BayHStA Staatsrat 280

15 Blätter. Unterschriften des Ministers. Protokoll: Baumüller.

Anwesend:

Staats- und Konferenzminister: Reigersberg.

Geheime Räte: Graf v. Preysing-Hohenaschau; Graf v. Toerring-Gutenzell; Freiherr v. Weichs; v. Zentner; Graf v. Thurn und Taxis; Franz v. Krenner; Freiherr v. Aretin; v. Schenk; Freiherr v. Asbeck; Graf v. Welsberg.

Pensionsanspruch (R)

Aretin trägt einen von Effner bearbeiteten Vortrag über den Rekurs des Salzburger Postwagenfahrers Struber vor. Es geht um Strubers Pension. Der Bericht der Generalpostdirektion und Strubers Gegengründe werden vorgetragen. Der Berichterstatter kommt zu dem Ergebnis, daß Struber Anspruch auf die Pension hat. Zu entscheiden ist, ob der frühere entgegenstehende Beschluß aufgehoben werden soll oder ob die Pension vom König auf dem Gnadenweg gewährt werden soll. Als Ergebnis der kontrovers geführten Aussprache ergibt sich: Der König soll entscheiden, ob das Reskript an die Generalpostdirektion als Entscheid des Geheimen Rates ausgefertigt werden oder ob Struber die Pension aus königlicher Gnade gewährt werden soll.

{1r} 1. Die heutige Plenar Versammlung ließen Seine Excellenz, der königliche geheime Staats- und Konferenz Minister Herr Graf von Reigersberg mit dem Vortrage über den Rekurs des vormaligen Postwagen Konducteurs Jacob Struber zu Salzburg in Betreff deßen Dienstes-Entsezung und Pensions-Beziehung {1v} eröfnen1870.

Dieses vom Herrn geheimen Rathe von Effner bearbeiteten Vortrages unterzogen sich Herr geheimer Rath Freiherr von Aretin, und nach vorausgeschikten Sachverhältnißen sezten Sie die gegen den Beschluß der General Post Direkzion von dem Rekurrenten angeführte Gründe näher auseinander, lasen den Bericht dieser Stelle, welcher auf den eingekommenen Rekurs abgefordert worden, mit den Gründen ab, welche sie als Basis über ihr Urtheil von Dienstes-Unfähigkeit und Pensions-Verlust des Struber aufgestellt.

Derselbe seie nämlich a) im Jahre 1798 nur auf Wohlverhalten ein Jahr lang zur Probe angestellt1871, im Jahre 1800 auf ferneres Wohlverhalten bestätiget worden, folglich ein amovibler Diener. B) Sein Benehmen im Dienste seie vom Wohlverhalten weit erntfernt gewesen, wie solches durch mehrere ausgehobene Kriminal-Fälle bewiesen worden. C) Die lossprechenden Urtheile des Hofgerichtes und des niederoesterreichschen Appellazions Gerichtes hinderten nicht {2r} daß nicht noch jezt über die Dienstes- und Pensions-Fähigkeit des Struber ausgesprochen werden könne, denn beide Urtheile hätten sich blos mit dem Verbrechen des Betruges und der Veruntreuung beschäftiget, das Übrige seie außer ihrer Kompetenz gelegen gewesen. D) Es seie auch von der General-Post Direction nichts Neues verfügt worden, denn Struber seie schon von dem oesterreichschen Praesidium durch Reskript vom 10ten Merz 1808 mit seinem Wiederaufstellungs und Pensions-Gesuche abgewiesen worden, und wenn auch die provisorische Salzburger Landes-Administrazion diesen Beschluß unterm 7 Dezember 1809 reformiret habe, so könne doch dieses nur eine provisorische Verfügung gewesen sein, welche dem nachfolgenden Souveraine des Rhein-Bundes die Hände nicht habe binden oder perpetuirliche Vorschriften sezen können.

Diese Gründe wurden nun im Gegenhalte mit den von dem Rekurrenten angebrachten einer näheren Würdigung unterworfen. Es wurde bemerkt ad a) allerdings seie es richtig, {2v} daß Struber anfänglich nur auf Wohlverhalten auf ein Jahr zur Probe angestellt, später auf Wohlverhalten bestätiget worden, allein er seie von 1798 bis zum Jahre 1806 in dieser Dienstes Aktivität geblieben, habe sodann ein Besoldungs-Decret von jährlichen 300 fl., eine eigene Dienstes-Instrukzion und die Heiraths-Erlaubniß erhalten, und es seie im Salzburgschen Observanz gewesen, daß ein ordentlich dekretirter Diener nur durch richterliches Urtheil des Dienstes mit Gehaltes-Verlust habe entsezt werden können. Der Ausdruk auf Wohlverhalten könne daher auch den Sinn haben, daß er im Nicht-Wohlverhaltens-Falle von dem Dienste, jedoch nach richterlicher Einsicht amoviret werden könnte. Strenger würde die humane baierische Regierung als die damalige nicht sein.

Ad b) und c). Die jezige Regierung habe kein gegründetes Recht mehr, in die Materien der dem Struber zu Last gelegten Verbrechen und Vergehen einzugehen, und Dienstes Entsezung und Pensions Verlust auszusprechen, da ein rechtskräftiges Urtheil der vorigen Regierung {3r} in Mitte liege, nach welchem er über Verbrechen sowohl als Dienstes Vergehen abgeurtheilet seie. Es seie auch allerdings im Wirkungs Kreise des k. k. provisorischen Hofgerichtes in Salzburg gelegen gewesen, damals sowohl über Kriminal-Verbrechen als über politische Vergehen zu erkennen, und hier seie Struber größten Theils losgesprochen und zum Theile bestraft.

Ad d). Das oesterreichsche Praesidium oder die Hofkammer habe das Wiederanstellungs- und Pensions Gesuch des Struber früher abgewiesen, als die niederoesterreichsche Appellazions Stelle gesprochen habe, und daher habe sich die nachgefolgte provisorische Landes-Administrazion bewogen gefunden, das erst erwähnte Abweisungs Reskript zu reformiren, und die Pension dem Struber zurükzugeben. Daß diese Landes Adminis­trazion nur provisorische Verfügungen habe treffen können, seie allerdings richtig, in so ferne, als es blos Administrazions- und organische Gegenstände betreffe, aber keineswegs in Rechts-Sachen, wo den Theilen ex rebus judicatis Ansprüche und Rechte erwachsen.

Herr Referent zogen aus {3v} dieser vorausgeschikten Würdigung der Entscheidungs Gründen das Resultat, daß zwar der General-Post-Direction nie zugemuthet werden könne, den Struber zu Postdiensten aktiv zu verwenden, ihm jedoch, wenn er zu keiner Funkzion tauglich erkannt werden sollte, seine vorige Pension für das Vergangene und die Zukunft nicht abgesprochen werden könne. Ob aber dieses als reformatorisches Urtheil ausgesprochen, oder im Wege der Gnade geschehen sollte, dieses glaubten Dieselben höherem Ermeßen überlaßen zu müßen.

Nachdeme die auf den ersten Fall entworfene reformatorische Erkenntniß abgelesen war, verfügten des Herrn Ministers Grafen von Reigersberg Excellenz die Umfrage, und forderten zuerst den Herrn geheimen Rath Freiherrn von Aretin zu Abgabe Ihrer Meinung auf. Dieselben erklärten sich in der Haupt-Sache mit dem eben bemerkten Antrage verstanden, das Resultat mögte jedoch nicht in Form eines reformatorischen Erkenntnißes ausgesprochen werden. Auf die vom Herrn geheimen Rathe von Effner angeführte Gründe laße sich Manches exzipiren: es laße sich wohl abstreiten, {4r} daß nicht res judicata seie, denn die Appellazions Stelle habe ihre Inkompetenz selbst erkannt, da wo es nicht Verbrechen betroffen habe. Auf der andern Seite liege eine Verfügung der Zwischen-Regierung in Mitte, und es seie ein kritischer Punkt, die Frage zu berühren, in wie ferne ihre Verfügungen für den Nachfolger verbindlich seien. Es seie hier auch noch besondere Rüksicht zu nehmen, auf neu acquirirte Unterthanen, welche durch die Widerrufung solcher Verfügungen sehr beunruhigt werden würden. Sie glaubten daher es seie beßer, einen Antrag an des Königs Majestät zu stellen, damit dem Struber im Gnaden-Wege die Pension belaßen werde, und dabei zu bemerken, welche Gründe für das Erkenntniß der General-Post Direction vorhanden seyen. Diesem Vorschlage schloßen sich Herr geheimer Rath Graf von Preising unbedingt an.

Herr geheimer Rath von Törring bemerkten, daß es sich hier von einem an den geheimen Rath ergriffenen Rekurse handle, und Sie der Meinung seien, daß hier ohne alle Rüksicht gesprochen werden müße. Da aber Struber selbst in seiner Berufungs Schrift den Weg der Gnade zugleich angerufen habe, so könnten Sie sich auch {4v} zu dem vorgeschlagenen Antrage an des Königs Majestät verstehen. Herr geheimer Rath Freiherr von Weichs traten dieser Meinung bei.

Herr geheimer Rath von Zentner fanden sich zu der Erinnerung aufgefordert; daß in dieser Sache schon Erkenntniße vorliegen, daß auch die administrative Landesstelle hierin schon gehandelt. Sie glaubten, daß es sehr schwer halten würde, der Zwischen-Regierung die Kompetenz abzusprechen, und den Saz durchzusezen, daß ihre Verfügungen keine verbindliche Kraft für den Nachfolger hätten. Sie träten zwar dem vom Herrn geheimen Rathe Freiherrn von Aretin gemachten Vorschlage zu einem Antrag an des Königs Majestät bei, würden jedoch nicht beisezen, daß man starke Gründe gefunden, den Anträgen der Post-Section beizustimmen, sondern unverholen laßen, daß man dagegen stimmen müße, um aber ein Erkenntniß gegen die königliche Stelle zu vermeiden, den Antrag auf die Zusage der Pension im Gnaden-Wege stellen.

Herr geheimer Rath Graf von Tassis und von Krenner stimmten nach der Meinung des Freiherrn von Aretin, Herr geheimer Rath von Schenk und Graf von Welsperg wie Herr geheimer Rath von Zentner.

{5r} Seine Excellenz, der königliche geheime Staats und Konferenz Minister Herr Graf von Reigersberg fanden nach diesen Abstimmungen noch nothwendig zu erinnern, ob man nach der Stimmen Mehrheit die vom Herrn geheimen Rathe von Effner im Vortrage angeführte Gründe gegen die General-Post Direction überwiegend finde, um ein reformatorisches Erkenntniß zu erlaßen.

Herr geheimer Rath Freiherr von Aretin blieben bei der Ansicht, daß sie nicht unwiderlegbar seien. Herr geheimer Rath Graf von Preising glaubten, daß die Gründe von der Art seien, daß sie des Königs Majestät bekannt gemacht werden sollten. Herr geheimer Rath Graf von Törring und mit Ihnen Herr geheimer Rath Freiherr von Weichs determinirten sich zu einer förmlichen Erkenntniß des geheimen Rathes, welches sodann Seiner Majestät vorgelegt werden sollte. Herr geheimer Rath von Zentner traten den vom Herrn geheimen Rathe von Effner entwikelten Gründen bei, und glaubten, daß der geheime Rath nach Lage der Akten sprechen, und nach dieser Lage ein reformatorisches Erkenntniß nach dem Entwurfe des Herrn Referenten erlaßen müße, jedoch mögte dieses Seiner Majestät dem Könige {5v} vorgelegt und bemerkt werden, daß Rekurrent in seiner Rekurs Schrift zugleich auch den Gnadenweg um seine Pension zu erhalten, eingeschlagen habe, der geheime Rath es also Allerhöchstdenenselben überlaße, ob das Erkenntniß an die General Post Direkzion ausgefertiget, oder gleich im Wege der Gnade dem Struber die vorhin genoßene Pension zugesprochen werden wolle.

Dieser Meinung traten die Herrn geheimen Räthe Graf von Tassis, von Krenner, von Schenk, Freiherr von Asbek und Graf von Welsperg bei. Des Herrn geheimen Staats und Konferenz Ministers Herrn Grafen von Reigersberg Excellenz sprachen hiernach das

Conclusum aus, daß das entworfene Reskript Seiner Majestät dem Könige mittels Antrages vorgelegt werden solle, in welchem zu bemerken, daß Struber in seiner Rekurs Schrift auch auf dem Wege der Gnade um die Gewährung der vorhin genoßenen Pension ad 300 fl. gebeten habe.

Seiner Majestät Entscheidung seie es nun anheim gestellt, ob das erwähnte Reskript als Erkenntniß des geheimen Rathes an die General Post Direkzion ausgefertiget, oder derselben lediglich eröfnet werden solle, daß Seine Königliche Majestät dem Struber die gedachte Pension aus Gnade für das Vergangene und die Zukunft aus der Postkaße ausbezalen zu laßen geruhen wollen.

Dienstbotenordnung

Welsberg beginnt seinen Vortrag über den Entwurf einer Dienstbotenordnung, die für das gesamte Königreich gelten soll. Der Anstoß dazu kam vom König. In seinen einleitenden Bemerkungen weist Welsberg darauf hin, daß in den vereinigten Geheimratssektionen des Innern und der Justiz, die den Entwurf ausgearbeitet haben, insbesondere über die Dienstbotenbücher und die Vermittlungsagenturen für Dienstboten diskutiert wurde. Sodann stellt Welsberg den Entwurf zur Diskussion. Reigersberg teilt mit, daß er gegen die Verkündung einer allgemeinen Dienstbotenordnung ist. Über die Dienstbotenbücher wird kontrovers diskutiert; eine Mehrheit ist dagegen. Daraus ergeben sich Folgen für den ganzen Entwurf. Diskutiert wird sodann vor allem der Einstellungstermin für Dienstboten.

{6r} 2. Herr geheimer Rath Graf von Welsperg erstatteten schriftlichen Vortrag über den Entwurf einer Dienstboten-Ordnung für das Königreich1872.

Dieselben bemerkten im voraus, auf welche Art der heute in der Plenar Versammlung zur Sprache kommende Entwurf einer allerhöchsten Verordnung entstanden seie. Aus einer für den Rezatkreis speziell entworfenen Dienstboten Ordnung, welche zur allerhöchsten Sanction eingesendet worden, hätten des Königs Majestät Anlaß genommen, eine allgemeine Dienstboten Ordnung zu verordnen. Nach den eingekommenen gutachtlichen Berichten sämmtlicher General-Kreis-Kommißariate habe hierüber die Polizei Section einen solchen Entwurf verfaßt, welcher sodann zum königlichen geheimen Rathe gegeben, durch 6 Sizungen der vereinigten Sectionen diskutiret worden, und endlich zu dem Resultate dieser Deliberazionen, zu dem heute vorliegenden Entwurfe1873 gekommen seie. Dieser mögte daher als das Aggregat aller zwekmäsigen Vorschläge der Landes-Stellen, aller Bemerkungen des Ministeriums des Innern, und aller von den vereinigten geheimen Raths Sectionen des Innern und der Justiz gemachten Verbeßerungen angesehen werden dürfen.

Herr Referent stellten sich vorher selbst die zwei Fragen: {6v} 1) Darf man sich von einer neuen allgemeinen Dienstboten Ordnung guten Erfolg versprechen? und 2) sollte man nicht statt einer, zwei Dienstboten-Ordnungen erlaßen, eine für Städte die andere für das Land?

Auf die erste Frage entwikelten Sie den Mißstand, daß in dem Königreiche so verschiedene, die obere Polizeiaufsicht erschwerende Anordnungen bestehen, und zogen daraus den Schluß auf die Nüzlichkeit und selbst auf die Nothwendigkeit einer neuen Dienstboten-Ordnung.

In Hinsicht auf die zweite Frage bemerkten Dieselben, daß Sie die Nothwendigkeit einer doppelten Dienstboten Ordnung weder in dem Begriffe des Mieth-Kontraktes noch in Lokal-Ursachen, und selbst nicht in dem allenfallsigen Einwurfe einer geringeren oder beschwerlicheren Polizei-Aufsicht auf dem Lande in Vergleichung mit den Städten auffinden könnten. Der nämlichen Ansicht seie man auch in den vereinigten Sectionen gewesen.

Zur Erleichterung der Deliberazionen über das Ganze glaubten Herr geheimer Rath Graf von Welsperg noch jene Gegenstände ausheben zu müßen, worüber am meisten in den Sections Sizungen diskutiret worden. Diese seien {7r} a) die Einführung der Dienstboten Bücher, b) die Abschaffung des Dienstboten Mäkler Institutes gewesen.

Bei dem ersten Entwurfe seie kein Antrag auf Dienstboten Bücher sondern auf Herstellung eines Dienstboten Katasters gemacht worden. Man seie auch in den vereinigten Sectionen vorzüglich aus dem Grunde diesem Antrage beigetreten, weil alles, was zum Vortheile dieser Bücher gesagt werden könne, bereits bei dem Dienstboten Kataster berüksichtiget worden; zulezt seie man jedoch nach vielfältigen Discußionen (welche Herr Referent hier detaillirte) wieder zu Annahme der Dienstboten Bücher gebracht worden, und nach diesen seie nunmehr der Entwurf des Gesezes bearbeitet.

Was die Abschaffung des Dienstboten Mäkler Institutes betreffe, so hätten nach dem Antrage der Polizei Section die Dienstboten Vermiether in Städten, wo eigene Polizei Behörden existirten, geduldet werden sollen, allein die Mehrheit der Stimmen in den vereinigten Sectionen hätte das Institut unnöthig gefunden, habe selbst die Vorschriften in Betreff der Vereidung, Pflichten und Strafen der Vermiether nicht von der Art angesehen, {7v} daß sich erwarten laße, daß für derlei Mäkler-Dienste angesehene und redliche Individuen sich finden würden.

Nach diesen Praemißen glaubten Herr geheimer Rath Graf von Welsperg die wichtigsten Momente der Berathung ausgehoben zu haben, und nun zum Vortrage des Gesezes Entwurfes selbst schreiten zu können.

Der erste Titel § 1 bis 22 inclus. handelt von Eingehung des Dienstvertrages. Gegen den Eingang der Verordnung

wurde nichts eingewendet1874.

Bei dem § 11875 machten Herr geheimer Rath von Krenner die Erinnerung, daß Ihnen die Faßung auffalle, daß Kinder, welche unter väterlicher Gewalt und Minderjährige, welche unter Vormundschaft stünden, ohne Einwilligung ihrer Eltern oder Vormünder sich nicht verdingen dürften, da hier sehr viele Individuen, welche das 21te Jahr noch nicht erreichet, ausgeschloßen würden, sich Brod zu verdienen. Allein – da man dagegen bemerkte, daß gegen ein von den Eltern oder Vormündern ohne Grund gemachtes Verbot die Polizei einschreiten werde, und daß keineswegs befürchtet werden dürfte, was Herr geheimer Rath von Krenner befürchte

so wurde der § 1 bei der Faßung belaßen.

{8r} Im § 21876 wird jedem Individuum, das zum erstenmale sich verdingt zur Pflicht gemacht, das vorgeschriebene Dienstboten Buch zu erholen.

Hiebei bemerkten Herr geheimer Rath von Törring, daß sie zu einer Einrichtung sich nicht verstehen könnten, gegen welche Sie Ihre Meinung bereits umständlich in den Sizungen der vereinigten Sectionen abgegeben, und gegen deren Einführung alle mögliche Gründe erschöpft worden. Dieser Gegenstand, welcher in dem vorliegenden Gesezes Entwurfe vielmal zur Sprache komme, seie von Wichtigkeit, und verdiene eine vorläufige Berathung des versammelten geheimen Rathes.

Herr geheimer Rath Graf von Welsperg bekräftigten, daß in dem vorliegenden Entwurfe allerdings die Einführung der Dienstboten Bücher eine Basis seie, auf welche das Gebäude der Dienstboten Ordnung gebauet, und daß, so wie man diese Bücher wieder verwerfe, wie sie schon ursprünglich verworfen gewesen, der Entwurf einer abermaligen Umarbeitung untergeben werden müße.

Des Herrn Ministers Grafen von Reigersberg Excellenz fanden am zwekmäsigsten, vor allem über die Frage abstimmen zu laßen: Sollen die Dienstboten Bücher angenommen werden? und forderten zu Ablesung der {8v} in den Sections Sizungen deßhalb statt gehabten Discußionen auf, um die dafür und dagegen sprechende Gründe zu vernehmen und so leichter den Gegenstand beurtheilen zu können.

Dieser Aufforderung genügten Herr geheimer Rath Freiherr von Aretin. Sie lasen die betreffende Stellen aus 4 Sizungs Protokollen vor, nach welchen immer der Vorzug der Kataster vor den Büchern erhellte. Erst in der lezten Deliberazion über den Gesezes Entwurf brachten Herr geheimer Rath Graf von Arco durch Vorlage eines Berichtes des General-Kommißariats in Salzburg, woselbst die Vertheilung solcher Bücher schon vor einiger Zeit von den höchsten administrativen Lokal-Behörden geschehen war, und durch die Bemerkung, daß man sonst diese Landes Stelle in die Verlegenheit seze, eine eben erst gegebene polizeiliche Anordnung, von welcher überdieß so viel Gutes gesagt werde, sogleich wieder zurükzunehmen, die Einführung der Bücher wieder zur Sprache. Nachdeme die in den Sections Sizungen anwesend gewesene Herrn geheimen Räthe diese Bemerkung berüksichtiget, und gefunden hätten, daß neben dem Dienstboten Kataster, welcher in den Händen der Polizei {9r} sich befinde, auch wohl noch die erwähnten Bücher in den Händen der Dienstboten bestehen könnten, so hätten Sie sich zu Einführung dieser Bücher in der lezten Sizung verstanden.

Nach Anhörung dieser ausführlichen Darstellung des Gegenstandes verfügten des Herrn Ministers Grafen von Reigersberg Excellenz die Umfrage, und richteten zuerst das Wort an den Herrn Referenten Grafen von Welsperg.

Dieselben bemerkten: Sie hätten in der eben erwähnten lezten Sections Sizung, wo sich alle Stimmen mit der Einführung der Bücher vereiniget, zwar Ihre Meinung auch dahin abgeändert, und zwar um so mehr, als der Kataster noch neben den Dienstboten Büchern erhalten werde, und Sie hätten hiernach den von Ihnen früher nur auf das Dienstboten Kataster basirten Entwurf der Verordnung umgearbeitet. Eine mehrmalige Umarbeitung würde Ihnen zwar schwer fallen. Sie müßten jedoch gestehen, daß Ihre innere Überzeugung gegen den Werth der Dienstboten Bücher spreche, wie Sie solches früher schon umständlich geäußert.

Herr geheimer Rath Graf von Preising erklärten sich aus den {9v} schon in den Sectionen aufgestellten Gründen der gleichen Meinung gegen die Einführung der Dienstboten Bücher. Sie hätten zwar damals als Dirigent in den Sectionen keine Stimme gegeben, würden sie aber ohne Anstand dagegen gegeben haben.

Auch Herr geheimer Rath Graf von Törring waren der Meinung gegen die Dienstboten Bücher, über deren Unwerth Sie schon in den Sections Sizungen sich verbreitet hätten. Sie leisteten entweder zu wenig, wenn man nämlich nur daraus die Dienstzeit entnehmen sollte, und die Zeugniße über Treue, Fleiß p. nicht pflichtmäsig beifügen dürfe, oder sie leisteten im lezten Falle zu viel. Die Zwekmäsigkeit der Dienstboten Kataster seie dagegen schon früher bewährt gefunden worden, wo nämlich ohne Rükhalt die Karakteristik der Dienstboten bei der Polizei Behörde hinterlegt seie, und bei diesen Katastern würden Sie es belaßen.

Herr geheimer Rath Freiherr von Weichs bemerkten dagegen, daß Sie von Ihrer Geschäfts Verwaltung in Regensburg her die Überzeugung hätten, daß die Dienstboten Bücher von Nuzen seien, und ihre allgemeine Einführung neben dem vorgeschlagenen Dienstboten Kataster den {10r} vortheilhaften Einfluß auf die Gesinde-Ordnung bewähren würde. Sie stimmten daher für die Beibehaltung der Dienstboten-Bücher.

Herr geheimer Rath von Zentner giengen in ihrer Abstimmung noch mehr in das Detail. Sie fühlten schon vor allem, so sehr auch die Herstellung einer Dienstboten Ordnung Bedürfniß seie, doch die vielfache Schwierigkeiten, welche sich der Einführung einer allgemeinen Verordnung entgegen sezen.

Bei diesem Anlaß glaubten des Herrn geheimen Staats und Konferenz Ministers Herrn Grafen von Reigersberg Excellenz zum Protokoll erklären zu müßen, daß Sie allerdings bei der ersten Ansicht der heute zur Berathung vorliegenden Verordnung diese Schwierigkeiten gleichfalls gefühlt hätten, und das Resultat ziehen würden, daß es beßer seie, gar keine allgemeine Dienstboten Ordnung zu erlaßen, da im Ganzen genommen doch immer nur Wiederholungen der schon bestehenden Vorschriften in den Haupt-Grundsäzen vorkommen müßten, und sich nicht alles allenthalben anwenden laßen werde, daß es daher beßer sein dürfte, die von der Lokalität so sehr abhängige Verfügungen in diesem Gegenstande auch den Lokal-Polizei Behörden zu überlaßen.

{10v} Herr geheimer Rath von Zentner fuhren in ihrer Abstimmung fort. Was die Dienstboten-Bücher betreffe, so seien die vereinigte Sectionen allerdings im Anfange gegen ihre Einführung gewesen; erst als aus den Akten hervorgegangen, daß sie unlängst hie und da eingeführt worden seien, habe man geglaubt, zu Erhaltung des Ansehens der betreffenden Kreis-Stellen sie nicht sogleich wieder abschaffen zu müßen. Dieses seie der vorzüglichste Grund gewesen, welche Sie zur Annahme der Dienstboten Bücher bewogen. Wenn auch gegen dieselbe spreche, daß das Zeugniß, welches in solchen Bücheln gegeben werden solle, entweder bestimmt gegen den Dienstboten, also zu seiner immerwährenden Schande oder Schaden gegeben werde, oder anderer Seits, daß der Dienstherr das Zeugniß, wenn solches zur Schande des Dienstboten ausfallen würde, umgehen müße, und folglich das Büchlein mangelhaft und zweklos seie, so diene daßelbe doch, wie schon Herr geheimer Rath von Feuerbach in den Sections Sizungen bemerkt, dazu, daß man die Dienstes Zeit und das Ausharren eines Individuums in dem gewählten Dienste daraus entnehmen könne. Sie fänden allerdings das Umgehen eines nachtheiligen Zeugnißes {11r} nothwendig, allein, wenn in dem Büchlein einmal die Rubriken der Treue, Sittlichkeit, Geschiklichkeit und des Fleißes leer da stünden, so müße bei jedem der Gedanke kommen, daß sie nicht zum Vortheile des Dienstboten hätten ausgefüllt werden können. Die Büchlein würden also in diesem Falle ganz unbedenklich angenommen werden können, wenn man das oben angeführte Detail-Zeugniß beseitige.

Herr geheimer Rath von Zentner nahmen nun das Formular dieser Büchlein zur Hand. Die erste Rubrik, Jahr, Monat und Tag des Diensteintrittes, die zweite: Name des Dienstherrn, die dritte: Eigenschaften des Dienstes, die vierte: Jahr, Monat und Tag des Austrittes könnten nach ihrer Meinung stehen bleiben. Die fünfte, wo das oben bemerkte detaillirte Zeugniß aufgeführt ist, könnte dahin abgeändert werden: „Zeugniß über Betragen“, die 6te Rubrik: ob der Dienstbote an abgeschaften Feiertagen gearbeitet habe, könnte ganz weggestrichen, die siebente endlich, Empfang des Miethgeldes betreffend, könnte als zum eigentlichen Dienst Kontrakt gehörig belaßen werden.

{11v} Herr geheimer Rath Graf von Tassis erklärten sich aus dem Grunde der Unzulänglichkeit, der Unvollständigkeit gegen die Einführung der Dienstboten Bücher.

Herr geheimer Rath von Krenner äußerten, Sie könnten sich zwar die Einführung derselben neben den in den Händen der Polizei befindlichen Katastern gefallen laßen, jedoch verstünden sie sich zu den vom Herrn geheimen Rathe von Zentner vorgeschlagenen Modifikazionen, glaubten aber dabei, daß wenn der Dienstbote die Einschreibung eines Zeugnißes verlange, der Dienstherr dieses nicht verweigern dürfe, solches hingegen nicht beisezen dürfe, wenn nicht ausdrüklich darauf bestanden werde.

Herr geheimer Rath Freiherr von Aretin äußerten sich in eben diesem Sinne, nur fanden Sie die vom Herrn geheimen Rathe von Zentner vorgeschlagene Abänderung der 5 Rubriken in Betreff des Zeugnißes nicht nothwendig. Ein Hauptgrund deßelben seie gewesen, daß wenn die Rubriken der Treue, Geschiklichkeit, des Fleißes nicht von dem Dienstherrn ausgefüllt würden, schon dieser Mangel einen nachtheiligen Verdacht gegen den Dienstboten erweken müße, allein Sie {12r} glaubten, daß dieses so müße angesehen werden, als ob der Dienstherr ein Zeugniß über diese Eigenschaften nicht verbürgen könne, und deßwegen umgehe. Was von demselben hineingeschrieben werde, müße wahr sein, er müße es im strengen Sinne verbürgen, denn der nachfolgende Dienstherr habe sich auf das gegebene Zeugniß zu verlaßen. Wenn also die erwähnten Rubriken leer blieben, so würde unter dieser Ansicht kein Makel auf den Dienstboten fallen.

Größer als die Vortheile der Dienstboten Bücher fanden Herr geheimer Rath von Schenk die Mißbräuche derselben, das Unzuverläßige und das Zwekwidrige, und Sie stimmten gegen ihre Einführung.

Herr geheimer Rath Freiherr von Asbek glaubten, wenn die Dienstboten Bücher eingeführt werden sollten, so seien die Modifikazionen unerläßlich nothwendig, welche Herr geheimer Rath von Zentner in Antrag gebracht. Sie könnten aber aus den schon mehrmal angeführten Gründen ihrer Einführung nicht beistimmen.

Des Herrn geheimen Staats und Konferenz Ministers Grafen von Reigersberg Excellenz sprachen nun das Conclusum {12v} der Mehrheit von 6 Stimmen gegen 4 aus

daß die Dienstboten Bücher nicht eingeführt werden sollen.

Nach diesem Beschluß wurde von dem Herrn Referenten bemerkt, daß nunmehr der ganze Gesezes Entwurf einer völligen Umarbeitung bedürfe. Bei jedem einzelnen § werde man auf die nunmehr verworfene Bücher stoßen, und man komme jezt größten Theils wieder zu dem ersten Entwurfe zurük. Die ganze Basis der Dienstboten-Ordnung habe sich jezt wieder geändert. Sie sähen vor, daß sich noch viele Schwierigkeiten erheben würden.

Man war bei diesen Ansichten schon auf dem Punkte, vor allem in Berathung zu ziehen, ob wohl Seiner Majestät dem Könige anzurathen seie, eine allgemeine Dienstboten-Ordnung zu erlaßen, und darüber abstimmen zu laßen, kam jedoch endlich darin überein, daß der Gesezes Entwurf kursorisch durchgelesen, das was auf die Dienstboten Bücher Bezug habe, zur Abänderung blos vorgemerkt und jene Punkte besonders ausgehoben werden, welche entweder unter die Schwierigkeiten der Einführung einer allgemeinen Dienstboten Ordnung gehören {13r} oder seiner Zeit, als Reglements, der schon bestehenden Dienstboten Ordnung nachgetragen werden können.

Hierauf wurde der § 2 nochmals abgelesen, und dabei erinnert

daß dieser § 2 nach dem eben genommenen Beschluße hinsichtlich der Dienstboten Bücher abgeändert werden müße.

Der § 31877 (in Betreff des Zulaufs der Dienstboten in die Städte) wurde sogleich unter die Punkte gezält, welche die Schwierigkeit einer allgemeinen Dienstboten Ordnung darthun.

Herr geheimer Rath Freiherr von Asbek erinnerten bei der Ablesung, daß Sie diesen § weglaßen würden, es laße sich deßhalb keine allgemeine Vorschrift geben; wenn man auch sage, es seie ein Streben nach den Städten, so glaubten Sie doch das Bedürfniß einer jeden Stadt müße vorher bekannt sein.

Es wurde ferner bemerkt, dieser angegebene Drang seie meistens nur von einem Orte zu einem bestimmten Orte. Allerdings seie die Klage allgemein geführt worden, daß das Streben nach den Städten gerichtet seie, und daß das Bedürfniß gefühlt worden, die Polizei Behörden auf die Beschränkung deßelben aufmerksam zu machen, wofür nebstbei {13v} noch staatswirthschaftliche Gründe sprächen.

Nach der Stimmenmehrheit

solle dieser § unter die schwierigen Punkte gezält werden, und gehöre nicht in die allgemeine Verordnung.

Bei dem § 4 und 5

tritt die Abänderung wegen des nicht genehmigten Dienstboten Buches ein1878.

Bei dem § 61879 wurde bemerkt: daß abermal hier jenes abgeändert werden müße, was das Dienstboten Buch betreffe. Herr geheimer Rath Graf von Welsperg äußerten jedoch, daß Sie nicht hofften, daß die im gegenwärtigen § gegebene Vorschriften wegen des Dienstzeugnißes hinwegfallen würden, indeme sonst das ganze Gebäude der Dienstboten Ordnung zusammen stürzen müßte.

Außer diesem wurde hinsichtlich der §§ 6 und 71880 nichts weiteres erinnert.

Eben so wurde bei Ablesung der §§ 8, 9, 10, 11, 12, 13 in Bezug auf die Pflichten des Dienstherrn und Dienstboten und in specie des Miethgeldes

keine wesentliche Bemerkung gemacht1881.

§ 141882 und 151883 wegen den Mietzieler äußerten Herr geheimer Rath Graf von Welsperg, daß dieselben für alle Kreise des Königreichs gleichförmig bestimmt worden seien, und zwar auf {14r} vier Viertel Jahre vom 1ten Februar an. Bei den landwirthschaftlichen Dienstboten wäre die Miethzeit auf 1 Jahr bestimmt.

Herr geheimer Rath Freiherr von Weichs erinnerten, daß sie lieber die Mietzeit vom 1ten April, 1ten Mai an rechnen würden. Dieses Ziel seie vorzüglich wegen den männlichen Dienstboten wünschenswerth, indeme im Monate Merz die Konskripzions Zeit fixiret seie, und also sehr leicht der Fall eintreten könnte, daß durch dieselbe der Besizer einen und zwei Knechte verliere, und also außer Stand gesezt werde, einen Ersaz dafür zu erhalten, und auf diese Art seine Wirthschaft zu bestellen und zu besorgen.

Des Herrn geheimen Staats und Konferenz Ministers Grafen von Reigersberg Excellenz fanden diese Erinnerung wichtig genug, um die Ansichten der übrigen Herrn geheimen Räthe darüber zu vernehmen.

Herr geheimer Rath Graf von Welsperg entwikelten die Gründe, warum man die Termine vom 1 Februar, 1en Mai, 1en August und 1ten November, dann für das Land die Mietzeit von 1 Jahr vom 1ten Februar an gewählet habe. Der Einwurf des Herrn geheimen Rath Freiherrn von Weichs seie {14v} damals schon berüksichtiget worden. Die General Kommißariate in ihren Berichten und das Ministerium des Innern seien von der Zwekmäsigkeit dieser Einrichtung unter allen möglichen Umständen überzeugt gewesen, und sonach hätten die vereinigte Sectionen keinen Anstand genommen, die vorgeschlagene Termine gut zu heißen.

Herr geheimer Rath Graf von Preising stimmten für die Faßung der §§ 14, 15. Herr geheimer Rath Graf von Törring würden jedoch statt 1 Termin für das Land lieber deren zwei annehmen. Herr geheimer Rath Freiherr von Weichs fanden aus den früher bemerkten Gründen den 1ten Mai am zwekmäsigsten. Alle übrige anwesende Herrn geheimen Räthe stimmten für die Faßung.

Nach der Stimmenmehrheit

wurde die Faßung der §§ 14 und 15 genehm gehalten.

Gegen die §§ 16, 17, 18, 19, 20 und 21

fand keine Erinnerung statt1884.

Über den § 221885 in Betreff der Dienstboten Vermiether entstand die Frage: Solle, wie hier angetragen, das bisher bestandene Dienstboten Vermiether Institut aufhören? Das Surrogat derselben glaubte {15r} der versammelte geheime Rath in der Errichtung von Auftrags Bureaux bei den Polizei Behörden in größeren Städten, woselbst alle Aufnahmen und Aenderungen der Dienstboten vorgemerkt würden, und den Dienstboten Katastern zu finden. Über die Mißbräuche der bisherigen Dienstvermiether walte nicht der geringste Zweifel ob, und die Abschaffung wurde zwekmäsig erachtet

wornach der § 22 seiner Faßung angenommen werden solle.

In dem zweiten Titel des vorliegenden Gesezes-Entwurfes bemerkten Herr geheimer Rath Graf von Welsperg, handle es sich § 23 bis 47 inclus. von den Verhältnißen der Dienerschaft und der Dienstes Herrschaft während der Dienstzeit 1886. Schon bei dem § 231887 wegen Bestimmung des Lohnes fand man wiederholt die Bestätigung, und zwar diesen § als einen hauptsächlichen Beweis, daß die Einführung einer allgemeinen Dienstboten-Ordnung unmöglich seie. Eben so bei dem § 271888, welcher die Vorschriften wegen der den Dienstboten zu verreichenden Kost enthält, und die Beschränkung beifügt, daß den Dienstboten untersagt seie, die übrig bleibende Kost für sich zu behalten.

Man erinnerte, daß sich dieses in der Praxis nicht werde ausführen laßen, da den Dienstboten auf dem Lande meistens eine gewiße Anzal Speise, z. B. Schmalznudeln {15v} als ein Theil des Lohnes ausgesprochen seie, und daß sie diese ohne weiters verlangen würden.

Außer diesen gehörigen Ortes erhobenen Bedenken wurde bei Durchlesung des ganzen Titels

keine Bemerkung gemacht.

Hiemit endigte sich die heutige Sizung.

Anmerkungen

1870

Vgl. Protokoll Nr. 49 (Geheimer Rat vom 19. Dezember 1811), TOP 2.

1871

Das Jahr der Anstellung beim Obersten Hofpostamt – 1798 – ist auch im Salzburgischen Hof- und Staatsschematismus vermerkt; KSHSt 1805, S. 45.

1872

Welsberg, „Vortrag in dem königlichen geheimen Rath. Den Entwurf einer Dienstboten-Ordnung für das Königreich betreffend“, lithographierter Text, 21 S., BayHStA Staatsrat 280.

1873

„Allerhöchste Verordnung, die Einführung einer allgemeinen Dienstboten Ordnung betreffend“ [Entwurf], lithographierter Text, 23 S., BayHStA Staatsrat 280 (fortan zit. als: Entwurf DienstbotenO).

1874

Der König teilt in der Präambel (Entwurf DienstbotenO, S. 1) mit, er habe sich „in Erwägung der mehrfälligen Klagen über das Dienstboten Wesen und um in Unserm Königreiche auch darin eine Gleichförmigkeit einzuführen“ […] bewogen gefunden, eine allgemeine Dienstboten-Ordnung für das ganze Königreich zu erlassen“. Nach Vernehmung des Geheimen Rates habe er die folgende Verordnung erlassen.

1875

Ebd.: „Bedingungen des Dienstantritts. § 1. Jeder, der über seine Person frei zu disponiren berechtiget ist, kann sich als Dienstbote vermiethen. Kinder, welche unter väterlicher Gewalt, und Minderjährige, welche unter Vormundschaft stehen, dürfen ohne Einwilligung ihrer Eltern oder Vormünder, verheurathete Frauen ohne Einwilligung ihrer Ehemänner sich nicht als Dienstboten verdingen.“

1876

Ebd., S. 1f.: Weitere Erfordernisse. § 2. Jedes Individuum, welches sich zum erstenmal verdingt, hat bei der Polizei-Behörde, in deren Bezirk dasselbe zum erstenmal in Dienste trit, das unter § 67 vorgeschriebene Dienstboten-Buch abzulangen. Stehe dieses Individuum auch vermöge seines Wohnortes unter der nemlichen Polizei Behörde, wo es in Dienste treten will, so hat die Polizei Behörde gleich im Anfange in dem Dienstboten Buch zu bezeugen, daß seiner Verdingung kein Hinderniß im Wege stehet. Hat aber dieses Individuum seinen Wohnsiz anderorts, so muß daßelbe von der Polizei Behörde seines Wohnortes vorhero das schriftliche Zeugniß erholen, daß seiner Verdingung kein Hinderniß im Wege stehe, wornach also erst die Vormerkung hievon im Dienstboten-Buch, und sonach die Verdingung geschehen kann. Dieses Zeugniß ist jedoch unentgeldlich zu ertheilen.“

1877

Entwurf DienstbotenO, S. 2: „Zulauf der Dienenden in die Städte. § 3. Wenn die Polizei-Behörden und Orts-Obrigkeiten auf dem Lande einen gröseren Drang nach den Städten in einzelnen Gegenden, oder einen besondern Mangel an Dienstboten wahrnehmen, so sind dieselben befugt, die Bedingungen zum Dienen in den Städten zu erschweren, und sie haben von dergleichen Bemerkungen an ihre administrative Oberbehörde berichtliche Anzeige zu machen. Diese Erlaubniß dürfen daher die Ortsobrigkeiten auf dem Lande nicht ertheilen, wenn das Individuum sich nicht durch giltige Zeugnisse ausweisen kann, in einen anständigen Dienst in der Stadt sich verdingen zu können, und die Obrigkeit sich nicht vorläufig mit dem Dienstherrn benommen hat. Dieselben Landespolizei-Obrigkeiten haben solchen Individuen ohne Beistimmung der Eltern oder Vormünder, oder wenn eine unrühmliche Veranlaßung dabei zum Grunde läge, oder wenn solche Individuen wegen unordentlicher Aufführung bereits bekannt wären, die Erlaubniß ganz zu verweigern, und die Polizei-Behörden der Stadt, wohin ein solches Individuum ziehen wollte, hievon in Kenntniß zu sezen.“

1878

Ebd., S. 2f.: Dienstherrn sind verpflichtet, Dienstboten erst nach Vorlage des Dienstbuches und des Dienstzeugnisses einzustellen. Der Diensteintritt einer unbekannten Person ist bei der Polizeibehörde unter Vorlage des Dienstbuches anzuzeigen (§ 4). Die Eingehung eines Dienstverhältnisses ist erst nach erfolgter, in das Dienstbuch eingetragener Entlassung zulässig. Beim Wechsel vom Land in die Stadt muß die Polizeibehörde der Stadt das Dienstbuch beglaubigen (§ 5).

1879

Ebd., S. 3: „Von den Dienstzeugnissen. § 6. Nebst der obigen [§ 5] Anzeige der Entlassung ist die Herrschaft verbunden, dem austrettenden Dienstboten in das Dienstbotenbuch ein Zeugniß a) über deßen Treue, b) Geschiklichkeit, c) Fleiß, d) sittliches Betragen wahr und gewissenhaft einzuschreiben. Diejenige dieser Eigenschaften, welche der Dienstherr dem Dienstboten pflichtmäsig nicht zu bezeugen vermag, hat derselbe in dem Dienstboten-Buche mit Stillschweigen zu umgehen, dafür aber sich die genaue Befolgung des § unter No 67 gegenwärtig zu halten.“

1880

Ebd., S. 3f.: „Von Aufbewahrung der Dienstboten Bücher. § 7. Das Dienstboten Buch bleibt während der Dienstzeit in der Verwahrung der Dienstherrschaft. Bei erfolgter ordentlicher Aufkündung aber des ein oder andern Theils, und nach vorgemerkter Entlassung in dasselbe kann solches dem Dienstboten auf einige [sc. Zeit] oder auch ganz bis zum Austritt verabfolgt werden, damit sich der Dienstbote noch vorhero bei seiner künftigen Dienstherrschaft legitimiren könne.“

1881

Ebd., S. 4f.: Eintritt und Austritt aus dem Dienst sind unter Vorlage des Dienstbuches bei den Polizeibehörden (oder den Ortsobrigkeiten bzw. Gemeindevorstehern) anzuzeigen (§ 8). Verweigert der Dienstherr die Eintragungen (Entlassung, Zeugnis) in das Dienstbuch, ist er von der Polizeibehörde zur vorschriftsmäßigen Dokumentation anzuhalten (§ 9). Das „Miethgeld“ ist nicht wesentlich erforderlich, jedoch ist dessen Gabe und Annahme „als Zeichen des vollkommen abgeschlossenen [Dienst-]Vertrages“ anzusehen (§ 10). Im Weigerungsfall kann ein „ein rechtlich gedungener Dienstbote“ gezwungen werden, den Dienst anzutreten (§ 11). Dem entspricht das Verbot für den Dienstherrn, nach Annahme des „Miethgeldes“ vom Vertrag zurückzutreten (§ 12). Um zu vermeiden, daß Dienstboten gleichzeitig von mehreren Dienstherren „Miethgelder“ annehmen, ist es dem Dienstherrn erlaubt, die entsprechende Zahlung im Dienstbuch zu vermerken (§ 13).

1882

Ebd., S. 5, § 14: Als „Miethzieler“, d.h. Terminstag für Ende bzw. Anfang des Dienstverhältnisses, werden festgesetzt: 1. Februar, 1. Mai, 1. August, 1. November.

1883

Ebd.: „Miethzeit. § 15. Auf dem Lande, und für alle Dienstboten welche zur landwirthschaftlichen Arbeit bestimmt sind, ist die gewöhnliche Miethzeit auf ein Jahr, nemlich vom 1en Februar bis wieder auf diese Zeit; bei solchen Dienstboten, welche auf dem Lande, aber nicht zur landwirthschaftlichen Arbeit dienen, richtet sich der Termin nach der für die Städte festgesezten Ordnung. Wenn zwischen den Kontrahenten nichts ausdrückliches über die Dauer der Miethzeit bestimmt ist, so wird in den Städten die Verdingung der Dienstboten auf die gewöhnliche vierteljährige, bei Livrée Bedienten aber auf eine einmonatliche Miethzeit verstanden.“

1884

Entwurf DienstbotenO, S. 6f.: Dienstboten sind verpflichtet, „noch am Tage ihres Austritts [aus dem alten Arbeitsverhältnis] bei der neuen Dienstherrschaft einzutreten“, sofern die räumliche Entfernung es erlaubt (§ 16). Ein Dienstbote, der nach Diensteintritt „ausser seinem Dienste betreten wird“, ist von der Obrigkeit unverzüglich an seinen Arbeitsplatz zu bringen (§ 17). Wenn ein Dienstbote vorzeitig aus dem Dienst ausscheidet, ohne in eine neue Stellung zu kommen, ist er verpflichtet, bei der Polizeibehörde Angaben hinsichtlich seines Aufenthaltsortes und seiner Unterhaltsmittel zu machen, um eine Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten (§ 18). Wer „dienstloses Gesinde“ beherbergt, das nicht über eine derartige Genehmigung verfügt, wird mit einer Geldstrafe belegt (§ 19). Um dem Dienstbotenmangel vorzubeugen, der „vorzüglich dadurch entsteht, daß viele Eltern ihre Kinder lieber dem Müsiggange nachgehen lassen, als solche bei Dienstherrschaften in Dienste [zu] bringen“, werden die Polizeibehörden angewiesen, diejenigen Eltern, die die Arbeitskraft ihrer Kinder nicht selbst nutzen und sie nicht ein Handwerk lernen lassen, „aufzumuntern“, die Kinder „bei rechtschaffenen Dienstherrn in Dienst zu bringen“ (§ 20). Die Polizeibehörden sollen nicht zulassen, daß insbesondere ledige Mägde unter dem Vorwand, ihren Lebensunterhalt durch Näh- und Putzarbeiten verdienen zu können, sich dem Eintritt in ein Dienstverhältnis entziehen. Dies soll nur erlaubt werden, wenn die betreffenden Personen beweisen, daß sie sich „auf eine ganz anständige Art ernähren können, und wenn sie sonst von guten Sitten sind“, außerdem dann, wenn sie darlegen, daß sie unverschuldet, etwa durch Krankheit, zeitweilig nicht dienen, bei nächster Gelegenheit aber in Dienst treten werden (§ 21).

1885

Ebd., S. 7f.: „Von Dienstboten-Vermieter. § 22. Da alle Aufnahmen und Änderungen der Dienstboten, wie auch alle Dienst- und Dienstboten Gesuche, bei der Polizei-Behörde gemeldet und vorgemerket werden, mithin daselbst von den Dienstherrschaften sowohl, als Dienstboten immer die nöthige Auskunft erhalten werden kann, und hiezu in den gröseren Städten von den Polizei Behörden besondere Einrichtungen getroffen werden sollen, so werden künftig alle sogenannte Dienstboten Vermiether männlichen und weiblichen Geschlechts nicht mehr geduldet. Die Polizei Behörden haben deren Ausfindigmachung sich angelegen sein zu laßen, und gegen solche Individuen nach Verschiedenheit der Umstände mit Geld und Arrest-Strafen unnachsichtlich zu verfahren. Es verstehet sich jedoch, daß einzelne Empfehlungen von Privatleuten darunter nicht begriffen sind.“

1886

Ebd., S. 8-15. Die Paragraphen behandeln Festsetzung, Zahlungstermin und Art des Lohns (§§ 23-25), die Beilegung von Streitigkeiten (§ 26), die Kost (§ 27), die Livrée (§§ 28-29), Pflichten der Dienstboten gegenüber der Herrschaft im allgemeinen (§ 30) und im speziellen (§§ 31-42). Dazu gehören u.a. Schadensersatzpflichten (§ 32), das Verbot der Abwesenheit vom Haus und das Verbot des Aufenthalts in Wirtshäusern (§ 33), Verhaltens- und Mäßigungsgebote (§§ 36, 37), Arbeitsdisziplin insbesondere zur Erntezeit (§ 38). Die Pflichten der Herrschaft gegenüber den Dienstboten, u.a. hinsichtlich der „Sittlichkeit“, „ehrbaren Wandel[s]“ und der Schwere des Dienstes, waren ebenfalls Gegenstand gesetzlicher Regulierungen (§§ 43-47).

1887

Ebd., S. 8: „Bestimmung des Lohns. § 23. Die Bestimmung des Lohns, Dienstlohns, Biedlohns, oder jener Belohnung in Geld oder Naturalien, welche die Dienstboten für ihre Dienstleistung von der Herrschaft erhalten wird, da die Preise der Lebensmittel wandelbar, und die Arten der Dienstleistungen selbst verschieden sind, zunächst der Übereinkunft beider Theile überlaßen. Die Polizei Obrigkeiten sollen aber sorgfältig darauf achten, daß den übermäsigen, und unbilligen Anforderungen der Dienstboten Schranken gesezt werden.“

1888

Ebd., S. 9: „Von der Kost. § 27. Die Kost ist den Dienstboten nach dem Versprechen bei der Annahme, und wie es die Umstände der Dienstherrschaft mit sich bringen, abzureichen, sie muß zureichend, gut bereitet, und gesund sein; hiemit haben die Dienstboten sich zu begnügen, und weder auf dem Lande noch in den Städten seltenere Speisen oder Getränke zu verlangen. Diejenige Kost, welche nach der Nahrung der Herrschaft, oder der Dienstboten übrig bleibt, dürfen diese weder für sich behalten, noch verschenken, oder verkaufen. Dergleichen Handlungen werden als wirkliche Veruntreuungen oder Diebstähle bestraft.“