Krenner; Carl Maria Graf v. Arco; Freiherr v. Aretin; v. Effner; Freiherr v. Asbeck; v. Feuerbach; Graf v. Welsberg.

Dienstverhältnisse der Staatsdiener

Nach Klärung von Verfahrensfragen legt Montgelas die in der vorigen Sitzung vorgestellten Fragen zur Abstimmung vor. Zu prüfen ist erstens, welche Bedienstete als Staatsdiener anzusehen sind. Mehrheitlich wird nach ausführlicher Aussprache entschieden, der König solle sämtlichen Ministerien die Erstellung von Personallisten auftragen, um die künftigen Staatsdiener genau zu bestimmen. Die zweite Frage lautet, ob Verwaltungsbeamte ausschließlich auf Grundlage richterlicher Erkenntnisse entlassen werden sollten. Montgelas formuliert als dem König vorzulegender Standpunkt des Geheimen Rates, daß die im Gefolge stufenweise gesteigerter Disziplinarstrafen verfügte Dienstentlassung eines Verwaltungsbeamten den Justizstellen zu überlassen ist. Die dritte Frage lautet, welches Verfahren angewendet werden muß, wenn ein Verwaltungsbeamter ohne richterliche Mitwirkung entlassen wird. Durch die Lösung der zweiten Frage erübrigt sich die Antwort. Statt dessen werden die Stufen der Disziplinarstrafen erörtert; die Ergebnisse der Aussprache werden als Antrag an den König verschriftlicht. Die vierte Frage wird vertagt. Dabei geht es um die Alimentation von dienstunfähigen Funktionären, die keine Staatsdiener sind, aber durch treue Pflichterfüllung die Gnade des Königs auf sich gezogen haben.

{1r} 1. Da die von Seiner Majestät dem Könige auf heute angeordnete Sizung dazu bestimmt war, die Abstimmungen der Mitglieder des königlichen geheimen Rathes über die in der lezten Sizung1649 {1v} von den geheimen Räthen Freiherrn von Asbek und von Feuerbach wegen den Verhältnißen der Staatsdiener erstattete Vorträge zu erholen, so warfen Seine Excellenz, der königliche geheime Staats-und Konferenz-Minister Herr Graf von Montgelas, welche den Vorsiz führten, zuerst die Frage auf: in welcher Ordnung diese Abstimmungen erholet werden sollen, ob von dem königlichen geheimen Rathe hiebei der Gang, welche die geheime Raths Sectionen nach den Protokollen genommen, gewählet, oder aber jene Fragen zum Grunde gelegt werden wollten, welche das allerhöchste Reskript vom 18ten [!] November vorigen Jahres1650 vorschreibe? Sie erklärten sich für leztere, die auch der geheime Raths-Referent in seinem Vortrage beibehalten.

Seine Excellenz, der königliche geheime Staats- und Konferenz Minister Herr Graf von Reigersberg und die Mehrheit der Herrn geheimen Räthen stimmten diesem lezteren Vorschlage bei, und so legten Seine Excellenz, der königliche geheime Staats- und Konferenz {2r} Minister Herr Graf von Montgelas die erste Frage des königlichen allerhöchsten Reskriptes vom 18ten [!] November vorigen Jahres zur Abstimmung vor.

1te Frage. Welche Bediensteten sind als Staatsdiener anzusehen?

Nachdeme Herr geheimer Rath Freiherr von Asbek Ihren Seite 66 und 67 des lytographirten Vortrages gestellten Antrag über diese erste Frage1651, und Herr geheimer Rath von Zentner die Meinungen der vereinigten Sectionen hierüber aus dem Protokolle vom 10 Merz dieses Jahres1652, allwo die erste Frage die zweite geworden, abgelesen hatten, äußerten sich Seine Excellenz, der königliche geheime Staats- und Konferenz-Minister Herr Graf von Reigersberg über diese erste Frage, wie in Ihrem anliegenden schriftlichen Voto enthalten1653 *Beilage I* [Marginalie], und erklärten sich in der Haupt-Sache mit den Ansichten des geheimen Raths-Referenten Freiherrn von Asbek und der vereinigten Sectionen verstanden.

{2v} Herr geheimer Rath Graf von Preising schloßen sich diesen [Ansichten] des geheimen Raths Referenten und der vereinigten Sectionen ebenfalls an, wie Sie in Ihrem anliegenden schriftlichen Voto näher ausführten1654. *Beilage II* [Marginalie].

Herr geheimer Rath Graf von Törring erklärten sich für die Ansichten der Sectionen rüksichtlich dieser Frage, und bemerkten dabei, daß eine Ausscheidung zwischen den eigentlichen Staatsdienern und den Bediensteten zu treffen, eine äußerst schwere Aufgabe seie, und die Grundzüge, nach welchen hiebei zu verfahren, von dem Regenten allein ausgesprochen, und diesen sodann die von den Ministerien hierüber gegeben werdende Etats angepaßt werden müßten, wobei freilich immer manches zu bestimmen, mit nicht geringen Schwierigkeiten verbunden bleiben würde.

Herr geheimer Rath von Zentner, welche in Ihrer schriftlichen Abstimmung1655 dem Gange *Beilage III* [Marginalie] der vereinigten Sectionen und den Protokollen gefolget, lasen Ihre Ansichten über diese {3r} erste Frage ab, und entwikelten darin mehrere Bemerkungen welche bei der zutreffenden Ausscheidung berüksichtiget werden müßen, glaubten aber, daß diese Frage nach den Anträgen der vereinigten Sectionen zu einer definitiven Abstimmung noch nicht hinlänglich vorbereitet seie.

Herr geheimer Rath Graf von Tassis gaben in Ihrem schriftlichen Voto1656 einige Grundsäze an, nach welchen der Karakter eines Staatsdieners künftig auszusprechen sein dürfte *Beilage IV* [Marginalie], glaubten aber, es seie nach der allbekannten Gnade und Großmuth Seiner Majestät des Königs wohl keinem Zweifel unterworfen, daß die Revision der Dienstes-Pragmatik1657 keinen Bezug auf die dermal schon Angestellte haben könne.

Herr geheimer Rath von Krenner schilderten die Schwierigkeiten, eine Definizion zu geben, wer als Staatsdiener anzusehen, und legten Ihre aus den Regeln der Logik hergeleitete Überzeugung vor, daß hiebei nur empirisch verfahren {3v} und die Grundsäze, nach welchen diese Ausscheidung empirisch zu treffen, allein von dem Monarchen ausgesprochen werden könnten. Sie vereinigten sich mit den Anträgen der geheimen Raths Sectionen.

Herr geheimer Rath Graf Carl [Maria] von Arco äußerten in anliegendem schriftlichen Voto1658 *Beilage V* [Marginalie] Ihre Meinung, daß es mit Zuhandnehmung des nun erschienenen Hof- und Staats-Handbuches1659 nicht so schwer seie, die Linie, wer als Staatsdiener zu betrachten, mit vieler Bestimmtheit zu bezeichnen, wenn man den von Ihnen angegebenen Karakter zum Grunde lege, wobei Sie ebenfalls als ausgesprochen annehmen zu können glaubten, daß die Eigenschaft eines Staatsdieners denjenigen nicht entzogen werden könnte, welche vor dem Jahre 1808, folglich vor Erscheinung der Konstituzion schon angestellt gewesen1660.

Herr geheimer Rath Freiherr von Aretin fanden ebenfalls nicht so viele Schwierigkeiten, die vorgelegte Frage zu lösen, {4r} sobald der Karakter festgesezt seye, der erfordert werde, um als Staatsdiener angesehen zu werden, da der geheime Rath nicht zu Abgebung eines Gutachtens über die frühere Pragmatik [vom 1. Januar 1805] aufgefordert worden, sondern es sich blos von Ergänzung und Anwendung derselben auf die Konstituzion handle. Übereinstimmend mit diesem von dem Souveraine zu gebenden Grundsaze könne diese Ausscheidung der künftigen Staats-Diener und Bediensteten empirisch leicht geschehen, und Sie glaubten nicht, daß es nothwendig sein werde, diese Arbeiten in den Sectionen vorbereiten zu laßen, sondern daß dieselben gleich in dem versammelten geheimen Rathe gemacht werden könnten.

Herr geheimer Rath von Effner äußerten, das allerhöchste Reskript vom 18ten [!] November vorigen Jahres befehle eine nähere Ausscheidung der Staatsdiener von den übrigen Bediensteten im Staate, welche auf die Pragmatik [vom 1. Januar 1805] keinen Anspruch haben sollten. {4v} Diese Ausscheidung werde nicht schwer sein, und es bedürfe hiezu keiner vorläufigen Vernehmung der Sectionen; es müße nur hiebei die Vorsicht gebraucht werden, daß die Konstituzion nicht verlezt, und denjenigen, welche schon an die Staatsdienerschaft und Theilnahme an der Pragmatik gegründeten Anspruch hätten, ihr Recht nicht entzogen werde. Von den dermal schon Angestellten und künftig Anzustellenden seien alle Mitglieder der Justiz-Kollegien schon pragmatische Staatsdiener, sie hätten volles Recht es zu bleiben und zu werden. Alle dermal schon angestellte Verwaltungs Beamten seien gleichfalls Staatsdiener und hätten dieses Recht durch die Konstituzion. Alle künftig (von Zeit der Konstituzion an gerechnet) anzustellende Verwaltungs Beamte seien Staatsdiener nach der Probezeit von 6 Jahren.

Es komme daher nur mehr zu entscheiden, was ist im administrativen Fache ein Verwaltungs Beamter? Was ist im Justiz-Fache {5r} ein Mitglied eines Kollegiums. Das lezte werde nicht schwer zu entscheiden sein. Außer den oberen Justiz Kollegien gehörten auch Stadtgerichte in die Zahl, auch jene Landgerichte, welche kollegialisch organisiret seien. Das erste leide noch eine nähere Bezeichnung, und hier könnten die Unterscheidungs Merkmale, welche Herr Referent angegeben, angenommen werden.

Herr geheimer Rath von Feuerbach äußerten, daß die zur Abstimmung vorgelegte Frage eigentlich dahin sich anschließe, welche sind diejenige Staats-Aemter, so nach dem in der Konstituzion gegebenen Karakter, jenem eines wirklichen Rathes gleich zu stellen, und mit der Eigenschaft eines Staatsdienstes zu belegen1661. Die Beantwortung dieser Frage seie zwar mit vielen Schwierigkeiten verbunden, weil die Subsumpzion schwankend und zweifelhaft bleibe, allein wenn ein leitendes Prinzip aufgestellt, und hiebei die höhere Bildung so zu einem {5v} Amte erforderlich, als Maaßstab angenommen werde, so laße sich mit Zuhandnehmung des inzwischen erschienen[en] Staats-Handbuches die Aufgabe dennoch empirisch lösen, vorausgesezt, daß von Seiner Majestät dem Könige das leitende Prinzip, welches hiebei als Richtschnur dienen müße, ausgesprochen werde.

Herr geheimer Rath Graf von Welsperg äußerten, um nicht das bereits Gesagte zu wiederholen, und abstrahirt von der so rühmlichen Dienstes-Pragmatik [vom 1. Januar 1805], welcher Sie nach Ihrer innigsten Überzeugung für den königlich baierischen Staats-Dienst mehr Gutes in ihren bisherigen Wirkungen zuschrieben als die Übel betragen mögten, die ihr beigemeßen werden wollten, und um sich also blos auf die im allerhöchsten Reskripte gesezte erste Frage zu beschränken, müßten Sie mit den Sectionen und mit der Bemerkung des Herrn geheimen Rath von Zentner sich äußern, daß nach dem Vortrage die Beantwortung der Frage noch {6r} zu wenig präpariret, um darüber abstimmen zu können. Es werde daher nach nunmehr erschienenem Staats-Kalender nothwendig zu diesem rekurriret werden müßen. Mehrere Mitglieder hätten zwar geglaubt, daß dieses Geschäft auch gleich jezt von dem versammelten geheimen Rathe vorgenommen werden könnte, Sie aber seien der Überzeugung, wenn man nicht nach der Meinung des Herrn geheimen Rath Grafen Carl [Maria] von Arco gleich jezt schon diese Linie bei den Kanzellisten und Boten ziehen und bestimmen wolle, daß bei der praktischen Vornahme die Sönderung und individuelle Theilung der Beamten große und mehrere Anstände sich zeigen würden, und Sie erachteten also die vorläufige Einvernehmung der verschiedenen Departements Chefs für nothwendig, wenn man nicht Gefahr laufen wolle, durch nachfolgende Reklamazionen und Vorstellungen die gefaßten Beschlüße wieder abändern zu müßen. So dürfte z. B. an der Eigenschaft eines Staatsdieners für einen Postwagen-Paker und {6v} und [!] Austräger der Post Direkzion mehr als bei einem Adjunkten gelegen sein, und wenn schon die Pragmatik [vom 1. Januar 1805] bei dem königlichen Post-Personale einen Stoß erlitten, so dürfte Ihre obige Besorgniß doch hinsichtlich der übrigen Departements eintreffen, und die Vernehmung Ihrer Chefs nöthig sein.

Auch glaubten Sie, daß eine Trennung und Sönderung zwischen Staatsdienern und im Staate Bediensteten wohl nach fremden Verfaßungen als z. B. Italien, wo der Präfekt und Intendant seine Subalternen auf eigene Haftung selbst aufnehme, nicht aber hierlandes eintreten sollte, wo alle von Seiner Majestät dem Könige die Ernennung erhielten, wo die meisten, wenigstens zum Wittwen-Fonde1662 beitrügen, und wo die nach der Frage 2 nunmehr auch dem Staate gegen den Beamten durch neue Geseze gegebene Garantie alle Nachtheile der Pragmatik hebe, und wo nur das Wohlthätige für alle bleibe, denn nimmermehr werde man im Ernste glauben, wenn man auf Frankreich und Italien {7r} einen Blik werfe, daß durch Abänderung der Pragmatik allen Übeln und Gebrechen für die Zukunft bei den Beamten vorgebeugt sein werde.

Nach der durch diese Abstimmungen sich ergebenen Mehrheit sprachen Seine Excellenz der königliche geheime Staats- und Konferenz Minister Herr Graf von Montgelas den Beschluß des geheimen Rathes

in folgendem allerunterthänigsten Antrage an Seine Majestät den König aus, daß „Allerhöchstdieselben geruhen mögten, sämmtlichen Ministerien den allerhöchsten Auftrag zu ertheilen, umfaßende Personal-Etats aller ihnen untergeordneten königlichen Diener nach den verschiedenen Dienstes Branchen herstellen zu laßen, und so die ganze Maße der königlichen Dienerschaft anschaulich zu machen, wo sodann die vorliegende Frage nach einem anzunehmenden Karakter blos empirisch zu behandeln und allerunterthänigst zu begutachten sein werde, welche dieser Angestellten nach dem Sinne und der Absicht des allerhöchsten Reskriptes {7v} für die Zukunft als Staats-Diener betrachtet werden können“.

Seine Excellenz, der königliche geheime Staats- und Konferenz Minister Herr Graf von Montgelas giengen hierauf zur zweiten Frage des allerhöchsten Reskriptes über.

2te Frage. Können administrative Staatsdiener nur lediglich in Form richterlicher Untersuchung und Erkenntniß entlaßen werden? und forderten den Herrn geheimen Rath Freiherrn von Asbek auf, Ihren bereits abgelesenen Antrag über diese Frage so wie die Meinung der vereinigten Sectionen wiederholt vorzulegen.

Da Herr geheimer Rath Freiherr von Asbek diesem Aufrufe durch Ablesung Ihres in dem lytographirten Vortrage Seite 67 und 68 enthaltenen Antrages genüget1663, auch Herr geheimer Rath von Feuerbach Ihre zu Lösung dieser Frage in den Sections-Sizungen gemachte Vorschläge wiederholt und bemerkt hatten, daß, da der Staat durch die dem Protokolle vom 10ten Merz {8r} dieses Jahres beiliegenden Entwürfe1664 des 6ten und 7ten Kapitels von den besondern Verbrechen und Vergehen der Staats-Diener und öffentlichen Diener und die darin aufgenommene bestimmtere Geseze eine vollständige Garantie gegen strafbare Beamten und öffentliche Diener so wie gegen fahrläßige erhalte, und kein Fall mehr denkbar, der nicht nach diesen verbeßerten Gesezen von den Gerichten entschieden werden könnte, es auch die Garantie der Staats-Beamten und öffentlichen Diener gegen jeden willkührlichen und eigenmächtigen Fürschritt einer vorgesezten Stelle zu erforden scheine, daß, so oft von Entlaßung eines Justiz- oder administrativ-Beamten die Frage entstehe, welche nur vorkommen könne, entweder bei einem groben Dienstvergehen, oder bei wiederholten geringeren Vergehen nach vorausgegangenen noch zu berathenden Disziplinarstrafen nach den festzusezenden Stufen, worüber eine eigene Reglementar Verordnung entworfen werden müße, die Entscheidung dieser Frage lediglich den Justiz Stellen überlaßen werden müße, und nicht von einer Administrativ-Stelle entschieden {8v} werden könne.

Das 6te und 7te Kapitel seien Theile des neuen Kriminal Gesezbuches1665 und bereits von den vereinigten Sectionen geprüft. Die Reglementar Verordnung wegen den Disziplinar Strafen und ihren Stufen müße noch, so wie ein eigenes Kapitel von dem Verfahren gegen strafbare Staats-Beamten und öffentliche Diener entworfen werden. Die Grundzüge zu ersterer seien bereits in der verstärkten Finanz-Section durchgangen und angenommen worden, und die Prüfung des lezteren durch die Gesezkommißion beruhe auf dem heute von dem königlichen geheimen Rathe gefaßt werdenden Beschluße,

verfügten Seine Excellenz, der königliche geheime Staats- und Konferenz-Minister Herr Graf von Montgelas die Umfrage hierüber1666.

Seine Excellenz, der königliche geheime Staats- und Konferenz Minister Herr Graf von Reigersberg äußerten sich über diese Frage {9r} wie in Ihrem schriftlichen Voto enthalten1667.

Die königliche Herrn geheimen Räthe Graf von Preising, Graf von Törring, von Zentner, Graf von Tassis, von Krenner, Graf von Arco, Freiherr von Aretin und Graf von Welsperg stimmten mit den in dem Protokolle vom 10ten Merz dieses Jahres entwikelten Ansichten der vereinigten Sectionen.

Herr geheimer Rath von Effner waren der Meinung, daß alle, künftig als wahre Staatsdiener erkannte Individuen allerdings nur durch richterlichen Spruch ihre Stelle verlieren könnten, und daß durch die neue Kriminal-Geseze, wodurch die Gerichte autorisirt würden, nicht allein wegen Verbrechen, sondern auch wegen Dienstvergehen, und selbst wegen unverbeßerlicher Nachläßigkeit oder Widersezlichkeit im Dienste auf Dienstes-Verlust zu erkennen, dann durch das Supplementar-Gesez wegen vorgängiger {9v} Disziplinar Strafen gegen nachläßige Beamte und deren Gradazion der Staat mehr als zureichende Garantie erhalte, daß ihme die Beibehaltung der Landes-Pragmatik [vom 1. Januar 1805] und derselben humanen Verordnungen künftig keine Nachtheile bringen könne.

Herr geheimer Rath Freiherr von Aretin fanden sich zu der Voraussezung aufgerufen, daß das 6te und 7te Kapitel nicht als von dem versammelten geheimen Rathe geprüfet angesehen werden könne, sondern mit dem ganzen Entwurfe des Kriminal-Gesezbuches nach der Berathung des versammelten geheimen Rathes erst Seiner Majestät dem Könige zur Genehmigung vorzulegen seie, indeme diese zwei Kapitel bis jezt nur von der Gesez-Kommißion und der verstärkten Finanz Section angenommen worden.

Auf die von einigen Herrn geheimen Räthen hierauf gemachte Vorschläge, sich im versammelten geheimen Rathe sogleich mit Prüfung dieser beiden Kapitel zu beschäftigen, und dieselbe einsweil, so {10r} wie es bereits mit einigen geschehen, herauszuheben und der allerhöchsten Bestätigung zu untergeben, bemerkten Herr geheimer Rath von Feuerbach, daß Sie hiezu nicht anrathen könnten, da das Kapitel von dem Verfahren gegen strafbare Staatsbeamten und öffentliche Diener noch nicht vorgelegt, der Unterschied in Behandlung der Verbrechen und Vergehen den Gerichten noch nicht bekannt, auch bis jezt die Civil-Strafgerichte noch nicht organisiret, und es um so weniger rathsam scheine, Bruchstüke der neuen Kriminal Gesezgebung herauszuheben, als das Ganze vollendet, und in kurzer Zeit dem versammelten geheimen Rathe zur Prüfung und Seiner Majestät dem Könige zur Genehmigung vorgelegt werden könne.

In Folge dieser Abstimmungen und Bemerkungen sprachen Seine Excellenz, der königliche geheime Staats- und Konferenz Minister Herr Graf von Montgelas den Beschluß des königlichen geheimen Rathes dahin aus,

{10v} daß an Seine Majestät den König der allerunterthänigste Antrag gemacht werde: „Allerhöchstdieselben mögten geruhen, bei der durch die neue peinliche Gesezgebung dem Staate werdenden hinlänglichen Garantie gegen jeden strafbaren, nachläßigen oder widerspenstigen Staatsbeamten, worüber Allerhöchstdenenselben die entworfene gesezliche Bestimmungen nach erfolgter Prüfung in dem versammelten geheimen Rathe zur allerhöchsten Genehmigung würden vorgelegt werden, auszusprechen: daß, sobald die Frage von Dienstentlaßung eines administrativen Staatsdieners entstehe, welche nur bei einem groben Dienstvergehen, oder bei wiederholten geringeren Vergehen nach vorausgegangenen stufenweisen Disziplinar Strafen eintreten könne, die Entscheidung dieser Frage lediglich den einschlägigen Justiz-Stellen zu überlaßen seie.“

Da die dritte Frage des allerhöchsten Reskriptes vom 28 [!] November vorigen Jahres: Welche Förmlichkeiten sind zu beobachten, wenn ein administrativer Staatsdiener {11r} ohne Dazwischenkunft des Richters entlaßen werden solle? durch den Beschluß des königlichen geheimen Rathes auf die zweite Frage als gelöset betrachtet wurde, so brachten Seine Excellenz, der königliche geheime Staats- und Konferenz Minister Herr Graf von Montgelas diejenige Vorschläge zur Abstimmung, welche die vereinigte Sectionen über die Art, Gradazion und Form der Disziplinar Strafen gemacht. Dieselben forderten den Herrn geheimen Rath von Feuerbach auf, Ihre in der Sections-Sizung geäußerte Ansichten so wie die Meinungen der Sectionen hierüber vorzutragen.

Herr geheimer Rath von Feuerbach vollzogen diese Aufforderung durch Ablesung der in dem Protokolle vom 10 Merz dieses Jahres enthaltenen Anträgen und Meinungen der vereinigten Sectionen, und nachdem die Idee berichtiget war, was man unter der in der zweiten Stufe enthaltenen Strafe bei Kollegial-Räthen, {11v} Zurüksezung im Dienstrange und Gehalt im Verhältniße zu den übrigen Räthen deßelben Kollegiums, jedoch nur auf eine bestimmte Zeit, verstehe, nämlich: daß ein Kollegial-Rath in den nämlichen Dienstverhältnißen in seinem Range und in eine niedere Besoldungs-Klaße zurükgesezt werden könne, nicht aber wie mehrere Mitglieder geglaubt, daß darunter nicht die Übergehung eines Kollegial Rathes bei einer Beförderung zu einem höheren Besoldungs-Grade verstanden werden könne, da dieses keine Strafe seie, auch mehrere Mitglieder die Zurüksezung in gleichem Dienstverhältniße, wenn auch nur zeitlich in Rang und Gehalt als eine zu scharfe Disziplinar-Strafe beurtheilten, da jeder Staatsdiener auf das Amt, welches er durch königliche Entschließung begleite, in so lange ein Recht habe, als er nicht wegen einem groben Vergehen oder Verbrechen durch das Gericht deßen verlustig erkläret werde, diese Strafe zu nahe an die Degradazion grenze, und das Ehrgefühl der Räthen in demselben {12r} Collegio zu sehr kränke. So bestimmten sich Dieselbe für Auslaßung dieser Straf-Gradazion in der zweiten Stufe.

Allein durch die Aeußerung des Herrn geheimen Rath Grafen von Arco: daß Sie gegen die von dem Referenten und den vereinigten Sectionen nach Inhalt des Protokolls vorgeschlagene Straf Gradazion Folgendes zu erinnern fänden. 1) Ordnungsmäsige Strafe an Geld sollte unabhängig von diesen 3 Stufen stets verfügt werden können. 2) Die Straf Gradazionen scheinten nur verwechselt zu sein. Die zweite nach dem Vortrage seie in vielen Fällen schwerer als die dritte, der Verlust von 6 monatlichen Besoldungs-Raten, und gar Zurüksezung im Dienstes-Range und Gehalte seie mehr als Civil-Arrest. Auch seie Civil-Arrest geeigneter, den ganz saumseligen Rath zu Förderung seiner Arbeit und folglich zu Beßerung anzuhalten, als die Degradazion, wenn sie diesem Mittel schon vorangehe.

Der Erinnerung des Herrn {12v} geheimen Rath von Krenner ad 2 P. 17 des Protokolles vom 10 Merz müßten Sie beitreten1668. Was die vorgeschlagene Zurüksezung im Dienstes Range und Gehalte auf eine bestimmte Zeit betreffe, so scheine, nach dem was in den früheren Votis gesagt worden, eine doppelte Auslegung vorzuwalten. Wenn man den grammatikalischen Sinn annehme, so werde darunter verstanden, daß, z. B. der erste Rath eines Kollegiums zur Strafe im administrativen Wege zum 2ten oder 3ten herabgesezt werde. Ob dieses zu verordnen räthlich, seie zweifelhaft. Sie würden dafür einrathen, aus dem Grunde, daß woferne dieser Grad als der höchste und lezte erkläret werde, er der nächste Schritt zur Vorgerichtstellung seie.

Lege man aber diese Stelle in dem Sinne aus, der betreffende Rath dürfe zur Strafe bei Erledigungs Fällen nicht avanciren, so seie dieses keine eigentliche Strafe, vielweniger der höchste Grad der Strafe, und es wäre alsdann hier gänzlich daran Umgang zu nehmen, {13r} wurde Herr geheimer Rath von Feuerbach und eine große Mehrheit der Herrn geheimen Räthe, selbst diejenige, so sich für gänzliche Auslaßung dieser zeitlichen Zurüksezung in Rang und Gehalt in gleichen Dienstes Verhältnißen bei den Straf Gradazionen vorhin geäußert, veranlaßt, diesen Ansichten des Herrn geheimen Rath Grafen von Arco beizustimmen, und Herr geheimer Rath von Feuerbach machten über die angeordnete Straf-Gradazionen folgende Vorschläge.

1te Stufe. Verweise, Admonizionen, Bedrohungen, ohne die für die übrigen Stufen vorgeschlagene Deliberazionen. 2te Stufe. Hauß-Arrest oder Geldbußen von 1 monatlichen bis 6 monatlichen Besoldungs-Raten. 3te Stufe. Civil-Arrest, oder Zurüksezung im Range und eine niederere Besoldungs-Klaße, doch in demselben Dienstes Verhältniße und nur auf bestimmte Zeit.

{13v} Die zweite und dritte Stufe sollte nur nach den vorgeschlagenen Deliberazionen und Förmlichkeiten verhängt werden können, und aus den in dem Protokolle angegebenen Gründen der Grad der Disziplinar-Strafe immer bestimmt ausgesprochen werden müßen. Abgesehen von diesen drei Stufen der Disziplinar-Strafen bleibe es der vorgesezten höheren Stelle unbenommen, bei nachläßigen Beamten zu Erfüllung der ihnen ertheilten Aufträgen Strafboten1669 abzuordnen und mäsige Ordnungs Strafen an Geld zu verfügen.

Seine Excellenz, der königliche geheime Staats- und Konferenz-Minister Herr Graf von Montgelas verfügten über diese neue Vorschläge die Umfrage.

Seine Excellenz, der königliche geheime Staats- und Konferenz Minister Herr Graf von Reigersberg waren mit diesen Vorschlägen des Herrn Referenten, bis auf die zeitliche Zurüksezung im Range und Gehalte, wenn auch in gleichen Dienstes-Verhältnißen, verstanden, und {14r} erklärten sich aus den in Ihrem Voto enthaltenen Gründen gegen diese Zurüksezung als Disziplinar Strafe.

Die Herrn geheimen Räthe Graf von Preising und Freiherr von Asbek stimmten mit des Herrn Justiz Ministers Excellenz. Für den neuen Vorschlag des Herrn geheimen Rath von Feuerbach in Beziehung der Stufen-Ordnung für die Disziplinar-Strafen, stimmten die Herrn geheimen Räthe Graf von Törring, von Zentner, Graf von Tassis, von Krenner, Graf Carl [Maria] von Arco, Freiherr von Aretin, von Effner und Graf von Welsperg, weil die Zurüksezung in Rang und Gehalt auf eine bestimmte Zeit in der dritten und lezten Gradazion sehr wirksam seie und manche Vorgerichtstellung verhindern würde. Beßere sich der im administrativen Wege so gestrafte nicht, so seie er zur Vorgericht-Stellung reif, und die Geseze würden gegen ihn mit Recht angewendet.

Herr geheimer Rath von Effner {14v} fügten Ihrer Abstimmung noch die Bemerkung bei, daß Ihren Ansichten nach die Zurüksezung als dritte und lezte Gradazion nach eingetretenen Deliberazionen und Förmlichkeiten das Ehrgefühl eines Kollegial Rathes nicht mehr kränken werde, als das Überspringen bei einer ihn treffenden Besoldungs-Vorrükung, welche doch mit mehr Leichtigkeit Plaz greifen, und in den Augen des ganzen Gerichtes ausspreche, daß er derselben von dem Ministerio nicht würdig befunden worden. Auch würde die Erfahrung lehren, wie wohlthätig diese Maaßregel die Vorgerichtstellungen vermindern werde.

Die Herrn geheimen Räthe von Zentner, Graf von Tassis und Graf von Welsperg waren der Meinung, daß, da die zweite Stufe der Disziplinar Strafe nur Hauß-Arrest und Geldbuße in sich begreife, die in dem Protokolle angetragene Deliberazionen und Förmlichkeiten, ehe dieselbe erkannt werden könne, bei der zweiten Stufe nicht nöthig, und nur auf die dritte und lezte Stufe zu beschränken seie.

Die übrigen Herrn {15r} geheimen Räthe theilten diese Meinung nicht, sondern glaubten, die nachtheiligen Folgen, so mit jeder zuerkannten Disziplinar-Strafe der 2ten und 3ten Stufe verbunden, erforderten diese Deliberazionen und Förmlichkeiten bei der zweiten so wie bei der dritten und lezten.

Nach den Abstimmungen der Mehrheit

wurden folgende allerunterthänigste Anträge an Seine Majestät den König beschloßen.

Rüksichtlich der Art, Gradazion und Form der Disziplinar Strafen mögten Allerhöchstdieselben geruhen, folgende Stufen und Grundsäze allergnädigst zu sanctioniren.

1te Stufe. Verweis, Admonizionen, Bedrohungen, ohne Einhaltung der für die nachkommenden zwei Stufen vorgeschlagenen Deliberazionen und Förmlichkeiten.

2te Stufe. Hauß-Arrest, oder Geldbußen von 1 monatlichen bis 6 monatlichen Besoldungs-Raten.

3te Stufe. Civil-Arrest, oder Zurüksezung im Range und in {15v} eine niederere Besoldungs-Klaße doch in demselben Dienstes-Verhältniße und nur auf bestimmte Zeit.

Die zweite und dritte Stufe solle nur nach den von den Sectionen vorgeschlagenen, in dem Protokolle vom 10ten Merz dieses Jahres enthaltenen Deliberazionen und Förmlichkeiten verhängt werden können, und aus den in dem Protokolle angegebenen Gründen der Grad der Disziplinar-Strafe immer bestimmt ausgesprochen werden müßen.

Abgesehen von diesen drei Stufen der Disziplinar-Strafen solle es den vorgesezten höheren Stellen unbenommen bleiben, bei nachläßigen Beamten zu Erfüllung der ihnen ertheilten Aufträgen Strafboten abzuordnen, und mäsige Ordnungs Strafen an Geld zu verhängen.

Sollten diese allerunterthänigste Anträge des geheimen Rathes die allerhöchste Genehmigung Seiner Majestät des Königs erhalten, so wäre dem Referenten aufzugeben, die nach diesen Grundsäzen zu erlaßende {16r} Reglementar-Verordnung sorgfältig zu entwerfen, und nach erfolgter Prüfung in dem geheimen Rathe Seiner Majestät dem Könige zur Bestätigung mit den neuen Gesezen gegen die besondere Verbrechen und Vergehen der Staats-Diener und öffentlichen Beamten allerunterthänigst vorzulegen.

Da die 4te Frage des allerhöchsten Reskriptes vom 18 [!] November vorigen Jahres: Wie solle der lebenslängliche Unterhalt solcher Funkzionärs, die keine Staatsdiener sind, aber durch genaue Erfüllung ihrer Pflichten der Gnade des Regenten sich würdig gemacht haben, und wegen hohen Alters oder physischer Gebrechlichkeit dienstunfähig werden, sicher gestellt, und wie für ihre Hinterlaßene gesorgt werden? von den geheimen Raths Sectionen vertaget worden, bis rüksichtlich der ersten Frage: Welche Bedienstete sind als Staatsdiener anzusehen? eine königliche allerhöchste Entscheidung erfolget und dieselbe gelöset {16v} sein werde

so wurde die Vertagung dieser 4ten Frage von dem königlichen geheimen Rathe ebenfalls beschloßen, und es solle die allerhöchste Bestimmung Seiner Majestät des Königs erwartet werden, ob ein solches Regulativ von der geheimen Raths Section der Finanzen oder dem Finanz Ministerium zu entwerfen seie1670.

Anmerkungen

1649

Protokoll Nr. 71 (Geheimer Rat vom 4. Juni 1812).

1650

Richtige Datierung: 28. November 1811, s. den Hinweis in Protokoll Nr. 47 (Geheimer Rat vom 5. Dezember 1811), TOP 1. Ausfertigung des Reskripts in BayHStA Staatsrat 1845, S. 28-30; danach gedruckt bei Schimke, Regierungsakten, Nr. 79, S. 420f. Das Reskript ist in Asbecks „Vortrag. Die Verhältniße der Staatsdiener betreffend“, 78 S., lithographiertert Text, BayHStA Staatsrat 273, S. 1-3, inseriert.

1651

Asbeck, „Vortrag […]“, S. 66f.

1652

„Protokoll der auf allerhöchsten Befehl am 10n März 1812 über die Revision der Staatsdienstes-Pragmatik gehaltenen Sitzung der Finanz-Sekzion des königlichen geheimen Raths“, 26 S., lithographierter Text, BayHStA Staatsrat 273. Vorstufe der Lithographie war das Sitzungsprotokoll mit Unterschriften der Teilnehmer: BayHStA Staatsrat 1845, S. 120-140.

1653

Reigersberg, „Abstimmung zu der geheimen Raths-Berathung. Die Revision des [!] Dienstes-Pragmatik betreffend“, dat. 11. Juni 1812, 6 Bll., nicht pag., BayHStA Staatsrat 275.

1654

Preysing-Hohenaschau, „Votum“, 1 Bl., BayHStA Staatsrat 275.

1655

„Abstimmung des geheimen Rathes v. Zentner, über den Vortrag, die Verhältniße der Staatsdiener betreffend“, 10 Bll., BayHStA Staatsrat 275.

1656

Graf v. Thurn und Taxis, „Votum“, 1 Bl., BayHStA Staatsrat 275.

1657

Das heißt: die Revision der VO betr. die „Verhältnisse der Staatsdiener, vorzüglich in Beziehung auf ihren Stand und Gehalt“ vom 1. Januar 1805, RegBl. 1805, Sp. 225-241.

1658

[Carl Maria Graf v. Arco], „Votum“, 1 Bl., BayHStA Staatsrat 275.

1659

Arco bezieht sich auf das Hof- und Staats-Handbuch des Königreichs Baiern 1812, das vor allem in den Abschnitten X bis XV die (Staats-)Diener der königlichen Behörden namentlich auflistet. Digitalisat: URL: http://opacplus.bsb-muenchen.de/title/3215663/ft/bsb10799528?page=11 (Aufruf: 22.1.2020).

1660

Die Konstitution für das Königreich Baiern, veröffentlicht am 1. Mai 1808, trat am 1. Oktober 1808 in Kraft. RegBl. 1808, Sp. 999f. = DVR Nr. 286, S. 662.

1661

Die Konstitution bestimmte insoweit in Tit. III § 7, RegBl. 1808, Sp. 995f. = DVR Nr. 286, S. 660: „Alle Verwaltungs-Beamte, von dem wirklichen Rathe an, unterliegen den Bestimmungen der Haupt-Verordnungen vom 1. Jäner 1805 [VO betr. die „Verhältnisse der Staatsdiener, vorzüglich in Beziehung auf ihren Stand und Gehalt“, RegBl. 1805, Sp. 225-241] und 8. Junius 1807 [VO betr. die „Beiträge der Staatsdiener zum Witwen- und Waisenfonde“, RegBl. 1807, Sp. 1105-1108]; jedoch werden alle künftig Anzustellende nur dann als wirkliche Staats-Beamte angesehen, wenn sie ein Amt, welches dieses Recht mit sich bringt, sechs Jahre ununterbrochen verwaltet haben“.

1662

Vgl. VO betr. die „Beiträge der Staatsdiener zum Witwen- und Waisen-Fonde“ vom 8. Juni 1807, RegBl. 1807, Sp. 1105-1108, auch bei Schimke, Regierungsakten, Nr. 77, S. 411-413, mit Drucknachweisen weiterer thematisch einschlägiger Verordnungen. Die Konstitution vom 1. Mai 1808 schrieb in Tit. III § 7 Abs. 2, RegBl. 1808, Sp. 996 = DVR Nr. 286, S. 660, vor: „Wegen der Unterstüzungs-Beiträge der übrigen königlichen Diener und ihrer Wittwen wird eine eigene zweckmässige Verordnung erlassen werden.“ Das Versprechen wurde eingelöst mit der VO betr. die „Verhältnisse der Staats-Diener rücksichtlich ihrer Pensions-Ansprüche“ vom 28. November 1812, RegBl. 1813, Sp. 761-766 (auch bei Schimke, Regierungsakten, Nr. 81, S. 423-427).

1663

Asbeck, „Vortrag. Die Verhältniße der Staatsdiener betreffend“, 78 S., lithographierter Text, BayHStA Staatsrat 273, hier S. 67f.

1664

„Strafgesezbuch I Thl. II. Buch. II. Titel. Siebentes Kapitel. Von den besondern Verbrechen der Staatsbeamten und öffentlichen Diener“, Artt. 210-225, 7 S., lithographierter Text, BayHStA Staatsrat 273 („Beylage IV“); „Strafgesezbuch I Thl. III. Buch. II. Titel. Sechstes Kapitel. Besondere Vergehen der Staatsbeamten und öffentlichen Diener“, Artt. 71-93, 11 S., lithographierter Text, BayHStA Staatsrat 273 („Beylage V“).

1665

Das Strafgesetzbuch für das Königreich Bayern trat am 1. Oktober 1813 in Kraft („Patent über die Verkündung des allgemeinen Strafgesezbuches für das Königreich Baiern“ vom 16. Mai 1813, RegBl. 1813, Sp. 665-668, hier Art. 1, Sp. 666f.). Feuerbach verweist auf Tl. 1, Buch 3, Tit. 2, Kap. 6, Artt. 437-459 (StGB 1813, S. 168-176) bzw. Tl. 1, Buch 2, Tit. 2, Kap. 7, Artt. 351-366 (StGB 1813, S. 137-142).

1666

Der Satz schließt syntaktisch an den Beginn des Absatzes oben an: „Da Herr geheimer Rath […]“.

1667

Reigersberg, „Abstimmung […]“, BayHStA Staatsrat 273.

1668

Franz v. Krenner hatte in der Sitzung der Finanzsektion des Geheimen Rates am 10. März die „allgemein gebilligt[e]“ Meinung geäußert, daß die zuständigen Ministerien nicht eher über Disziplinarstrafen zweiten und dritten Grades entscheiden sollten, „als bis sämmtliche, dem zu bestrafenden Beamten in der Hierarchie der Staatsbehörden vorgesezten Kollegien, Centralstellen, Sekzionen p. folglich nicht blos die unmittelbaren Vorgesezten deßelben mit ihrem Gutachten vernommen seyen, und daß diese in keinem Falle umgangen werden sollten“. „Protokoll der auf allerhöchsten Befehl am 10n März 1812 über die Revision der Staatsdienstes-Pragmatik gehaltenen Sitzung der Finanz-Sekzion des königlichen geheimen Raths“, BayHStA Staatsrat 273, S. 17 unter 2.).

1669

Ein Strafbote überbrachte einen Strafbefehl oder führte ihn aus. DWB Bd. 19, Sp. 629 s.v. S.

1670

Der König verfügte am 6. August 1812 mit Reskript an den Geheimen Rat, BayHStA Staatsrat 1845, S. 169f. (auch gedruckt bei Schimke, Regierungsakten, Nr. 80, S. 422f.):

„Wir haben Uns die Anträge Unsers geheimen Rathes über die ihm gemachte Aufgabe in Betreff der Verhältniße der Staatsdiener vorlegen lassen, und nach genauer Würdigung und reifer Erwägung der die aufgestellten Fragen beantwortenden Anträge beschließen Wir, wie folgt.

Ad 1. Aus der Bearbeitung und Beantwortung der ersten Frage sind Wir überzeugt worden, welche Schwierigkeiten vorliegen, den Charakter des Staatsdieners, der die Vortheile der Pragmatik genießen, oder nicht genießen solle, festzusetzen, und wie sehr man sich in Nomenklaturen verlieren würde, um einen Grundsatz hierüber auszusprechen. A) Alle jene, welche durch ein Dekret und eine legale Berufung gegen den Bezug eines fixen Gehaltes ihre Kräfte dem Staate widmen, sind Staatsdiener. B) Alle jene Staatsdiener, welche vor dem 1ten Mai 1808 angestellt waren, sind der Vortheile der Pragmatik theilhaftig. C) Von diesem Zeitpunkte an gerechnet, haben die obengedachten Vortheile der Pragmatik nur jene Staatsdiener zu geniessen, welche, nach dem Buchstaben der Constituzion, wirkliche Räthe sind. Diesen Genuß können dieselben jedoch erst nach Verfluß einer sechs Jahre lang, nicht unterbrochenen Amts-Verwaltung in Anspruch nehmen, von welcher Bestimmung aber die Räthe der Justiz Kollegien dahin ausgenommen werden, daß diesen die Vortheile der Pragmatik gleich bei ihrer Anstellung als Räthe zukommen.

Ad II und III. Was die Ahndungen der Staatsdiener betrift, so soll es bei dem verbleiben, was bisher deßfalls beobachtet worden, und ist von allen weiteren Dispositionen in diesem Betreffe Umgang zu nehmen.

Ad IV. Zur Unterstützung der auf die Vortheile der Pragmatik keinen Anspruch habenden Staatsdiener, welche wegen hohem Alter oder phisischer Gebrechlichkeit unfähig geworden, dann zur Unterstützung der Hinterlassenen dieser und im Dienste verstorbenen gleichen Staatsdiener werden Wir durch Unser Finanzministerium die in der Constitution bereits zugesicherte Vorsorge treffen laßen, wo Wir Uns übrigens vorbehalten, jener in dieser Kathegorie stehende Staatsdiener, wenn sie durch langjährige treue Dienste oder sonstige Dienste sich ausgezeichnet haben, in speziellen Fällen die Vortheile der Pragmatik zuzusprechen.“